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Porträt über Angel Di María
Der De-luxe-Lückenbüsser

Auch gute Fussballer haben einen schwächeren Fuss, fast alle. Man sagt auch falscher Fuss, was vielleicht mal eine semantische Gesamtbetrachtung verdienen würde. Bei Angel Di María, 32 Jahre alt, aus dem argentinischen Rosario, ist der rechte der falsche. Er ist ihm, ausser fürs schnelle Laufen natürlich, so unnütz, dass er mit ihm fast nie den Ball berührt. Er lässt ihn das Leder höchstens mal antippen, zurechtschieben – er ignoriert ihn.

Alles macht Di María mit links, immer, dafür dreht er sich auch schon mal mitten in der allgemeinen Konfusion einer Offensivaktion ganz um die eigene Achse, damit der Ball wieder auf dem richtigen Fuss liegt. Und weil er schnell ist, sieht es wie eine Finte aus.

Manchmal aber, wenn Raum und Zeit dafür fehlen, greift er fürs Passen, Flanken oder gar fürs Schiessen mit dem linken Fuss zum Kunsttrick, der «Rabona»: Das starke Schussbein kreuzt dabei das schwächere Standbein, hintenrum, zum momentanen Beinknäuel. Der Ball entwindet sich daraus wie gelöffelt, serviert mit List. Gelingt die schwierige Nummer, ist das Publikum hell entzückt, sieht ja auch toll aus. Dabei kaschiert die «Rabona» bei Leuten mit sehr ungleich guten Füssen nur eine erstaunliche Schwäche, zumal für Herrschaften dieser Könnenskategorie.

Di María kostete einst 26 Bälle

Di María, neben Neymar Júnior und Kylian Mbappé der dritte Mann im prominenten und teuer zusammengekauften Sturmtrio von Paris Saint-Germain im Final der Champions League, ist mit rechts wahrscheinlich ungefähr dritte Liga, mit links aber ist er Weltklasse. Daheim nennen sie ihn «El zurdo», den Linksfuss, als hätte er nur den. Vor allem aber rufen sie ihn «El fideo», Fadennudel, weil er so hager ist. «Der Linksfuss ist so dünn, dass man denken könnte, er kehre gerade von einem langen Krieg zurück», schrieb die spanische Zeitung «El País» vor Jahren. Und mager ist er geblieben.

Seine Karriere wäre daran beinahe gescheitert, nicht am schwächeren Fuss. Di María wuchs im Arbeiterviertel La Cerámica von Rosario auf, einfachste Verhältnisse, ein paar Strassen nur entfernt von Leo Messi, der ein Jahr älter ist als er. Der Vater verkaufte Kohle. Der hyperaktive Angel spielte im Verein des Barrio, bei El Torito, als ihn Rosario Central entdeckte und gegen eine Transfergebühr von 26 Bällen zu sich holte, er war damals 7. Bei Central machten sie sich Sorgen, es könnte ihm die Masse fehlen, um zu bestehen. Dieser linke Fuss aber verzauberte alle.

2007 wechselte er nach Europa. Offerten gab es mehrere, doch die Familie entschied sich für Benfica Lissabon, weil sie da als Ganzes willkommen war. Drei Jahre Estádio da Luz, es sollte das Stadion seiner Anfänge und das Stadion seines bisher grössten Erfolgs werden, ein Lieblingsort also – oder, wie Esoteriker sagen würden: ein Kraftort. Dort gewann Di María 2014 mit Real Madrid, seinem zweiten europäischen Club, die «Décima», den langersehnten zehnten Henkelpokal der Vereinsgeschichte. Daran erinnert er nun gern in jedem Interview, als wäre die Anekdote ein Omen. «Hier in Lissabon habe ich schon mal mit Real gewonnen, ich habe die guten Schwingungen von damals noch in mir drinnen.» Im Halbfinal gegen RB Leipzig war er da der überragende Mann: ein Treffer, zwei Torvorlagen, 3:0. Diese Schwingungen!

Darf Di Maria am Sonntag wieder jubeln?

«Ich spiele immer so, als wäre ich noch daheim im Barrio»

Bei Real lernte Di María aber auch, dass er zwar ein hoch bezahlter Profi geworden war, aber doch meistens nur die zweite Geige spielen durfte, den De-luxe-Lückenbüsser. Auf den Flügeln stürmten Cristiano Ronaldo und bald auch Gareth Bale. Man kann Di María auf beiden Aussenbahnen einsetzen. Die linke wäre sein natürliches Habitat, da liegt der Ball meist richtig. Rechts geht aber auch ganz gut, mit Wechselfuss halt, mit «Rabonas», mit Aussenristschlenzern und Korrekturschritten.

Carlo Ancelotti erfand für Di María, den grossen Vorlagenlieferanten, den Chefassistenten der Supersuperstars, eine Rolle im Mittelfeld hinter den Spitzen – mit viel Rückraum. Der «Fideo» ist eben auch dafür bekannt, dass er wahnsinnig viel läuft, bis zur Erschöpfung. «Ich spiele immer so, als wäre ich noch daheim im Barrio, das ist mein Traum», sagt er bei jeder Gelegenheit. Doch in Argentinien bleibt Di Marías liebliche Nostalgie unerwidert. Er wird ständig kritisiert, weil er im Nationalteam nie die Leistungen bot, die ihm in den Vereinen gelangen, weil er Messi mit aller Kreativlast alleinliess.

«Es war ein Horror.»

Jorgelina Cardoso, Jugendliebe von Di María

Nach dem Gewinn der «Décima» forderte Di María mehr Lohn, etwa 11 Millionen Franken sollten es schon sein, das kam bei Real aber nicht gut an. Er wechselte für 81 Millionen Franken zu Manchester United, das war damals sehr viel Geld. Sein Agent in Europa, der Portugiese Jorge Mendes, verdiente kräftig mit. Man nahm «Angelito» nun plötzlich anders wahr, weniger engelhaft, ihm fehlte der Schutz der ganz grossen Namen. Auch sportlich lief es nicht gut, die britische Presse war gnadenlos, nach einem Jahr war es schon vorbei.

Di Marías Frau Jorgelina, seine Jugendliebe aus Rosario, sollte sich später sehr despektierlich über Manchester äussern. «Es war ein Horror», sagte sie, das ständige Grau im Norden Englands, der Regen, diese «bleichen Leute, denen du in den Strassen begegnest und nicht weisst, ob sie dich gleich umbringen möchten». Das Interview schlug hohe Wellen, das ist sonst nicht die Art der Di Marías. Vielleicht lag der Zorn auch daran, dass die junge Familie mit den zwei Mädchen einmal in ihrer Wohnung in Manchester überfallen wurde, als sie gerade am Esstisch sass.

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PSG zweifelte an Di Marìa

Für 68 Millionen Franken ging es nach Paris, Mendes’ Handgeld betrug wieder einige Millionen. Di Marìa, die zweite Geige, wurde damals zwischenzeitlich zum Rekordmann der Transfersummen: Rechnet man die 33 Millionen dazu, die Real einst an Benfica überwies, und die 8 Millionen, die die Portugiesen nach Rosario entrichtet hatten, war man bei 179 Millionen angelangt.

In Paris aber waren sie skeptisch. «Libération» schrieb: «Ist er etwa Faktor X, der PSG mit der Champions League bescheren wird?» Es schwang mit: wohl kaum. Man verdächtigte Di María, er sei nur wegen des katarischen Geldes da, Frühpensionär mit 27. Und wieder passierte, was bisher immer passierte in seiner Karriere: Er stand meistens nur dann im Kegel der Scheinwerfer, wenn sich andere verletzten und er in einer seiner Paraderollen spielen durfte. Aber dann war er da, verlässlich, ohne Groll.

Di María ist beliebt im Team, ein Dauerlächler. Er soll dafür gesorgt haben, dass sich Spanisch als Lingua franca in der internationalen Umkleide durchgesetzt hat. Und dass man da Mate trinkt, das bittere Warmgetränk aus der Heimat, die Heimwehnote aller Argentinier.

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