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Nick Kyrgios in Wimbledon
Der Bad Boy wittert seine Chance

Nick Kyrgios wittert seinen Chance auf einen Grand-Slam-Titel. 
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Weisse Kleider, perfekt manikürter Rasen, fast 150 Jahre Geschichte –  Wimbledon steht für Tradition und Klasse. Doch was Nick Kyrgios und Stefanos Tsitsipas in ihrem lange erwarteten Duell aufführten, hatte mehr den Charakter eines Wrestling-Kampfs als eines Tennisspiels. Mehrere Verwarnungen, Trash Talk und sonstige Provokationen, Versuche, den Gegner mit dem Ball abzuschiessen – es war ein erbitterter Fight, der alles bot, wofür Wimbledon nicht stehen möchte. Die Zuschauer liebten es.

Am Ende kochte Court 1, der mit nun geschlossenem Dach noch viel lauter war. Kyrgios setzte sich im Tiebreak des vierten Satzes durch, nachdem er einen Satzball mit einem Halbvolley-Stopp abgewehrt hatte. Tsitsipas packte seine Sachen und verschwand schnurstraks, Kyrgios liess sich feiern und gab sich im Siegestaumel milde: «Ich habe den grössten Respekt vor ihm», sagte er über den Griechen. «Was auch immer auf dem Court passiert, bleibt auf dem Court. Ich liebe ihn. Ich stehe seinem Bruder sehr nahe.»

Man kann sagen, dass durchaus einiges geschah. Mittendrin war zeitweise auch ein Schweizer: Supervisor Andreas Egli. Der wurde aufs Feld gerufen, nachdem Tsitsipas nach dem verlorenen zweiten Satz einen Ball ins Publikum gedroschen hatte. Wir erinnern uns: Novak Djokovic war am US Open 2020 disqualifiziert worden, weil er im Achtelfinal eine Linienrichterin mit einem Ball an der Kehle getroffen hatte.

Nick Kyrgios verlangt von Supervisor Andreas Egli die Disqualifikation von Stefanos Tsitsipas.
Der Grieche darf weiterspielen, wird später aber nochmals verwarnt. Was für ein Spiel!

Tsitsipas hatte Glück, sein Ball knallte zwischen den Köpfen eines Rentnerpärchens an die Wand. Ein paar Zentimeter mehr links oder rechts, und er hätte die Frau oder den Mann getroffen. Kyrgios verlangte von Egli die Disqualifikation von Tsitsipas, der Supervisor sprach nur eine Verwarnung aus.

Das Spiel ging also weiter, und Kyrgios spürte, dass er seinen Gegner mit Provokationen zu weiteren unbedachten Reaktionen reizen konnte. Als er bei 3:1 und 40:0 im dritten Satz einen Aufschlag von unten machte, donnert Tsitsipas den Ball unkontrolliert an die Anzeigetafel auf der anderen Seite. Auch diesmal hatte er Glück, traf er niemanden.

Kyrgios stichelte weiter, rief Tsitsipas «good shot» oder «good return» zu bei Fehlschlägen. Doch der Grieche liess sich nun nicht mehr provozieren, sich wohl auch bewusst, dass er nahe an einer Disqualifikation vorbeigeschrammt war. Zu Beginn des vierten Satzes wirkte Kyrgios nach einem Sturz angeschlagen, er hielt sich die rechte Hüfte. Doch dann spielte er plötzlich wieder gross auf.

«Die Medien lieben es zu schreiben, dass ich schlecht sei für den Sport. Aber offensichtlich ist das nicht der Fall.»

Nick Kyrgios

Das Ganze kulminierte im Tiebreak, in dem beide Champagner-Tennis zeigten. «Es war ein grossartiges Spiel», sagte Kyrgios, als es vorbei war. «Er war manchmal frustriert, aber Tennis ist ein frustrierender Sport. Ich weiss das nur zu gut.» Später fügte er schelmisch lächelnd an: «Es ist unglaublich, wo ich auch bin, spiele ich in vollen Stadien. Die Medien lieben es zu schreiben, dass ich schlecht sei für den Sport. Aber offensichtlich ist das nicht der Fall.»

Dass Kyrgios einer der unterhaltsamsten Spieler ist, bestreitet wohl niemand. Das Problem ist, dass er die Grenze des guten Geschmacks immer wieder übertritt. In diesem Duell war es Tsitsipas, der sich die gröberen Ausfälligkeiten leistete. Aber auch Kyrgios wurde schon früh verwarnt, weil er einen Linienrichter beleidigte.

Wer sah, wie ausgelassen er seinen Sieg feierte, dem wurde klar, wie viel er ihm bedeutet. Kyrgios wittert die Chance, doch noch einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Und das Tableau präsentiert sich für ihn nun ziemlich offen, mit Brandon Nakashima (ATP 56) als nächstem Gegner und seinem Landsmann Alex De Minaur (27) oder Cristian Garin (43) in einem möglichen Viertelfinal.

Im Halbfinal könnte er auf Rafael Nadal treffen, den er hier 2014 in einem epischen Achtelfinal schlug. Damals war er 19, jetzt ist er 27 und würde gerne nochmals die Zeit zurückdrehen. Der Bad Boy macht Ernst.

Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe. Jetzt alle Artikel im E-Paper der SonntagsZeitung lesen: App für iOS – App für Android – Web-App

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