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Degen spricht Klartext im TV
David Degen: «Wir befinden uns im Abstiegskampf»

01.07.2023; Kematen;  FUSSBALL  - Trainingslager FC Basel; FC Basel - CSKA Sofia;
Praesident David Degen (Basel) Sportdirektor Heiko Vogel (Basel) 
(Andy Mueller/freshfocus)

Wie David Degen ist, wie man ihn wahrnimmt, in welche Schublade man ihn steckt – nun, all das wird sich nicht von heute auf morgen ändern. Doch wenn man David Degen attestiert, er sei nicht lernfähig, dann tut man ihm unrecht.

Denn in einem Punkt hat er in diesem noch immer warmen Herbst, der sich für den von ihm präsidierten FC Basel so frostig gestaltet, unbestritten Fortschritte gemacht: Er ist nun tatsächlich da, wenn es beim FC Basel nicht läuft. Und zwar nicht nur intern, sondern auch gegen aussen.

Das war vor zwei Wochen so, als die Basler direkt im Nachgang an die verkündete Entlassung von Cheftrainer Timo Schultz zur Medienkonferenz luden, um die Situation zu erklären. Und das ist auch jetzt so, da der FC Basel infolge zweier 0:3-Niederlagen gegen Stade Lausanne und die Young Boys als Tabellenletzter an einem historischen sportlichen Tiefpunkt angelangt ist: Drei Tage danach stellt sich David Degen im «Heimspiel» des Pay-TV-Senders Blue den Fragen des Moderators Stefan Eggli sowie den Kommentaren der beiden weiteren Talkgäste, Ex-Trainer Rolf Fringer und Blue-Sportchef Andreas Böni.

Dabei kommt Degens bemerkenswertester von einigen interessanten Sätzen ziemlich früh. Nicht ganz am Anfang, da er feststellt, wie schlecht er in den Tagen seit der Schultz-Entlassung und den darauf folgenden Niederlagen geschlafen habe. Aber gleich danach: Die sportliche Situation schätzt er nämlich keineswegs mehr so ein, dass die von ihm und Heiko Vogel zusammengestellte – und nun von Vogel trainierte – Mannschaft nur noch etwas Zeit braucht, um dann das Feld von hinten aufzurollen. Sondern er sagt sehr direkt und klar: «Wir befinden uns im Abstiegskampf und müssen uns dem stellen.»

Was er damit meint, führt er auch gleich aus: «Es ist jetzt viel mehr gefragt als Schönwetterfussball. Es braucht Einsatzwille, man muss positiv bleiben …» Und es sei eines ganz wichtig: «Das müssen auch die Spieler akzeptieren. Und zwar so schnell als möglich. Denn wir müssen so schnell als möglich da unten raus.»

Herauszuhören ist aus diesen Worten, dass er in den vergangenen Wochen ein grosses Problem mit der Einstellung einzelner Akteure hatte. Und als es explizit um die gealterten Führungsspieler und Identifikationsfiguren – also Fabian Frei, Taulant Xhaka, Michael Lang und auch Marwin Hitz – geht, stellt der Mitbesitzer des FC Basel fest: «Für mich ist klar, dass sich in der aktuellen Situation zeigen wird, wer ein absoluter Leader ist und mit dem FCB durch dick und dünn geht. Jetzt ist jeder Einzelne gefragt.»

Bemüht darum, den nach nur drei Monaten entlassenen Schultz nicht zusätzlich zu desavouieren, befindet Degen schliesslich doch, es habe der Mannschaft nicht nur früh an Tugenden und Grundprinzipien gefehlt, sondern es habe auch noch einige Hinweise mehr gegeben, dass es nicht funktioniere. Die zwei markantesten Sätze, die folgen: «Es zeichnete sich früh ab, dass es ein Irrtum war, wir uns getäuscht haben» und «Jemand, der ihm nahesteht, hat selbst gesagt, er kenne Timo Schultz seit Wochen nicht mehr, er sei komplett verändert».

«Wir suchen keinen Trainer. Heiko ist Trainer.»

David Degen plant offenbar zumindest mittelfristig mit Heiko Vogel, dem «Trainer bis auf weiteres»

Geht es um Heiko Vogel, will sich Degen zwar nicht darauf festlegen, dass dessen Engagement als «Trainer bis auf weiteres» auch gleichbedeutend mit Vogels Ende als FCB-Sportdirektor sei. Aber er lässt dies zumindest durchblicken, wenn er sagt, die Korrektur sei erst vor eineinhalb Wochen erfolgt und man müsse die Situation zunächst analysieren, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Allerdings wird danach ziemlich klar, auf wem der Druck jetzt lastet. Denn Degen sagt ziemlich bestimmt: «Wir suchen keinen Trainer. Heiko ist Trainer.» Und fügt nicht minder bestimmt an: «Jetzt ist er in der Verantwortung und muss die Mannschaft da herausführen.» Es folgt der schweizerdeutsche Nachsatz von keiner Ziege, die das weglecken könne …

Während Degen in der Runde gesteht, dass er und seine Mitstreiter im Verwaltungsrat «zwei, drei Fehler bei der Personalwahl» sowie mit einer erwartungsschürenden Kommunikation begangen hätten, wehrt er sich vehement gegen den Vorwurf, man sehe keine Strategie im Club. «Die Strategie ist nicht vogelwild, sondern sie ist ganz klar – das will ich betonen.»

Dabei befinde man sich jetzt eigentlich am Anfang von Phase 2, bei der es darum gehe, eine Mannschaft nachhaltig aufzubauen. «Deswegen haben wir ja fast alle neuen Spieler nun definitiv übernommen.» Dies sei zuvor aufgrund der finanziellen Ausgangslage und in Paarung mit der beschlossenen Strategie nicht möglich gewesen. «Wir übernahmen den Club vor zweieinhalb Jahren mit einem strukturellen Defizit von 35 Millionen Franken. Der FCB blutete überall – und wir mussten diese Blutung stoppen.» Degen findet, das sei nur mit zwei Varianten machbar gewesen: «Mäzenatentum oder unsere Strategie.»

«Da dürften es noch rund acht Millionen Franken sein.»

David Degen zum strukturellen Defizit des FC Basel im Geschäftsjahr 2024

Von dieser Strategie sei er wirtschaftlich «hundertprozentig überzeugt», und er berichtet von insgesamt rund 90 Millionen Transfereinnahmen, die man seither verzeichnet, aber eben auch gebraucht habe, um die «Blutung» in Phase 1 stillzulegen. Zudem stellt er eine erfreuliche Prognose für das Geschäftsjahr 2024, wenn es um das strukturelle Defizit geht: «Da dürften es noch rund acht Millionen Franken sein.»

Das allerdings ist noch immer nicht so wenig, wenn die Mannschaft – wie aktuell – keine Europacup-Einnahmen verzeichnet und so Fussball spielt wie bisher. Denn dann wird es nicht so leicht sein, im nächsten Sommer jene Transfereinnahmen zu erzielen, die nötig sind, um auf eine ausgeglichene Rechnung zu kommen.

Doch es sind ja noch ein paar Spiele bis dahin. Und wie sagt doch David Degen? «Jetzt ist die Situation sehr negativ und nagt an uns allen. Aber wir in der Clubführung müssen positiv in die Zukunft schauen und weiter unseren Weg gehen.»

Die ganze «Heimspiel»-Sendung finden Sie hier.