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Meinung

Das Unrecht bleibt

2018 zeigte das Anna Göldi Museum diese Porträts ehemaliger Verdingkinder. Foto: Christian Beutler (Keystone)
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Die Schweiz hatte sich bis 1981 an Zehntausenden Jugendlichen und Kindern schuldig gemacht, weil sie diese in «fürsorgerischer Zwangsmassnahme» als billige Arbeitskräfte verdingte oder in Heimen, geschlossenen Einrichtungen und Strafanstalten fremdplatzierte.

Dieses Unrecht hat das Parlament inzwischen anerkannt und als Zeichen dafür einen einmaligen Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken pro Person gesprochen. Wer von solchen Zwangsmassnahmen betroffen war, konnte bis Ende März 2018 um diesen Beitrag ersuchen. Das funktionierte relativ unkompliziert und vor allem schnell: Möglichst viele der Betroffenen, die heute alt sind, sollten die Auszahlung noch erleben können.

Dieses Geld macht nicht wett, was einstige Verdingkinder an Gewalt und Entwürdigung erdulden mussten. Aber sie erfahren dadurch eine Linderung der prekären Umstände, in denen viele von ihnen leben. Eine Genugtuung, die unveräusserlich ist, glaubt man dem Merkblatt des Bundesamtes für Justiz: «Der Solidaritätsbeitrag hat höchstpersönlichen Charakter.» Er stehe den Opfern «wegen der seinerzeit erlittenen schweren Persönlichkeitsverletzungen» zu.

Umso kleinlicher agieren die kantonalen Behörden, die in Ausnahmefällen die Renten von Betroffenen kürzen dürfen und es auch tun. Weil das Vermögen einer alleinstehenden 89-jährigen Frau wegen des Solidaritätsbeitrags auf über 37'500 Franken anwuchs, musste sie knapp 3000 Franken an den Kanton zurückzahlen und erhält nur noch die Hälfte der Ergänzungsleistungen: 220 Franken pro Monat. Einem Ehepaar wurde die Ergänzungsleistung um 350 Franken monatlich gekürzt.

Obwohl solche Kürzungen nur wenige der rund 9000 Personen betreffen, die bislang den Solidaritätsbeitrag bezogen haben, laufen sie dessen Grundgedanken zuwider. Solidarität zeichnet sich durch Grösse aus, wie der Bund in einem seltenen Akt bewiesen hat. Was die Kantone machen, ist kleinherzig.