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Anleitung für Flüchtlinge
Das erwartet Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz

Viele Menschen wollen vor dem Krieg aus der Ukraine nach Westeuropa fliehen wie diese Frau mit ihrem Kind am Bahnhof in Lwiw. (27. Februar 2022)
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Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer sind auf der Flucht vor dem Krieg. Die Ersten sind in der Schweiz angekommen, viele werden folgen. Die Hilfsbereitschaft im Land ist gross, viele möchten Flüchtlinge privat unterbringen oder sie anderweitig unterstützen. Dabei stellen sich für alle Beteiligten Fragen. 

Hier gesammelt die wichtigsten Antworten:

Dürfen Ukrainerinnen und Ukrainer in die Schweiz einreisen?

Ja. Sie können visumsfrei in den Schengen-Raum und damit auch in die Schweiz einreisen sowie sich frei im Schengen-Raum bewegen. Seit Ende Februar auch dann, wenn sie nicht über einen biometrischen Reisepass verfügen. Gegenwärtig ist ein Aufenthalt von maximal 90 Tagen möglich. Arbeiten dürfen Personen, die auf diesem Weg in die Schweiz einreisen, nicht.

Diese Regelung gilt allerdings nur noch für wenige Tage. Nach Konsultation der Kantone bis Mitte nächster Woche soll der Schutzstatus S eingeführt werden für Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem Krieg in ihrem Land in die Schweiz flüchten. Mit einem endgültigen Bundesratsentscheid wird am Freitag, 11. März, gerechnet.

Wie könnte so ein Schutzstatus S aussehen?

Der Status S für Schutzbedürftige wurde nach den Balkankriegen geschaffen, kommt jetzt aber erstmals zur Anwendung. Der Status S berechtigt zum Aufenthalt von Kriegsvertriebenen in der Schweiz, ohne dass sie ein Asylverfahren durchlaufen müssen. Die Ankommenden werden direkt auf die Kantone verteilt; eine gewisse Flexibilität bei der Wahl des Wohnortes innerhalb der Schweiz soll möglich sein.

Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz sollen sich weiterhin frei im Schengen-Raum bewegen können, um etwa Verwandte und Bekannte zu besuchen, die in andere europäische Länder geflüchtet sind. Dazu soll das Bundesamt für Migration SEM ihnen unkompliziert Genehmigungen erteilen. Ausserdem sollen sie schnell eine Arbeit aufnehmen können. Ob dabei eine Wartefrist gelten soll, ist noch unklar. Das Gesetz sieht ein Recht auf Familiennachzug vor, das formal für Ehepartner und minderjährige Kinder gilt. Es können derzeit aber ohnehin alle Ukrainerinnen und Ukrainer einreisen.

Lange war die visafreie Einreise in den Schengen-Raum nur mit solchen biometrischen Pässen möglich. Inzwischen reichen auch andere Dokumente.

Wie lange dürfen sich Menschen mit Schutzstatus S in der Schweiz aufhalten?

Anfangs gilt der Status S für ein Jahr, er kann aber verlängert werden. Die Dauer des Schutzes hängt von der Entwicklung im Heimatland ab. Den Entscheid über die Aufhebung des Schutzstatus für eine Bevölkerungsgruppe fällt der Bundesrat. Ist der Schutzstatus nach fünf Jahren noch nicht aufgehoben worden, erhalten die Schutzbedürftigen eine reguläre Aufenthaltsbewilligung B.

Darf ich eingereisten Ukrainerinnen und Ukrainern eine Wohnung anbieten?

Ja, die Unterbringung in Privatunterkünften ist vonseiten der Behörden sogar erwünscht. «Wir sind dankbar für diese Angebote», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Das SEM nimmt Anfragen per E-Mail an ukraine@sem.admin.ch entgegen. In wenigen Tagen soll auch eine SEM-Hotline angeboten werden, die telefonisch Auskunft erteilt. Auf campax.org können private Anbieter ihre Unterkünfte eintragen; diese Angebote werden an das SEM weitergeleitet. Unklar ist noch, ob private Haushalte für diese Unterbringung von den Kantonen entschädigt werden; bisher ist das nicht vorgesehen. Allerdings hat der Bund den Kantonen eine «Globalpauschale für die Unterbringung» und andere Kosten in Aussicht gestellt.

Wie können sich die Gäste in der Schweiz krankenversichern?

Sobald die Flüchtenden einen Schutzstatus S erhalten haben, werden sie auch in die obligatorische Krankenversicherung aufgenommen. Für die dabei anfallenden Kosten werden die Kantone vom Bund entschädigt. Wer als Touristin einreist, ist für Versicherungen selbst zuständig. Üblicherweise wird zu diesem Zweck eine Reiseversicherung abgeschlossen – oder die heimatliche Krankenversicherung bietet den Versicherungsschutz. Eine nachträgliche private Versicherung für Personen, die sich bereits in der Schweiz befinden, ist als «Gästeversicherung» grundsätzlich möglich.

Können sie ein Bankkonto eröffnen?

Die Postfinance hat einen Grundversorgungsauftrag und ist damit verpflichtet, jeder Person, die sich in der Schweiz aufhält, ein Konto zur Verfügung zu stellen. Allerdings müssen dafür gültige Schweizer Ausweispapiere vorgelegt werden. Der Ausweis S sollte dazu ausreichen. Kontoeröffnungen für Ukrainerinnen und Ukrainer ohne Aufenthaltsstatus in der Schweiz lehnten mehrere andere Banken auf Anfrage ab.

Bis zu 9000 Plätze sollte die Schweiz im Notfall in Bundesasylzentren zu Verfügung stellen können: Ein Schlafsaal in einem temporären Zentrum im Tessin.

Können Kinder aus der Ukraine in die Schule gehen?

Ja. Die grundsätzliche Schulpflicht gilt auch für Kinder von Schutzbedürftigen. Kinder aus der Ukraine sollen also auch eine Schule besuchen. Wie genau das organisiert werden soll, ist noch offen. Als Vorbild könnte das Schulangebot für Kinder von Asylsuchenden gelten.

Erhalten Menschen aus der Ukraine Sozialhilfe?

Ja, eine staatlich Hilfe ist für Personen mit Status S vorgesehen – auf dem Niveau wie heute schon für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge, also Menschen, deren Asylgesuch abgewiesen wurde, die aber aus rechtlichen Gründen nicht weggewiesen werden können. Hier gelten die gleichen Ansätze für Sozialhilfe wie bei Schweizern und Schweizerinnen. Allerdings betont Bundesrätin Karin Keller-Sutter, dass viele Geflüchtete wohl bei Verwandten und Bekannten untergebracht werden könnten, sodass sie weniger Hilfe vom Staat benötigten. Der schnelle Zugang zum Arbeitsmarkt solle es ihnen zudem ermöglichen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

Welche Integrationsmassnahmen, etwa Sprachkurse, sind für Menschen aus der Ukraine vorgesehen?

Es sind keine Integrationsmassnahmen vorgesehen. Es handle sich um Menschen, bei denen damit zu rechnen sei, dass sie so schnell als möglich in ihr Heimatland zurückkehren möchten, betonte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Bei vielen Familien hätten etwa die Männer in der Ukraine bleiben müssen. Der Status S sei ein vorübergehender Status.

Können Menschen aus der Ukraine auch einen Asylantrag stellen?

Grundsätzlich kann jede Person, die in die Schweiz einreist, Asyl beantragen. Entweder direkt bei der Einreise am Grenzübergang oder bei der Grenzkontrolle am Flughafen. Nach der Einreise ist ein Antrag auch in einem der Bundesasylzentren möglich. Diese haben regulär rund 5000 Plätze. Notfallpläne sehen bis zu 9000 Plätze vor. Krieg allein ist allerdings kein Asylgrund. Ukrainerinnen und Ukrainer müssen nachweisen, dass sie zusätzlich persönlich verfolgt werden – etwa wegen ihres politischen Engagements.

Kann ein Asylgesuch auch mit dem Schutzstatus S gestellt werden?

Ja, das Recht, aufgrund persönlicher Verfolgung um Asyl zu bitten, bleibt bestehen. Die Erteilung des Schutzstatus S bedeutet in der Regel allerdings, dass ein Asylverfahren sistiert wird, bis der Status S wieder aufgehoben wird. Dann wird das Asylgesuch weiterbehandelt. Aufgrund der Lage in der Ukraine hat das SEM derzeit die Bearbeitung aller hängigen Asylgesuche ukrainischer Staatsangehöriger sistiert.

Hinweis: Dieser Artikel wurde nach der Bundesratssitzung vom 4. März aktualisiert. (Freitag, 4. März 2022 um 16.55 Uhr)