EU und USADas Ende einer zerrütteten Beziehung
US-Aussenminister Mike Pompeo sagt seine letzte Europareise ab – aus Ärger über Kritik aus dem kleinen Luxemburg.
Von einer Abschiedstournee zu sprechen, wäre übertrieben. Viele Stationen sah der letzte Trip über den Atlantik ohnehin nicht vor. Aber ausgerechnet im kleinen Luxemburg wollte Donald Trumps Chefdiplomat Station machen. Nun hat Mike Pompeo aus Ärger über Kritik von Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn seine ganze Europareise abgesagt, die ihn auch nach Belgien und ins Nato-Hauptquartier hätte führen sollen.
Weshalb ist es zu diesem Eklat gekommen? Jean Asselborn ist einer, der gerne Klartext spricht. Das tat der 71-jährige Veteran von der Sozialistischen Arbeiterpartei Luxemburgs auch nach dem Sturm von Trumps Anhänger auf das Capitol: Die Bilder zeigten, dass der US-Präsident ein «Krimineller» sei. Trump sei ein «politischer Pyromane», der vor Gericht gestellt werden müsse. Kein Wunder hat das Pompeo nicht gefallen, der bis zum Schluss dem US-Präsidenten treu geblieben ist und sein Märchen vom Wahlbetrug verteidigt hat.
Applaus für klare Worte
Asselborn bestreitet die Meldung einer Nachrichtenagentur, wonach er ein Treffen mit dem Amerikaner verweigert habe. Unglücklich dürfte er nicht sein. Worüber hätte man denn reden sollen? Der dienstälteste Aussenminister der EU freut sich dafür umso mehr über den Zuspruch, den er angeblich aus der ganzen Welt für seine klaren Worte bekommen hat. Pompeo hätte eigentlich vorgewarnt sein müssen. Der US-Aussenminister habe den Stopp im Grossherzogtum aus Ärger über die Äusserungen des Luxemburger Gastgebers aus seinem Terminkalender gestrichen, schreibt die «New York Times».
Die restlichen Termine in Brüssel sagte der Amerikaner dann erst in letzter Minute ab. In der belgischen Hauptstadt hätte Pompeo seine Amtskollegin Sophie Wilmès treffen sollen. Vorgesehen war auch ein Besuch im Nato-Hauptquartier bei Generalsekretär Jens Stoltenberg. Der Norweger hat Trumps Angriffe auf die Militärallianz über die vier Jahre stoisch ertragen und es irgendwie geschafft, das Bündnis zusammenzuhalten.
Auch er dürfte nicht unglücklich sein über die Absage. Stoltenberg hatte den Sturm auf das Capitol ebenfalls als «schockierend» verurteilt und dazu aufgerufen, das Ergebnis der demokratischen Wahl zu akzeptieren. Die Ankündigung des Treffens und die Annullierung sind sehr trocken ausgefallen. Ein Auftritt vor den Medien mit womöglich kritischen Fragen war nicht geplant.
Ähnlich wie sein Chef ist Mike Pompeo in Brüssel höchst unpopulär und in schlechter Erinnerung.
Andere hatten von Anfang an wenig Lust, Trumps treuen Weggefährten zu verabschieden. Weder der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell noch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigten dem Vernehmen nach Interesse. Es seien keine Treffen geplant, sagte ein Kommissionssprecher zu Beginn der Woche, bevor die Absage aus Washington kam.
Ähnlich wie sein Chef ist Pompeo in Brüssel höchst unpopulär und in schlechter Erinnerung. Multilateralismus sei nur noch ein Selbstzweck, sagte der US-Aussenminister 2018 ausgerechnet anlässlich einer Veranstaltung des German Marshall Fund in Brüssel. Dort stellte er überhaupt die Nachkriegsordnung infrage. Der EU seien die Interessen der Bürokraten womöglich wichtiger als jene ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Starker Führer
Der Nationalstaat müsse wieder in den Vordergrund rücken, und es brauche starke Führer wie Donald Trump, sagte der amerikanische Chefdiplomat damals. Nun teilte das US-Aussenministerium mit, Mike Pompeo müsse in Washington bleiben, um bei einer reibungslosen Übergabe der Amtsgeschäfte mitzuarbeiten. Auch alle anderen Reisen seien abgesagt.
Als der Wahlsieg von Joe Biden schon feststand, hatte der Republikaner versprochen, es werde einen sanften Übergang zu einer «zweiten Trump-Administration» geben. Nun kommt es doch anders, und Pompeos gescheiterter Abschiedsbesuch ist das Ende, das zu der zerrütteten Beziehung mit den Europäern passt.
Fehler gefunden?Jetzt melden.