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Tennis-Zwerg Libanon fordert die Schweiz
Das einzige Geld kommt von einem Salathändler

Schlug in Biel am Freitag Dominic Stricker: Benjamin Hassan, die Nummer 1 des Libanon, lebt in Deutschland.
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Da reibt man sich die Augen: Der Libanon, am Freitag und Samstag in Biel Davis-Cup-Gegner der Schweiz, ist in der Weltrangliste als Nummer 38 tatsächlich sieben Ränge besser klassiert. Das ist kein Zufall: Während die Asiaten neun ihrer letzten elf Begegnungen gewonnen haben, reihte die Schweiz, Davis-Cup-Champion 2014, ab 2018 fünf Niederlagen aneinander, ehe die Serie gegen Estland 2021 gestoppt wurde.

Während die Schweiz 33 Spieler mit einem ATP-Ranking hat, finden sich in diesem nur zwei Libanesen. Der Bessere der beiden, Hady Habib (ATP 424), lebte nur sechs Jahre in seinem Geburtsland, ehe er nach Texas zog und dort erfolgreich College-Tennis spielte. «Als der libanesische Verband an mich herantrat, wechselte ich die Nationalität», sagt der 23-Jährige.

Teamleader ist ein Deutscher 

Die Nummer 1 des Libanon, Benjamin Hassan (ATP 325), wuchs in Koblenz im Rheinland auf, lebt auch noch dort und wird von der ATP als Deutscher geführt. «Mein Vater und meine Mutter wurden im Libanon geboren, kamen aber früh nach Deutschland», erzählt der 26-Jährige. Er sei im Tennis in der Jugend nur regional gut gewesen, habe dann von 12 bis 19 komplett das Interesse an diesem Sport verloren, das Abitur gemacht und Sport- und Englischlehrer werden wollen.

Haben neun ihrer letzten elf Davis-Cup-Begegnungen gewonnen: Captain Fadi Youssef (Mitte) mit seinen Einzelspielern Benjamin Hassan (links) und Hady Habib.

«Der Wendepunkt war, als ich für ein Challenger-Turnier in Koblenz eine Wildcard erhielt und überraschend gut mithielt», sagt Hassan. «Da dachte ich: Warum versuche ich es nicht?» Bald hatte er einige ATP-Punkte auf dem Konto, worauf der libanesische Verband seinen Vater kontaktierte. «Sie luden mich zu einem Preisgeldturnier ein, also fuhr ich hin. Sie sagten: Du bist in jedem Fall im Davis-Cup-Team. Und schon im Jahr darauf spielte ich dort tatsächlich.» Inzwischen hat er elf Davis-Cup-Einzel bestritten und neun davon gewonnen.

Tennis ist im vom Syrienkrieg arg betroffenen Libanon ein Randsport, der Verband ist mäusearm, verfügt über keine Plätze und kein Trainingszentrum. «Die Leute dort versuchen nur zu überleben, es ist echt traurig», sagt Hassan. «Viele haben kein Geld für Benzin und können auch kein Bargeld abheben.» Der einzige Mäzen im Tennis sei Verbandspräsident Oliver Fayssal, der Besitzer grosser Salatplantagen. «Er ist sehr grosszügig.»

In der Schweiz gibt es mehr Plätze als im Libanon Tennisspieler

Im Vergleich zur Schweiz ist das Land mit sieben Millionen Einwohnern im Tennis ein Zwerg. Gemäss dem Tennisreport 2019 des Weltverbands gibt es nur 2000 Spielende, 40 Clubs und 180 Courts, was umgerechnet 0,03 Plätze pro 1000 Einwohner ergibt. Dieser Faktor liegt in der Schweiz mit ihren rund 4000 Courts gleich 16-mal höher. 

Habib und Hassan sind die klaren Leader im Team von Captain Fadi Youssef, zu dem mit dem Berliner Hasan Ibrahim (ATP 1707) ein weiterer Deutscher gehört. «Ich hoffe, dass wir gewinnen, sehe die Schweiz aber als 60:40-Favorit», sagt Youssef. Er weist darauf hin, dass seine Spieler zuletzt international beachtliche Erfolge errangen. «Sie haben sich gut vorbereitet, das Klassement spiegelt ihr Niveau nicht richtig wider.»

Das ist Severin Lüthi nicht entgangen. «Dieser Gegner ist besser, als er öffentlich wahrgenommen wird», warnt der Captain der Schweiz. «Hassan stand schon in den Top 300 und könnte vom Talent her noch besser sein. Und Habib ist als College-Spieler unterklassiert.» Der 23-jährige Texas-Libanese zeigte seine Klasse zuletzt in Dubai. Dort unterlag er dem Tschechen Jiri Vesely in der Qualifikation knapp 1:6, 7:5, 3:6 – worauf Vesely im Hauptturnier auch Djokovic und Shapovalov schlug und erst im Final verlor. 

Der Teamgeist habe unter ihrer Multikulti-Herkunft nicht gelitten, sagt Hassan. «Ich bin jetzt fünf Jahre dabei. Wir sind wie eine kleine Familie, scherzen viel miteinander.» Irgendwie verständigen können sie sich immer, auch wenn Hassan kein Libanesisch mehr spricht und der Captain lieber in Französisch als Englisch Auskunft gibt. 

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