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Meinung

Kommentar zur Impfstrategie
Das Chaos, das keines ist

Als sei nun das Wundermittel da, das die Pandemie – ruckzuck – beendet: Im Kanton Luzern wurde am 23. Dezember die erste Person der Schweiz gegen Corona geimpft. 
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Und dann meldete sich auch noch Philipp Müller zu Wort, der ehemalige FDP-Präsident und Spezialist für verbale Rundumschläge. Der Start zur Impfkampagne des Bundes sei «ein Witz», schimpfte Müller am Montag im «Blick». Es gebe zu wenig Impfdosen, die Kampagne werde in einer Blamage enden.

Es war der Höhepunkt eines Donnerwetters, das sich seit Tagen über Bund und Kantonen entlädt. Man habe zu lange taktiert, zu wenig Impfstoff bestellt, Verträge zu spät unterzeichnet, Aufträge zu spät ausgeschrieben, keine taugliche Impfstrategie entwickelt, die Anerkennung der Vakzine verschlafen. Kurz: die Schweizer Impfpolitik – ein einziges Debakel.

So ärgerlich es ist, wenn Impfwillige vergeblich versuchen, einen Termin zu ergattern, und so improvisiert das Vorgehen vieler Behörden derzeit wirkt, das Gezeter über ein angebliches Impfchaos ist hysterisch. Aus zwei Gründen:

Zum einen wird die Impfung auf groteske Weise überhöht. Als sei nun das Wundermittel da, das – ruckzuck – das Sterben beendet, die Krise beseitigt und das Land aus dem Lockdown führt. Dabei erklären alle Experten seit Monaten, dass es selbst bei einer grossen Impfbereitschaft und einer hervorragend organisierten Kampagne Monate dauern wird, bis ein Effekt auf die Pandemie sichtbar würde.

Bereits im November sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO): «Der Impfstoff allein wird diese Pandemie nicht beenden.»

Zum anderen scheint es, als hätten die Kritiker vergessen, was der eigentliche Grund für die jetzigen Probleme ist. Noch vor wenigen Monaten hätte kein ernst zu nehmender Experte es für möglich gehalten, dass vor dem Frühling 2021 Covid-19-Impfstoffe zugelassen werden.

Nun hat die Industrie selbst die kühnsten Annahmen übertroffen – und die Politik damit überrumpelt. Dumm gelaufen. Aber auch: Glück gehabt. Inzwischen sind Bund und Kantone daran, Lieferengpässe zu beseitigen und Kapazitäten auszubauen. Bis Ende März dürfte ein grosser Teil der Risikogruppe eine Impfung erhalten.

Das ist keine sensationelle Quote. Aber von einem Debakel weit entfernt.