Traditionsunternehmen in StäfaDas Café Vrene schliesst nach 128 Jahren
An Weihnachten wird die Vrene zum letzten Mal geöffnet sein. Kaffee und Kuchen wird es hier aber auch in Zukunft geben.
Der Platz vor der Vrene ist einer der belebtesten Orte Stäfas. Wer zur Post, in die Molki, zur Metzgerei oder einfach nur auf den Zug will, kommt hier vorbei. Und wer noch Zeit für einen Schwatz und einen Kaffee hat, setzt sich auf die Terrasse des Cafés. So sind auch an diesem milden Herbstnachmittag die Tische im Freien gut besetzt.
Die Vrene ist der Treffpunkt schlechthin fürs Kaffeetrinken. Seit 128 Jahren existiert die Traditionskonditorei-Confiserie an diesem Standort. Doch bald geht diese Ära zu Ende, denn am 24. Dezember wird die Vrene zum letzten Mal geöffnet sein. Die Bäckerei-Konditorei Tschirky aus Schmerikon übernimmt ab März das Lokal, wie sie kürzlich in einer Mitteilung bekannt gab.
Geschäftsführerin und Inhaberin Susanne Muff-Furrer erklärt, was sie zu diesem Schritt bewogen hat: «Ich will mir mehr Zeit für meine Familie nehmen.» Seit sie 2004 das Café übernommen habe, sei sie praktisch rund um die Uhr durch den Betrieb absorbiert gewesen. «Ich gehe also nicht in Frühpension, sondern ziehe die Überstunden ein, die sich im Lauf der Jahre angesammelt haben.»
Haus bleibt in Familienbesitz
Schon seit ihrer Kindheit half Muff im Betrieb mit. Nach der Schulzeit machte sie eine Kochlehre, absolvierte eine Hotelfachschule und arbeitete in der Konditoreibranche. «Die Vrene einmal selbst zu führen, war aber immer mein Traum», sagt sie. Der Traum wurde wahr, als vor knapp 19 Jahren der Betrieb nach einer fünfjährigen Fremdverpachtung an sie überging.
Ein bisschen wehmütig stimme es sie schon, wenn sie an die bevorstehende Schliessung denke: «Ich habe die Vrene mit viel Herzblut geführt, sie war mein Zuhause, man kann auch sagen mein viertes Kind.» Von ihren drei Töchtern wird keine das Lokal weiterführen. Tschirky sei als neue Pächterfamilie aber ein Glücksfall. «Mir war wichtig, dass es der gleichen Branche erhalten bleibt», sagt Muff. Die Liegenschaft jedenfalls wird weiter ihrer Familie gehören.
1894 wurde das Haus erbaut. Bald darauf kaufte es die Familie Furrer, von der danach vier Generationen die Konditorei betrieben. Der Erste war Otto Furrer-Pfister, Urenkelin Susanne Muff wird die Letzte sein. Vieles hat sich in der Zeit verändert. Was in dem Haus aber immer gleich geblieben ist, kann heute noch bestaunt werden: die verspielte Stuckdecke über dem Eingangsbereich.
Für «einkaufende Hausfrauen»
Muff zeigt weitere Zeitzeugen. Da ist zum Beispiel die Werbung aus den 1970er-Jahren, die sich an «Geschäftsleute, einkaufende Hausfrauen und Durchreisende» wendet. Oder die noch viel ältere Verpackung der «Stäfner Ziegeli» – eines «feinen knusprigen Mandelkonfekts», das gesetzlich geschützt sei, wie es heisst. Muffs Urgrossvater war es, der die Ziegeli erfunden hat, und die es bis heute zu kaufen gibt. Das Patent ist laut Muff immer noch gültig.
Auch das heutige Geschäft konzentriere sich auf die Konditorei und Confiserie, sagt Muff. Das Brot kaufe man deshalb extern von der Oetwiler Bäckerei Peter ein. So können sich Chefkonditor Robert Altwegg und Konditorin Petra Schuler auf die Herstellung der Hausspezialitäten konzentrieren: die Stäfner Ziegeli, die mit Cognac oder Kirsch gefüllten Amaretti, die Champagner- und Weintruffes oder die süsse Kreation namens Stäfner Stei.
Stäfa im Mailänderli-Fieber
Für den Betrieb im Café sind derweil Muff und ihre Stellvertreterin Monika Huser zuständig. Sie bringen das Süsse an Mann und Frau. Muff erinnert sich an einen Test, in dem diese Zeitung die Mailänderli verschiedener Bäckereien testete. Jenes der Vrene erhielt die Bestnote. «Daraufhin kamen wir kaum nach mit dem Backen – so viele fragten nach Mailänderli», sagt Muff und lacht.
Unvergesslich sei auch Emil Frey, ein Eremit und Dorforiginal, der sich jahrelang weigerte, aus seinem verfallenen Bauernhaus auszuziehen. Die Vrene besuchte er regelmässig, wo er sich jeweils für längere Zeit auf dem WC aufhielt. Eines Abends habe Muff beim Abschliessen des Geschäfts Geräusche vernommen. «Es war Frey, der aus dem WC kam», erinnert sie sich. «Beinahe hätte ich ihn über Nacht eingesperrt.»
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