Nun soll privatisiert werdenDas bedeuten die Postfinance-Pläne des Bundesrats
Der Bundesrat will das Finanzinstitut aus dem Postkonzern herauslösen und privatisieren. Was das für Kunden, Mitarbeiterinnen und den Bund selbst bedeutet.
Was plant der Bundesrat?
Ursprünglich wollte der Bundesrat vor allem, dass die Postfinance künftig Kredite und Hypotheken ausgeben darf, und strebte eine Teilprivatisierung an. Nach Kritik im Vernehmlassungsprozess schwenkt der Bundesrat nun um. Die Postfinance soll jetzt ganz privatisiert werden. Die Aufhebung des Kreditverbots soll ebenfalls kommen. Der Bundesrat wolle den Bedenken bezüglich Verfassungsmässigkeit, Wettbewerbsneutralität, Föderalismus und Finanzmarktstabilität Rechnung tragen, heisst es in einer Mitteilung.
Warum dieser Schritt?
Postfinance ist in den letzten Jahren in Schieflage geraten. Die Einnahmen schrumpfen stetig. Da sie keine Kredite vergeben darf, legt sie den Grossteil der Kundenvermögen in der Höhe von rund 120 Milliarden Franken am Kapitalmarkt an. Wegen des tiefen Zinsniveaus werfen die Gelder immer kleinere Erträge ab. Gleichzeitig braucht die Bank viel Geld, um die Eigenkapitaldecke zu stärken. Wegen ihrer grossen Bedeutung im Zahlungsverkehr gilt die Postfinance als systemrelevante Bank. Sie muss daher rund drei Milliarden Franken zusätzliches Eigenkapital aufbauen. Weil ihr Geschäft aber immer schlechter läuft, kann sie das Kapital nicht aufbauen. Nun will der Bund, zumindest übergangsweise, für das fehlende Kapital geradestehen.
Was heisst das für Kundinnen und Kunden?
Kundinnen und Kunden könnten künftig bei Postfinance Kredite und Hypotheken beziehen. Sie hätten damit mehr Auswahl, der Preiskampf würde grösser. Es gibt allerdings auch Befürchtungen – namentlich von gewerkschaftlicher Seite –, dass die Gebühren im Zahlungsverkehr steigen würden. Dort hat die Postfinance einen Grundversorgungsauftrag. Mit einer privatisierten Postfinance müssten weniger ertragsstarke Kunden damit rechnen, «dass zahlreiche Dienstleistungen für sie nicht mehr angeboten werden oder nur gegen hohe Gebühren», schreibt die Gewerkschaft Syndicom in einer Mitteilung.
Wer gewinnt, und wer verliert?
Die Postfinance sollte durch die neuen Geschäftsfelder im besten Fall wieder wachsen können, dies würde aber potenziell auf Kosten der Kantonal- und Raiffeisenbanken geschehen. Sie sind die Schwergewichte im Schweizer Hypothekenmarkt. Zu den Gewinnern könnten aber auch die Kunden gehören, weil sie einen zusätzlichen Anbieter zur Wahl haben. Damit sich der Börsengang für die Bank auch lohnt, wäre es wohl besser, wenn sie zuerst ins Kreditgeschäft einsteigen könnte und erst später privatisiert werden würde. So könnte sie einen höheren Verkaufspreis erzielen.
Was kommt auf die Mitarbeitenden zu?
Für die Mitarbeitenden von Postfinance waren die letzten Monate hart. Sie haben den schlechten Geschäftsgang in der Form von Sparprogrammen und einem Stellenabbau zu spüren bekommen. Würde die Bank privatisiert, stünden die Chancen gut, dass neue Besitzer die Kostenschraube noch mal anziehen – und weitere Sparmassnahmen angeordnet werden. Fällt die Postfinance als Goldesel für den Postkonzern weg, könnte dies den Druck auf die anderen Segmente verstärken. Der Betrag, den die Postfinance an das Ergebnis der Post ablieferte, schrumpfte zwar in den vergangenen Jahren. Trotzdem könnte mit dem Wegfall von Postfinance der Druck auf die schwer defizitäre Division Postnetz steigen. Also auf den Bereich, der die Poststellen verantwortet. Entsprechende Sparbemühungen bei Postnetz dürften am Ende auch von den Mitarbeitenden getragen werden.
Wer kann sich an der privatisierten Postfinance beteiligen?
Diese Frage ist noch offen. Fest steht einzig, dass die Post nicht mehr Hauptaktionärin von Postfinance sein soll. Die konkrete Umsetzung «wird erst nach Verabschiedung der Vorlage durch das Parlament gemeinsam von Post und dem Bund festgelegt werden», sagt eine Sprecherin des zuständigen Eidgenössischen Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) auf Anfrage.
Was passiert mit der Dividende der Post an den Bund?
In der Vergangenheit betrug die Dividende der Post jeweils meist 200 Millionen Franken. Fast unabhängig davon, wie hoch der Gewinn war. Der war aber jeweils so hoch, dass die 200 Millionen nur einen kleinen Teil ausmachen. Erst im vergangenen Jahr musste die Post deutlich weniger abliefern. Das hat auch damit zu tun, dass Postfinance – einst Ertragspfeiler der Firma – weniger einbrachte. Für die Zukunft hiesse das: Der geschrumpfte Postkonzern ohne Postfinance wird auf absehbare Zeit hin kaum mehr Dividenden in der Grössenordnung von 200 Millionen Franken liefern.
Wie realistisch ist die Idee des Bundesrats?
Der Widerstand wird gross sein. SP und Grüne wollen keine Privatisierung, der Bund soll die Eigenkapitallücke schliessen. Wie die Umweltverbände wünschen sie sich eine Klimabank, die sich auf Investitionen in die Energiewende spezialisiert. Für die Pläne des Bundesrates sprechen sich die SVP, die FDP und die GLP aus. Für einen Einstieg ins Kreditgeschäft sei eine vollständige Privatisierung unerlässlich. Bis konkret über eine Privatisierung der Postfinance entschieden wird, kann es noch dauern. Als nächsten Schritt soll nun das Uvek konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Grundversorgung im Bereich von Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen erarbeiten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.