Europa League: FC Zürich - ArsenalDank viel Herz das Gesicht gewahrt
Der FCZ ist im ersten Spiel der Gruppenphase weitgehend chancenlos gegen Arsenal und Granit Xhaka. Trotz des 1:2 schöpft er Hoffnung auf den Befreiungsschlag in der Meisterschaft.
Als das Spiel zu Ende ist, feiern die Zürcher Zuschauer weiter. Und die Zürcher Spieler lassen sich feiern. Das tut allen gut nach einem 1:2 zum Start in die Europa League. Beim Gegner geniesst einer die Ovationen speziell, die ihm aus der Arsenal-Kurve zuteil werden. Granit Xhaka tun sie gut, und er hat sie verdient nach einer Leistung, die zeigt, wieso er eine grosse Figur bei einem Weltverein ist.
Xhaka, der Captain der Schweizer Nationalmannschaft, überragt alle mit seiner Präsenz, mit seiner Physis, mit seiner Leichtfüssigkeit und Laufstärke. Der alte Weggefährte Blerim Dzemaili bekommt das in der ersten Halbzeit einmal zu spüren. Auf zehn Meter verliert er fünf Meter und den Ball.
Dass Xhaka von den gegnerischen Fans dauernd ausgepfiffen wird, liegt an seiner Basler Herkunft. Die kindische Provokation stört ihn nicht weiter. Er scheint sie sogar zu geniessen. Einmal dreht er lachend vor der FCZ-Kurve ab.
Nach dem Match schweigen die englischen Gäste. Sie tun es aus Respekt vor dem Tod von Queen Elizabeth. Bei den Zürchern gibt es ein anderes Thema: Es dreht sich um die eigene Befindlichkeit. Um die Hoffnung, endlich im Alltag auf den richtigen Weg zu finden.
«Darauf können wir aufbauen», sagt Dzemaili. «Wir müssen am Sonntag mit mehr Selbstvertrauen spielen.» Am Sonntag ist der Match, der schon wieder viel wichtiger ist als dieser nette Ausflug in einen europäischen Wettbewerb. Dann geht es nach Genf zu Servette und sind Punkte gefordert. «Wir brauchen einen Befreiungsschlag», sagt Dzemaili, «wir gehören in der Tabelle nicht nach hinten.»
Lieber St. Gallen als «Letzi»
Der Abend beginnt mit einem Verkehrsstau auf der Autobahn. Drinnen macht die Delegation der Südkurve früh bereits Lärm. Und sie hält ihre Kadenz einen Abend lang durch. Ihren Stil verlieren ein paar nur, als sie bei der Trauerminute für die Queen zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht den Anstand bewahren. Aus der Kurve der Arsenal-Fans werden sie dann auch lautstark zurechtgewiesen.
Es ist ein Anlass, der wieder einmal zeigt, wie viel schöner es ist, ein Fussballspiel in St. Gallen schauen zu können und nicht im Letzigrund schauen zu müssen. Der Rasen ist noch ein Rasen und nicht ein Sumpf, die Tribünen sind steil und halten die Stimmung im Stadion.
Der Gast mit dem grossen Namen ist so etwas von der heimischen Liga gewohnt, Runde für Runde, es kann ihn nicht weiter beeindrucken. Dem Gastgeber tut es gut, etwas für die angeschlagene Moral tun zu können. Der Gast dominiert, der Gastgeber hält dagegen, so gut es geht. Das Spiel läuft so ab, wie es zu erwarten war. Das Ergebnis ist normal. Der Favorit holt sich die ersten drei Punkte, die für ihn Pflicht sind, und 630’000 Franken, die für ihn bei einem Budget von gegen 400 Millionen nicht weiter ins Gewicht fallen. Der Aussenseiter kann trotz der Niederlage das Gesicht wahren. Er lässt sich nicht deklassieren.
Das 1:2 bringt allerdings nicht zum Ausdruck, wie gross der Unterschied an Qualität zwischen dem Leader der Premier League und dem sieglosen Vorletzten der Super League ist. Wie wenig Arsenal selbst mit einer besseren B-Besetzung gefordert ist und wie sehr es gerade die zweite Halbzeit zur Einbahn-Veranstaltung macht. Und wie wenig der FCZ am Ball ist, nur gerade mal während 30 Prozent der Spielzeit.
Franco Foda hat am Vorabend gewusst, dass seine Mannschaft nicht so viel am Ball sein würde. Kompakt stehen, gut verteidigen und die Chance zum Kontern nutzen, wenn sie sich bieten würde – das hat er zum Rezept erhoben. Der Trainer setzt auf das, was im Fussballjargon «Nadelstiche» heisst. Einen dieser Nadelstiche können seine Spieler in der 34. Minute setzen. Blerim Dzemaili und Jonathan Okita spielen Ole Selnaes frei, der Schuss des Norwegers wird im letzten Moment noch in Corner abgefälscht.
Den Höhepunkt erleben die in der Liga gebeutelten Zürcher kurz vor der Pause. Eddie Nketiah, der Stürmer, verschuldet nach einem Corner ein Foul an Fidan Aliti und damit einen Elfmeter. Mirlind Kryeziu verwertet ihn souverän. Der FCZ kann mit einem 1:1 in die Pause. Das kann ihm nur gut tun.
Zwei Fehler zu viel
Er verteidigt während der ganzen Partie mit viel Herz, wie ein David eben gegen einen Goliath verteidigen muss, er tut das so geschlossen, wie er das in der Meisterschaft zu oft eben nicht macht. Und doch reicht das bei weitem nicht, um gegen diese Mannschaft aus London alles vom eigenen Tor wegzuhalten. Er wird zu den Fehlern gezwungen, die schliesslich das Spiel entscheiden.
Nach einer Viertelstunde ist Lindrit Kamberi am Flügel im Laufduell gegen Nketiah überfordert, und in der Mitte ist Fidan Aliti unaufmerksam und lässt Marquinhos davonziehen. Die Folge ist das herrliche 0:1.
Nach einer Stunde revanchiert sich Marquinhos mit einer Flanke auf den Kopf von Nketiah, der junge Stürmer profitiert von der nächsten Nachlässigkeit Nikola Boranijasevics und trifft zum 1:2. Der Rest ist Routine. Brecher ist es, der noch das dritte Gegentor verhindert – mit einem starken Reflex gegen Gabriel Jesus.
Nach dem Schlusspfiff wird gejubelt, links wie rechts. Und Dzemaili sagt noch: «Ich hoffe, gegen Servette werden wir mehr am Ball sein.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.