Wrack der SäntisBergung des Dampfschiffs gescheitert – Hebeplattform knallt auf den Seegrund
Der Plan, einen legendären Dampfer vom Grund des Bodensees zu heben, misslingt zum zweiten Mal. Am Sonntagmorgen kommt es zu gefährlichen Szenen.
Plötzlich dreht sich die grosse Seilwinde immer schneller und schneller, Hektik bricht aus unter den Arbeitern auf dem Lastschiff. Sie müssen sich in Schutz bringen, um nicht von allfällig herumfliegenden Teilen getroffen zu werden. Unter Wasser saust eine tonnenschwere Stahlkonstruktion mit Schläuchen und Hebeballonen unkontrolliert in die Tiefe – und prallt am Grund des Bodensees auf.
In diesem Moment ist klar: Die Bergung des Dampfschiffs Säntis scheitert an diesem Sonntagmorgen zum zweiten Mal. Das Wrack bleibt auf 210 Meter Tiefe, wo es seit 90 Jahren ruht.
Silvan Paganini, Chef der Bergungsaktion, sitzt einige Minuten danach in einer kleinen Bootskabine und steuert mit einem Game-Controller einen Tauchroboter. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Schäden zu begutachten, welche die Plattform in der Tiefe verursacht hat. Der «Blick» streamt die Bergung live, Paganini trägt sogar ein Mikrofon. Und so hört die Öffentlichkeit dabei zu, wie der 40-Jährige Worte dafür zu finden versucht, dass der Traum geplatzt ist, für den er und sein Team über die letzten Monate wie besessen gearbeitet haben.
Die Hebeplattform sei «aufs Wrack heruntergetätscht», sagt er einem Reporter schliesslich. Jetzt gehe es darum, dass «wir das Zeug wieder bergen können». Es sehe «schlimm» aus unten auf dem Seegrund. Videoaufnahmen zeigen eingedrückte Hebetanks, verhedderte Kabel, verbogene Stahlträger. Er sehe «starke strukturelle Schäden an der Bergeplattform», meint Paganini. Der Grund: Die Bremsen haben versagt, welche die Plattform langsam auf den Grund hätten sinken lassen sollen.
«Das Ende des Projekts»
Der Absturz der Plattform und der Abbruch der Bergung markieren das Ende eines verrückten Projekts, das seinen Ursprung im 130-Jahr-Jubiläum der Säntis hat. Als das Lokalfernsehen deswegen über den Dampfer berichtet, sagt Silvan Paganini in einem Interview: Eine Bergung des Schiffs sei technisch möglich, aber finanziell nicht stemmbar. (Das Schiff war 1933 im Bodensee versenkt worden – die billigste Art der Verschrottung.)
Paganini, Angestellter bei der Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft, war früher Hochseekapitän. Er hat Erfahrung mit Unterwasserrobotern. Seine Bemerkung löst unter Schiff-Fans in der Region einen wahren Hype aus – via Crowdfunding kommen über 200’000 Franken zusammen. Und aus einem Spruch wird ein Projekt.
Bei der Umsetzung kommt es aber zu schweren Problemen. Mitte April scheitert der erste Versuch, das Schiff zu heben: Ein Seil reisst, ein Tauchroboter ist defekt.
Und jetzt also die Katastrophe mit der abgestürzten Hebeplattform. Das sei «das Ende des Projekts», sagt Paganini am Sonntagmorgen: «Jetzt geht es nur noch um Schadensbegrenzung.»
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