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Cryptoleaks: Wusste Kaspar Villiger Bescheid?

Der ehemalige FDP-Bundesrat Kaspar Villiger soll von der Spionage mithilfe der Schweizer Crypto-Geräte gewusst haben. Foto: Keystone
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Die weltumspannende Spionage-Affäre rund um die Crypto AG erfasst nun auch den ehemaligen FDP-Bundesrat Kaspar Villiger. Er soll gewusst haben, dass die Zuger Firma von ausländischen Geheimdiensten kontrolliert wurde – und dass sie manipulierte Chiffriertechnik an die halbe Welt verkaufte. Villiger habe weggeschaut und geschwiegen.

Dieser Vorwurf geht laut der SRF-Redaktion «Rundschau» aus Dokumenten der Geheimdienste der USA und Deutschlands hervor. Die Unterlagen sind seit Monaten im Besitz von SRF, ZDF und «Washington Post».

Gestützt auf die Geheimdienstpapiere schrieb die «Washington Post» schon am Dienstag, dass Schweizer Behördenvertreter von der ausländischen Spionage-Operation mindestens gewusst haben: «Die CIA- und BND-Dokumente zeigen, dass Schweizer Behördenvertreter seit Jahrzehnten von den Beziehungen der Crypto AG zu US-amerikanischen und deutschen Geheimdiensten gewusst haben müssen.»

Namen nannte die «Washington Post» in ihrem Bericht jedoch keine. Alt-Bundesrat Villiger ist jetzt der Erste der angeblich hochrangigen Mitwisser in Bundesbern, der von den an der Recherche beteiligten Medien namentlich genannt wird. Die «Rundschau» hat die neuen Informationen am Mittwochnachmittag publiziert – in einer Vorabmeldung auf einen langen Dokumentarfilm, den sie heute Mittwochabend ausstrahlen wird.

Villiger: «Ich war nicht eingeweiht»

Der Luzerner Kaspar Villiger war von 1989 bis 2003 Mitglied des Bundesrats. In den ersten sechs Jahren, bis 1995, stand er dem Eidgenössischen Militärdepartement (EMD) vor, dem heutigen VBS. In dieser Funktion habe Villiger 1994 gewusst, dass die Crypto AG unter anderem der CIA gehöre, schreibt SRF. Trotz moralischer Bedenken habe der FDP-Bundesrat die Sache unter den Tisch gewischt: «Villiger wusste, wem das Unternehmen gehörte, und fühlte sich moralisch verpflichtet, dies offenzulegen», heisst es im CIA-Papier, das SRF zitiert. Trotzdem habe Villiger nichts unternommen. «Offensichtlich hat Villiger den Mund gehalten.»

Villiger, der heute 79 Jahre alt ist, dementiert diese Informationen vehement. «Ich war in diese nachrichtendienstliche Operation nicht eingeweiht», schreibt Villiger auf Anfrage dieser Zeitung. «Handlangerdienste für Drittstaaten, die den Ruf der Schweiz als verlässlich neutrales Land beschädigen können, hätte ich niemals gedeckt und auf jeden Fall im Bundesrat zur Sprache gebracht.»

Alles, was er über die Angelegenheit wisse, habe er in mehreren Gesprächen von der «Rundschau» erfahren. «Ich muss deshalb davon ausgehen, dass ich während meiner Amtszeit nicht hinreichend informiert worden bin.» Diese Aussage deutet darauf hin, dass Villiger heute zumindest nicht ausschliesst, dass untergebene Stellen – etwa die Nachrichtendienste im Militärdepartement – etwas von der Spionageoperation wussten.

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Er selber habe in dieser Angelegenheit «nie eine aktive Rolle» gehabt. Und es hätte auch «meinen staatspolitischen Überzeugungen widersprochen», den Gesamtbundesrat nicht über solche Vorgänge zu informieren, so Villiger. «Wer und was auch immer hinter den CIA-Notizen zu meiner Person stecken mag: Sie stimmen in dieser Form nicht, denn eine detaillierte Information über die neutralitätspolitisch problematische Übungsanlage hätte mich alarmiert und zur Information des Bundesrates veranlasst», schreibt Villiger.

Auch der frühere Zuger FDP-Nationalrat Georg Stucky kommt in den Dokumenten vor. Stucky war einerseits Mitglied des Nationalrats, andererseits sass er über zwanzig Jahre lang im Verwaltungsrat der Crypto AG. Laut den Dokumenten war er vom Crypto-CEO über die Spionage-Operation informiert worden.

Stucky konnte von dieser Zeitung für eine Stellungnahme nicht kontaktiert werden. Laut Angaben seiner Angehörigen geht es dem heute 89-jährigen Zuger Ex-Politiker und Ex-Crypto-Verwaltungsrat gesundheitlich schlecht. Er sei daher nicht in der Lage, Fragen zu den damaligen Ereignissen zu beantworten. Gegenüber SRF liess Stucky ausrichten: «An so etwas kann ich mich nicht erinnern.»