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Forderung der Arbeitgeber
Covid-Zertifikat am Arbeitsplatz: Wer dagegen ist und wer dafür

Schluss mit Masken am Arbeitsplatz: Unter anderem darum soll das Covid-Zertifikat auch im Job eingeführt werden können. 
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Google und Facebook machen Druck: Sie verlangen von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Impfnachweis, wenn diese wieder zurück ins Büro wollen. Und auch im Kanton Bern werden die Massnahmen im Gesundheitsbereich verschärft: Der Kanton hat eine dringliche Empfehlung herausgegeben, dass nicht geimpfte oder genesene Mitarbeitende regelmässig getestet werden.

Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt fordert eine Ausweitung der Anwendung des Covid-Zertifikats. Der Arbeitsbereich soll neu im orangen Bereich eingeteilt werden. Das würde den Arbeitgebern erlauben, Nachweise über regelmässige Tests, Impfung oder Genesung zu verlangen. Bisher ist das Arbeitsumfeld im grünen Bereich eingeteilt. Dort, wo analog zum öffentlichen Verkehr etwa keine Covid-Zertifikate eingesetzt werden dürfen.

Vogts Forderung stösst durchaus auf Sympathien. Die Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller und Mitglied der Gesundheitskommission sagt: «Ich kann den Wunsch nach einer Ausweitung des Covid-Zertifikats auf den Arbeitsplatz nachvollziehen. Aber es dürfte nicht absolut eingeführt werden.»

Heisst: Es soll den Arbeitgebern freigestellt sein, ob sie eine Zertifikatspflicht einführen oder nicht, aber nur in Verbindung mit einem Dialog mit den Arbeitnehmenden. «Wir müssen am Arbeitsplatz auch Verantwortung für unsere Kolleginnen und Kollegen übernehmen», sagt Häberli-Koller. In erster Linie sollte nach ihrer Ansicht die Impfkampagne des Bundes forciert werden. «Die hat Luft nach oben. Es muss den Leuten klargemacht werden, was drohen kann, wenn die Fallzahlen wieder ansteigen.»

Unterstützung erhält die Idee auch von Mitte-Nationalrat Lorenz Hess und Mitte-Ständerat Erich Ettlin. Hess spricht sich grundsätzlich für eine breite Anwendung des Zertifikats aus, wie er auf Anfrage sagt. Ettlin sagte gegenüber dem «Blick»: «Ich bin dafür, dass der Arbeitgeber Mitarbeitern mit einem Zertifikat Arbeitsvereinfachungen ermöglichen soll. Beispielsweise, ohne Maske arbeiten zu können.»

Kritik von Gewerkschaften

Anders sieht dies Ruth Humbel, Parteikollegin von Ettlin und Häberli-Koller. Die Mitte-Nationalrätin findet die Linie des Bundesrats richtig. Eine Ausweitung des Covid-Zertifikats auf den Arbeitsbereich sieht sie daher kritisch. «Wir sind da im Bereich des täglichen Lebens. Da sollte es keine Restriktionen über das Covid-Zertifikat geben», sagt Humbel.

GLP-Nationalrätin Melanie Mettler sagt: «Eine solche Forderung sagt auch etwas darüber aus, welches Verhältnis man mit seinen Mitarbeitenden pflegt.» Die beste Situation wäre, dass man seine Mitarbeitenden so zur Impfung motivieren kann – auch ohne Ausweitung des Anwendungsbereichs des Covid-Zertifikats.

«Wir hatten bisher während der ganzen Krise ein liberales Regime, das uns dazu brachte, immer wieder miteinander zu verhandeln», sagt Mettler. Dieser Dialog, und zwar ohne Zwang, sei auch in den Unternehmen die bevorzugte Lösung.

«Effektiv würde das heissen, dass man sich alle zwei Tage testen muss, wenn man nicht geimpft ist.»

Sprecher Unia

Komplett durch fällt die Idee bei den Gewerkschaften, also dem sozialpartnerschaftlichen Gegenüber von Vogts Arbeitgeberverband. Bei der Unia heisst es: «Effektiv würde das heissen, dass man sich alle zwei Tage testen muss, wenn man nicht geimpft ist. Das ist auf längere Sicht kein realistischer Plan», sagt ein Sprecher. So übertrage man den freien Entscheid, ob man sich impfen lässt oder nicht, den Arbeitgebern.

Dies führe im hierarchischen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einer faktischen Impfpflicht. «Wir unterstützen es sehr, dass sich die Bevölkerung impfen lässt.» Eine Ausweitung des Zertifikats auf die Arbeitsplätze gehe aber zu weit.

SGB: Rechtliche Grundlage fehlt

Ähnlich klingt es auch beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB: Das Zertifikat sei ein wichtiges Instrument zur Eindämmung der Pandemie und Öffnung der Wirtschaft. «Ob aber ein Arbeitgeber juristisch überhaupt das Vorweisen eines Zertifikats anordnen kann, ist zweifelhaft. Es fehlt jedenfalls eine explizite rechtliche Grundlage dafür, und Experten haben sich bereits negativ geäussert», sagt ein Sprecher.

Deshalb lehne der SGB eine generelle Pflicht für das Covid-Zertifikat und somit die generelle Impfpflicht klar ab. «Wichtig sind Freiwilligkeit und kein Druck seitens der Arbeitgeber. Die Frage ist am besten auf Branchenebene mit den Sozialpartnern und auf Basis von Freiwilligkeit zu lösen.»

Geht es nach Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt, soll das Covid-Zertifikat auch am Arbeitsplatz eingesetzt werden können.

Syna will Werbung mit Zertifikat bekämpfen

Auch die Syna kann einer Ausweitung nichts abgewinnen. «Ob sich jemand impfen lassen will oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung und darf nicht zu einer Benachteiligung führen», sagt eine Sprecherin. Und ergänzt: Auch Verwendungen des Zertifikats wie etwa als verkaufsförderndes Werbeelement «Kaufen Sie bei uns, hier sind alle Beschäftigten zertifiziert coronafrei» werde die Gewerkschaft aus Gründen des Datenschutzes und zur Verhinderung von Diskriminierung bekämpfen.

«Ich glaube, dass wir die Bevölkerung mit Aufklärung motivieren können, damit sie sich impfen lässt.»

SP-Nationalrätin Yvonne Feri

Unterstützung für die Gewerkschaften gibt es aus den Reihen der SP und der Grünen. SP-Nationalrätin Yvonne Feri sagt: «Ich habe grosse Mühe mit den Diskussionen, die nun geführt werden.» Sie sei grundsätzlich kritisch gegenüber dem Einsatz von Zertifikaten. Eine Ausweitung der Zertifikate auf den Arbeitsbereich sei für sie deshalb ein No-go.

Denn dadurch würde ein indirekter Impfzwang entstehen. «Ich glaube, dass wir die Bevölkerung mit Aufklärung motivieren können, damit sie sich impfen lässt», sagt Feri. Zudem warnt sie vor einem stark erweiterten Einsatz des Zertifikats. «Am Ende wird noch darüber diskutiert, ob wir nur mit Zertifikat einkaufen gehen dürfen.»

Grünen-Ständerätin Maya Graf sagt: «Die Firmen sollen auf den Dialog mit den Mitarbeitenden setzen.» Ein Hochstufen des Arbeitsbereichs in den orangen Bereich sieht sie als kritisch. «Das Zertifikat soll breit eingesetzt werden, das ist richtig. Aber nicht am Arbeitsplatz.»

Doch nicht nur von links gibt es Kritik. SVP-Nationalrat Thomas de Courten kann der Idee von Valentin Vogt gar nichts abgewinnen. «Ich kann nicht verstehen, wie man aus einer liberalen Haltung heraus so etwas fordern kann», sagt de Courten. Man setze damit mehr und mehr Druck auf. «Wir sind dabei, Leute zu stigmatisieren, die für sich die Entscheidung treffen, sich nicht impfen zu lassen. Das kann ich auf keinen Fall unterstützen», so de Courten.

Auch FDP-Nationalrat Marcel Dobler ist gegen den erweiterten Einsatz des Zertifikats: «Wenn die Impfungen frei verfügbar sind, braucht es keine Massnahmen wie die Ausweitungen für das Covid-Zertifikat.» Denn die Gefährdung der nicht geimpften 20 Prozent vulnerablen Personen sei deren freie Entscheidung. Dobler ist grundsätzlich kritisch gegenüber Massnahmen wegen Corona. Er würde lieber alle aufheben, wie er in einem Talk des «Nebelspalters» sagte.