Kommentar zur Untersuchung der Corona-LeaksZehn Monate Untersuchung und kein nennenswerter Erfolg
Mit dem Bericht zu den Corona-Leaks verfehlen die Parlamentarier ihre eigenen Ziele deutlich. Trotzdem zeigen sie kaum Selbstkritik.
Selten wurde in Bern so sehr auf Geheimhaltung gepocht. Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) wollten unbedingt vermeiden, dass ihr Bericht zu den Corona-Indiskretionen leakt. Sie hatten sich selbst hohe Ziele gesteckt: Nicht nur wollten sie klären, welche Corona-Indiskretionen es gab. Sondern auch, von wem sie stammten, an wen sie gingen – und welche Massnahmen Alain Berset und der Gesamtbundesrat ergriffen hatten, um sie zu verhindern.
500 Medienberichte hat die zuständige Arbeitsgruppe durchleuchtet. Das mag eine bemerkenswerte Fleissarbeit sein, die Frage ist nur: Was versprach sie sich konkret davon? Dass Informationen aus vertraulichen Dokumenten während der Pandemie vorab publik geworden waren – und zwar in diversen Medien –, war jedem aufmerksamen Leser längst klar. Dass die Analyse nicht aufzeigen würde, von wem die Indiskretionen stammen, ebenso. Medien schützen ihre Quellen, das gilt nicht erst seit der Pandemie.
Auch die zentrale Frage, ob Berset von den Indiskretionen gewusst hat, bleibt offen.
Deshalb ist es unverständlich, weshalb die Gruppe so wenige eigene Befragungen durchführte. Insgesamt wurden in zehn Monaten nur 16 Personen befragt. Trotz der Beteuerungen, dass man sich nicht nur auf das Innendepartement konzentrieren wollte, lud die Gruppe keine einzige Person aus einem anderen Departement vor (von den Bundesräten einmal abgesehen). Dies, obwohl die GPK einräumen, dass auch andere Departemente ein Interesse daran hatten, Informationen zu leaken.
Man habe «keine Fishing-Expeditionen» machen wollen, so die Begründung. Hätten die GPK sämtliche Mails der nahen Mitarbeitenden aller Bundesräte durchleuchtet, wäre dies tatsächlich unverhältnismässig gewesen. Was aber gegen Befragungen sprach, bleibt offen.
Hinzu kommt: Selbst in Bezug auf das Innendepartement resultieren nur bescheidene Erkenntnisse. Auch die zentrale Frage, ob Berset von den Indiskretionen gewusst hat, bleibt offen. Dass in seinen Mails kein Hinweis zu finden ist, beweist nicht, dass der Gesundheitsminister unwissend war.
Die GPK haben den Auftrag, den sie sich selbst erteilt hatten, in vielen Punkten nicht erfüllt. Trotz der wenigen Erkenntnisse kritisieren sie die Regierung – und die Medien – scharf. Ein bisschen Selbstkritik wäre eher angebracht.
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