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Jagdbezirke am Zürichsee
Corona erschwert diese Saison die Jagd auf Rehe

Weil auf Bewegungsjagden verzichtetet wird, sind die Hochsitze wie hier in Stäfa dieses Jahr stärker frequentiert.
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Es klingt paradox: Je weniger Rehe geschossen werden, desto gefährdeter sind die Tiere. So lautet die einfache Zusammenfassung eines komplexen Sachverhalts. Aber von Anfang an. Jedes Jahr legt der Kanton fest, wie viele Rehe jedes einzelne der 169 Reviere auf Zürcher Boden schiessen soll. Die Jagdgesellschaften geben jeweils den ungefähren Bestand an Tieren an, die Förster teilen mit, wie gross die Wildschäden in den Wäldern sind.

«Auf dieser Grundlage werden die minimalen Abschusszahlen festgelegt», sagt Jürg Zinggeler von der kantonalen Abteilung Fischerei und Jagd. «Wir haben seit Jahren stabile Zahlen, geschätzt 10’500 bis 11’000 Rehe im Kanton.» Stabile Bestände bedeuten auch stabile Abschusszahlen. Minimalabschüsse werden nur für die Rehe vorgegeben – weil das im gültigen Jagdgesetz von 1929 so festgehalten ist. Bei anderen Arten wie Schwarzwild sind die Gesellschaften selbst dafür verantwortlich, die Bestände zu regulieren – allerdings unter strengen Auflagen und unter Einhaltung der Schonzeiten.

Abschuss hat zwei Ziele

Sowohl der Kanton als auch die Jagdgesellschaften verfolgen beim Abschuss von Tieren zwei Ziele: Erstens wollen sie Schäden minimieren. Im Jagdbezirk Amt entlang der Albiskette habe sich beispielsweise Rotwild stark an Eiben zu schaffen gemacht. «Die Tiere haben die Rinde von den Bäumen geschält und bringen so ganze Baumbestände in Gefahr», erklärt Zinggeler. Zweitens wollen sie die Tiere schützen. Denn je mehr Tiere unterwegs sind, desto grösser ist die Gefahr, dass sich Krankheiten ausbreiten.

Um den Reh-Abschuss zu gewährleisten, werden vor allem sogenannte Bewegungsjagden – früher: Treibjagden – von Mitte Oktober bis Mitte Dezember durchgeführt. Mensch und Hund streifen durch die Wälder und scheuchen Wild auf, damit vorher positionierte Jäger es erlegen können. Nur: Dieses Jahr ist alles anders. Die Corona-Pandemie betrifft auch die Jägerschaft. Zwar dürften Bewegungsjagden mit bis zu 50 Teilnehmern durchgeführt werden, viele Gesellschaften haben sie aber abgesagt. Das Ansteckungsrisiko und jenes, nach einem Jagdtag in Quarantäne zu müssen, ist ihnen zu gross. Viele Jäger gehören zur Risikogruppe. Zinggeler schätzt, dass im gesamten Kanton rund 40 bis 50 Prozent der herbstlichen Bewegungsjagden gecancelt wurden.

Stundenlanges Warten

Hanspeter Reifler, Obmann des Jagdbezirks Amt und Mitglied der Jagdgesellschaften Thalwil/Oberrieden sowie Langnau, hat im Oktober noch an zwei Gesellschaftsjagden teilgenommen. «Das Schutzkonzept konnten wir im Wald problemlos einhalten», sagt er. Solche Jagden seien ohnehin straff organisiert und die gesetzlich vorgegebenen Gruppengrössen überschaubar. Bei den Anlässen stand die Jagd im Vordergrund, auf den gesellschaftlichen Teil musste verzichtet werden. Im November dann seien viele Jagden abgesagt oder in reduziertem Rahmen durchgeführt worden.

Laut Reifler sind in seinem Bezirk bislang 631 Rehe erlegt respektive getötet worden – rund 30 Prozent durch Autounfälle oder andere Ursachen. Das vorgeschriebene Minimum, 80 Prozent der Zuwachsrate zu dezimieren, sei damit erreicht. Aktuell schiessen die Jäger Rehe, Füchse und Hirsche. Letztere kommen im Jagdbezirk Amt vor allem am Albis und im Höhronengebiet vor.

Tiere haben sich zurückgezogen

Führt eine Gesellschaft keine Bewegungsjagd durch, bedeutet das mehr Aufwand. Denn: Die Jäger müssen versuchen, die Rehe beim Ansitz zu erlegen. Das ist aufwendig und mit stundenlangem stillem Warten verbunden, bis sich die Rehe zeigen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem Nachtjagdverbot, das im Kanton Zürich das Gesetz über Jagd und Vogelschutz vorschreibt. Gemäss einer kürzlich verfügten Präzisierung darf Rotwild bis eine Stunde nach dem kalendarischen Sonnenuntergang respektive vor Sonnenaufgang geschossen werden. Aktuell ist es deshalb verboten, zwischen 17.36 und 6.55 Uhr auf Rehe zu schiessen. Ausgenommen ist das Erlegen von verletzten und kranken Tieren.

Stefan Schleich, Obmann des Jagdbezirks Pfannenstiel und Aufseher der Jagdgesellschaft Stäfa, ist in diesen Tagen fast täglich im Wald. «Man hat wenig Anblick», sagt er im Waidmansjargon. Weil Corona-bedingt die Wälder von mehr Erholungsuchenden frequentiert werden, haben sich die scheuen Wildtiere zurückgezogen. Für die Stäfner Jagdgesellschaft ist es nicht ungewöhnlich, die Rehe über Ansitz und Pirsch zu erlegen. Die Gesellschaft verzichtet seit über fünfzehn Jahren auf die effizientere Bewegungsjagd – aus Sicherheitsgründen und weil das eingesetzte Schrot im Wildbret unerwünscht sei.

Zögerlicher Abgang

Insgesamt stellt Schleich einen eher zögerlichen Abgang in seinem Jagdbezirk fest. Bislang wurde in 6 von 21 Jagdrevieren die Mindestabschusszahl erreicht. Er geht aber wie sein Kollege Hanspeter Reifler vom Amt davon aus, dass der von der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung geforderte Minimalabschuss bis Ende Jahr erreicht wird. Sollten einzelne Jagdreviere im Kanton dieses Ziel nicht erreichen, würde der Kanton sich erst bei einer Wiederholung einschalten. «Wegen eines Jahres, in dem die Zahlen nicht erfüllt werden, sind noch keine grösseren Schäden an Wald und Wild zu erwarten», sagt Jürg Zinggeler.