Klarer Ausstieg fehlt weiterKlimakonferenz einigt sich auf Aufruf zur Abkehr von fossiler Energie
In Dubai ruft die Weltgemeinschaft erstmals an einer Uno-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Energieträgern auf. Ein klarer Ausstieg fehlt aber weiter im Abschlusstext.
Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer UN-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg («Phase out») kommt in dem am Mittwoch in Dubai verabschiedeten Abschlusstext aber nicht vor.
Der Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber erhob sich vor dem Plenum strahlend, applaudierte und sprach von einem «historischen Paket». Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Gemeint ist das 2015 international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dies hatten viele Klima-Experten und Umweltschützer zuvor in Zweifel gezogen.
Nachsitzen in Dubai
Die ganze Nacht über hatte Konferenz-Präsident Sultan al-Dschaber Konsultationen abgehalten, Ländergruppe für Ländergruppe. In den Verhandlungen in Dubai stand Saudi-Arabien auf der Bremse, zusammen mit einer überschaubaren Gruppe anderer Länder.
Einen ersten Textentwurf hatte ein breites Bündnis rundweg abgelehnt. Inselstaaten, Europäer, die USA und auch Brasilien verlangten eine viel klarerer Sprache – vor allem mit Blick auf einen Abschied von fossilen Energieträgern. Denn darum geht es in diesen letzten Stunden: Kann sich die Welt aufraffen, an die Wurzel ihres Klimaproblems zu gehen? Setzen die Staaten gemeinsam der Förderung von Kohle, Erdöl und Gas eine letzte Frist? Allerdings: Auch dem Geschäftsmodell der ölreichen Staaten würde das ein Verfallsdatum setzen. Und darum wogt der ganze Streit.
Klarer als die erste Version
Gegen 4.30 Uhr am Mittwochmorgen präsentiert al-Dschaber einen neuen Vorschlag für das zentrale Dokument des Gipfels, die «globale Bestandsaufnahme». Sie soll den Staaten Klarheit geben, was sie in den nächsten Jahren tun müssen, damit sie gemeinsam überhaupt noch die Chance haben, die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Der Abschnitt zu fossilen Energieträgern ist darin schon klarer als in der ersten Version. Aber nicht so klar, wie es sich die fortschrittlichen Staaten gewünscht hatten. Sie verlangen ein «phase out», ein Auslaufen der Fossilen.
Stattdessen ist da nun die Rede von einem «Übergang weg von fossilen Energieträgern», mit dem Ziel, bis 2050 netto Null Emissionen zu erreichen. Damit wäre es immer noch möglich, auch länger fossile Energieträger zu fördern – wenn nur die Emissionen, die damit verbunden sind, irgendwie kompensiert werden. Kohlendioxid liesse sich der Atmosphäre entziehen, Bäume liessen sich pflanzen. Hauptsache, unter dem Strich bleiben netto Null Emissionen. Diese Tricksereien wollen Europäer und Inselstaaten eigentlich verhindern.
Experten sehen deutlichen Schritt vorwärts
Anders als im ersten Entwurf werden die Staaten nun aufgefordert, zu den «globalen Anstrengungen beizutragen», zu denen neben dem fossilen Übergang auch die Verdreifachung erneuerbarer Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 zählen. Das ist schon deutlicher als im ersten Entwurf, dem zufolge die Staaten handeln «konnten», aber nicht «sollten». Aber es bleibt immer noch sehr vage.
Experten sehen in alldem aber schon einen deutlichen Schritt vorwärts. Der Text enthalte eine klare Aufforderung an die Staatengemeinschaft, sagt Melanie Robinson, Klimaexpertin beim World Resources Institute. «Das würde die Dinge im Kampf gegen den Klimawandel dramatisch verändern.» Die Interessen der Öl- und Gaswirtschaft liessen sich so überwinden. Umweltschützer dagegen sind noch nicht zufrieden. «Wir brauchen mehr Verbindlichkeit in den Beschlüssen», fordert Martin Kaiser, der Chef von Greenpeace Deutschland. Zumal auch von anderer Seite noch Druck drohe. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Saudi-Arabien damit zufrieden ist», sagt Kaiser. «Die werden versuchen, das rauszuverhandeln.»
Saudi-Arabien jedenfalls ist für alles gerüstet. Neben den grossen Bildschirmen hatte das Königreich auch Veranstaltungen rund ums Klima angeboten, eine davon zur «Klimazukunft»: darüber, wie es sich im drei Grad wärmeren Saudi-Arabien noch gut leben lässt.
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