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Chart-Erfolg von Oliver Anthony
Sein Hit über die Machtelite stürmt die US-Charts – zur Freude der Ultrarechten

Singt über die mächtigen Eliten in Washington: Folk-Sänger Oliver Anthony.
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Bei Fox News waren sie sofort sehr begeistert, also schickten sie einen Reporter los, um bei einem Konzert von Oliver Anthony das einzufangen, was man beim konservativen US-Sender Vox Pop nennt. Stimmen aus dem Volk.

Da wäre etwa die blonde Frau mit Sonnenbrille, welche die Werbefahne eines Restaurants in die Kamera hält: «Höchste Zeit, dass jemand ausspricht, was gerade los ist!» Ein kleiner Junge, circa spätes Grundschulalter: «Er sagt die Wahrheit.» Eine Frau im Sommerkleid: «Niemand will die Wahrheit hören, und hier haben wir einen, der sie ausspricht.» Der Wahrheitsüberbringer: ein Folk-Sänger. Titel seines Songs: «Rich Men North of Richmond».

Angeblich 8 Millionen Dollar abgelehnt

Der Kulturkampf 2023 hat also seinen Soundtrack, aktuell zu finden auf Platz eins der US-Billboard-Single-Charts. Und die Wahrheit, genauer gesagt das, was ein Teil der amerikanischen Bevölkerung gerade dafür hält, hat einen neuen Posterboy: Oliver Anthony, bürgerlich Christopher Anthony Lunsdorf.

Laut amerikanischen Medien, die sich auf einen sehr langen Post des Sängers beziehen, ein Highschool-Abbrecher, der sich während der Arbeit in einer Papierfabrik den Schädel gebrochen haben soll, sechs Monate arbeitslos war, depressiv und schwerer Trinker. Angeblich hat er 8 Millionen Dollar von einer Plattenfirma abgelehnt.

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Alles nicht ganz leicht zu verifizieren. Kaum jemand kannte Lunsdorf als Musiker bislang. Er ist der erste Künstler, der es ohne einen vorherigen Hit an die Chart-Spitze geschafft hat. Angeblich lebt er in einem Wohnwagen in Farmville, Virginia.

Dort hat er auch das Video aufgenommen, das fast alles erzählt, was man über die Institution des Protestsongs gerade wissen muss. Lunsdorf steht da vor sattgrünen Bäumen, Hunde liegen zu seinen Füssen, in der Hand eine Resonator-Gitarre. Prächtiger, rotstichiger Bart, prächtige, rotstichige Stimme. Singt zunächst ein paar Stereotype, in der Ästhetik eher linksangehauchte Arbeiterklassen-Folk-Erzählung: Schuften für einen Hungerlohn. Dann schnell heim, Sorgen ertränken.

Man muss dem inhaltlich nicht zustimmen, aber der lyrische Kunstgriff ist recht gekonnt.

Dann wandelt sich das Ganze vom sozialen in einen politischen Widerstand. «These rich men north of Richmond», singt Anthony, «lord knows they all just want to have total control.» Die Reichen nördlich von Richmond wollen alle nur die totale Kontrolle. Man muss dem inhaltlich nicht zustimmen, aber der lyrische Kunstgriff ist recht gekonnt.

Nördlich von Richmond liegt Washington D.C., der Sitz der amerikanischen Regierung, und wenn die Reichen dort die Kontrolle wollen, dann ist das jener zentralistische Machthunger, der angeblich die Bundesstaaten und Countys entmündigt. Der Entscheidungen weit weg von den vermeintlich echten Menschen mit den vermeintlich echten Problemen trifft und sie zur Finanzierung der fehlgeleiteten Politik mit Steuern ausblutet und weiter ihrer Unabhängigkeit beraubt: «‹Cause your dollar ain't shit, and it's taxed to no end.»

Der erfolgreiche Protestsong 2023 besingt also weiterhin nicht soziale Ungerechtigkeit, er kämpft nicht für die Schwachen und Abgehängten. Er bekämpft masslose Umverteilung und Sozialpolitik, er prangert die «obese milking welfare» an, die den fetten Arbeitslosen ihre Kekse («fudge rounds») finanziert.

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Die amerikanische Rechte war sofort elektrisiert. «Kann mich nicht erinnern, wann ein Song mich derart berührt hat», schrieb Jack Posobiec (2,2 Millionen Follower bei X, vormals Twitter), Moderator, Alt-Right-Aktivist, Anhänger diverser Verschwörungsmythen.

«You can't fake authentic», liess der rechtskonservative Podcaster Joe Rogan (knapp 18 Millionen Follower bei Instagram) wissen. Resultat der Schützenhilfe: 32 Millionen Aufrufe auf Youtube für den Song. Fast 900'000 Menschen folgen Oliver Anthony allein auf Instagram. Seinen X-Account hat er seit August 2023. Er wolle es langsam angehen, sagt er in einem Video dort. Kleine Konzerte spielen. Sich Zeit nehmen, um alle Besucher kennen zu lernen, ihnen zuzuhören, ihre Geschichten zu erfahren. «Es geht um euch», sagt er auch noch.