Was wir lesen: «Butter» von Asako YuzukiMord, Männer, Margarine
Unsere Autorin überlegt sich beim Lesen dieses Romans mehrmals, das Bett zu verlassen – und eine Schale Butterreis zu kochen.
Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie jemandem beim Essen eines Apfels zuschauen und sofort auch einen Apfel haben wollen? Oder eine Pastawerbung sehen und gleich Spaghetti kochen möchten? Gewisse Lebensmittel will man einfach essen, sobald man daran erinnert wird. Butter jedoch gehörte für mich nicht dazu – bis ich den Roman «Butter» von Asako Yuzuki las. Darin vermag es die japanische Autorin nämlich, Gerichte und insbesondere Buttergerichte so greifbar zu beschreiben, dass ich beim Lesen mehr als einmal überlegte, wieder aus dem Bett aufzustehen, um mir eine Schale Butterreis zu kochen, wie es die Protagonistin Rika im Roman tut.
Das, obwohl die junge Tokioter Journalistin eigentlich gar nicht essbegeistert ist – im Gegenteil: Zu Beginn der Erzählung ist Rika stets darauf bedacht, nicht zuzunehmen und nur möglichst kleine Portionen zu essen; überhaupt vernachlässigt sie ihr eigenes Wohlbefinden. Das ändert sich jedoch, als Rika beginnt, die des Mordes an drei Männern angeklagte Manako Kajii im Gefängnis zu besuchen. Rika möchte die Beschuldigte unbedingt für ein Exklusivinterview gewinnen, also lässt sie sich auf die Forderungen der Frau ein, die reihenweise Männer mit ihren Kochkünsten verführt und dann umgebracht haben soll. So verlangt Manako Kajii, dass Rika nicht nur viel exklusive Butter kauft, kocht und isst, sondern sie schickt sie auch in teure Restaurants und auf Reisen durchs Land – und verändert damit Rikas Beziehung zu Männern, zu Frauen und vor allem zu sich selbst.
Denn «Butter» ist nur vordergründig eine Geschichte über Mord und Essen, vor allem geht es darin um weibliche Idealbilder und die Erwartungen, denen Frauen sich nicht nur in der japanischen Gesellschaft von klein auf ausgesetzt sehen.
Dabei erscheint die selbstbestimmte Manako Kajii aber keineswegs als simple Befreierin – an einer Stelle heisst es, sie verabscheue nur zwei Dinge: «Feministinnen und Margarine» –, vielmehr ist es Manakos eigenwillige Komplexität, die simple Frauenvorstellungen herausfordert. Auch Rika ist nicht einfach die Asketin, die auf einmal die sinnliche Welt entdeckt, sondern die Protagonistin findet mitunter mühsam ihren eigenen Weg, wie sie sich in der Welt und zum Essen verhalten soll – und manchmal heisst das eben, jetzt gleich ein wenig Butter zu essen.
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