Urteil zu «Extinction Rebellion»Bundesgericht bestätigt Befangenheit von Zürcher Richter
Der Zürcher Bezirksrichter Roger Harris darf definitiv nicht mehr über Klimaschützer urteilen. Er habe sich mit ihnen solidarisiert, urteilt das Bundesgericht.

Das Bundesgericht hat einen Richter des Bezirksgerichts Zürich für befangen erklärt und gesperrt. Er hatte im September 2022 eine Klimaaktivistin von «Extinction Rebellion» vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen. Die Frau war im Oktober 2021 an einer Strassenblockade in der Zürcher Innenstadt beteiligt.
Bei der Urteilseröffnung sagte er ihr vor Publikum, dass sie sich nicht einschüchtern lassen solle. «Machen Sie weiter so.» Den Kindern der Klimaaktivistin gab er ausserdem mit, dass sie «stolz sein könnten auf ihre Mutter».
Mit Klimaschützern solidarisiert
Das Bundesgericht kommt in seinem am Freitag publizierten Urteil zum Schluss, dass sich der Richter ganz offensichtlich mit den Klimaschützern solidarisiert habe. Damit habe er, bewusst oder unbewusst, den Eindruck erweckt, dass seine freie Meinungsbildung – auch bei künftigen, ähnlichen Fällen – beeinträchtigt sein könnte.
Dass er bei Klimafällen in den Ausstand treten muss, hält das Bundesgericht deshalb für richtig. Den Antrag, ihn von solchen Fällen abzuziehen, stammte von der Zürcher Staatsanwaltschaft, die seit mehreren Jahren immer wieder Klimaaktivisten vor Gericht bringt.
Das Obergericht genehmigte diesen Ausstandsantrag – sehr zum Missfallen der freigesprochenen Klimaaktivistin. Sie zog vor Bundesgericht, um zu erreichen, dass ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter ebenfalls von diesem Richter beurteilt werden. Nun werden jedoch andere Richter diese Fälle übernehmen.
«Für seine Ansichten einstehen»
Der betroffene Richter betonte bei einer Befragung für das Ausstandsverfahren, dass er die Klimaschützerin natürlich nicht dazu aufgefordert habe, künftig wieder an Kundgebungen teilzunehmen.
Er habe lediglich sagen wollen, dass es wichtig sei, für seine Ansichten einzustehen, solange dies gewaltfrei und im Rahmen des Erlaubten passiere. Die meisten Menschen würden viel zu wenig Interesse an Politik und Themen unserer Zeit haben, «sondern ihre Zeit lieber sinnlos hinter Bildschirmen vergeuden».
Um seine Sperrung zu verhindern, wandte sich der Richter selber ebenfalls ans Bundesgericht. Dieses kam aber zum Schluss, dass er zur Beschwerde gar nicht befugt sei.
Urteil 7B_601/2023
tif/sda
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