Nach neuen EnthüllungenBundesanwaltschaft will Sonderermittler zu Bersets Erpressungsfall
Die Strafverfolgungsbehörde beantragt die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts, der eine mögliche Amtsgeheimnisverletzung untersuchen soll.
Ziemlich sicher haben die neuesten Enthüllungen in der Erpressungsaffäre um Bundesrat Alain Berset strafrechtliche Folgen. Mitte Woche hat die «Weltwoche» dem sozialdemokratischen Innenminister schwere Vorwürfe gemacht.
Nun aber will die Bundesanwaltschaft (BA) nicht deswegen ermitteln, sondern wegen einer möglichen Amtsgeheimnisverletzung. Sie hat am Freitag bei der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts beantragt. Dies teilte die BA auf Anfrage mit.
Erfolglose Sonderermittler
Der Sonderermittler soll abklären, ob Akten zum Fall, die dem Amtsgeheimnis unterstehen, unbefugt weitergegeben wurden. Die «Weltwoche» stützt sich bei ihren von Bersets Seite bestrittenen Anschuldigungen auf Unterlagen aus einem abgeschlossenen Strafverfahren wegen eines Erpressungsversuchs. In dieser Untersuchung war eine Frau, die den Bundesrat zu erpressen versucht hatte, Ende 2020 zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden.
Strafverfahren wegen mutmasslicher Amtsgeheimnisverletzungen gibt es immer wieder, zuletzt vermehrt mit Sonderermittlern. Meist enden die Ermittlungen ergebnislos. Journalistinnen und Journalisten können sich auf Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis berufen.
Berset schweigt
An seiner ersten Medienkonferenz seit den neuen Schlagzeilen über seine angeblichen Verfehlungen äusserte sich Berset nicht weiter zur Erpressungsthematik, obschon er von Journalisten mehrfach darauf angesprochen wurde. Insbesondere wollte er die konkretesten Vorwürfe des «Weltwoche»-Autors und Ex-SVP-Nationalrats Christoph Mörgeli – den möglichen Einsatz enger Mitarbeiter für eine Privatsache und allfällige Falschangaben seines Anwalts im Strafverfahren – nicht kommentieren. Der Bundesrat und sein Umfeld verfolgen offensichtlich die Strategie, die Sache auszusitzen.
An der Medienkonferenz am Freitag nachmittag, die Corona-Massnahmen gewidmet war, verwies Berset auf seine Stellungnahme vom vergangenen November, der er nichts hinzuzufügen habe. Damals hatte er betont, dass der Erpressungsversuch keinen Einfluss auf seine Tätigkeit gehabt habe. Er sei nicht erpressbar gewesen.
Auch in der Bundesrats-Sitzung am Freitag morgen sei der Fall kein Thema gewesen, sagte Bundesratssprecher André Simonazzi.
Blocher «erschrocken»
Geäussert hat sich ein Alt-Bundesrat. Christoph Blocher sagte auf dem nach ihm benannten Video-Kanal, er sei «erschrocken», als er den «Weltwoche»-Text gelesen habe. Der SVP-Doyen bezeichnete als den heikelsten Punkt, dass der Bundesapparat eingesetzt worden sei, «um einen privaten Fall abzuwehren».
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