Bund will HIV vollständig eliminieren
Die Zahl der HIV-Ansteckungen sinkt weiter: 2018 wurden weniger als 500 neue Fälle gemeldet. Das Ziel lautet nun, das Virus ganz zu eliminieren.
«Das ist eigentlich eine gute Nachricht», sagt Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor den Medien. Dabei handelt es sich auch um eine Erfolgsgeschichte – eine für die Gesellschaft positive Entwicklung, die vor 20 oder 25 Jahren noch völlig undenkbar gewesen war. Seit 2002 gibt es immer weniger HIV-Diagnosen. Mit 425 gemeldeten Fällen ist die 500er-Marke letztes Jahr zum zweiten Mal in Folge deutlich unterschritten worden. Die Zahl der HIV-Neudiagnosen liegt bei 5 pro 100'000 Einwohner. Das entspricht schweizweit einem Rückgang von 30 Prozent seit 2013.
Koch will zwar die Bekämpfungs- und Präventionspolitik gegen HIV nicht explizit loben, aber er bestätigt: «Die deutliche Abnahme der HIV-Neudiagnosen verweist auch auf die Wirksamkeit der Schweizer Präventionspolitik.» Im Alltag heisst dies vermehrtes Testen, vor allem der besonders exponierten Personengruppen, frühzeitiger Therapiestart und eine gute Begleitung der Patientinnen und Patienten.
Menschen, die sich infiziert haben, werden laut Koch früher entdeckt; sie übertragen dank medikamentöser Behandlung das Virus meistens nicht mehr weiter.
Hotspots Zürich und Genf
Die neuen BAG-Zahlen zeigen zudem, dass die Zahl von Neuinfektionen in den Agglomerationen Zürich und Genf am höchsten ist. Koch erklärt dies mit den in diesen Städten relativ grossen Homosexuellenszenen – dort sei das Ansteckungsrisiko nach wie vor relativ gross. «Wir fokussieren deshalb auf diese Hotspots in der Prävention. Da sind die Angebote sehr gut in der Schweiz», sagt Koch.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will HIV bis 2030 eliminieren. Koch sagt, «das ist möglich». Ziel sei es, Aids-Fälle weltweit zu verhindern. Dies sei nicht gleichbedeutend mit der Ausrottung des HI-Virus. In der Schweiz habe man – so gesehen – das Ziel bereits erreicht. Denn dass eine HI-Virusinfektion in eine Aidskrankheit mündet, gibt es hierzulande kaum mehr. Für Koch ist das aber nicht genug: «Wir zählen immer noch mehr als eine HIV-Ansteckung pro Tag. Das ist zu viel.»
Ob es gelingen werde, mit den heutigen Instrumenten die Zahl der HIV-Neudiagnosen auf null zu bringen, das sei eine schwierige Frage. «Theoretisch sicher, ja», sagt Koch. Wolle man das Virus gänzlich eliminieren, müsse man im gleichen Stil weiterarbeiten wie bisher. «Vielleicht kommen eines Tages noch bessere Medikamente dazu, vielleicht sogar eine Impfung», hofft Koch. Nehme man alle Instrumente zusammen, sei es sicher möglich, das Virus zu eliminieren. Aber dies werde wohl noch Jahre dauern.
Wie werden Medikamente genutzt?
Hoffnung wecken Medikamente, die Neuansteckungen verhindern. Werden diese präventiv eingesetzt, schützen sie vor einer HIV-Infektion. «Das ist aber nur bei Risikogruppen möglich», sagt Koch. Laut einer Schätzung benutzten im vergangenen Jahr 1500 Personen diese Art Prävention. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Männer, die Sex mit Männern haben.
Derzeit läuft in Zürich eine vom BAG finanzierte Studie. Diese soll aufzeigen, wie diese sogenannten Prep-Medikamente benutzt werden und ob es damit möglich ist, dem Ziel einer HIV-Eliminierung näher zu rücken. Den alten Erfolgspfad der Prävention und Aufklärung will Koch jedoch weiterverfolgen. Bereits nächsten Monat wird er eine neue, breite HIV-Informationskampagne präsentieren. Denn nach wie vor gilt: HIV-infizierte Personen lassen sich heute zwar gut behandeln, aber noch immer nicht heilen. Gefragt sei nach wie vor Selbstverantwortung.