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Ukraine-Flüchtlinge in der Schweiz
Bund will bis zu 3000 weitere Schlafplätze für Geflüchtete schaffen

Eine Geflüchtete sitzt mit ihrem schlafenden Kind in einem Bus am Flughafen in Zürich. (22. März 2022)
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Der Bund wird nach einer Schätzung des Staatssekretariats für Migration (SEM) wohl weitere 2000 bis 3000 Plätze schaffen müssen, um Geflüchtete aus der Ukraine unterbringen zu können. Auch der Personalbedarf ist nach wie vor hoch.

Bei den Schlafplätzen des Bundes geht es um Angebote für Menschen, die noch nicht auf die Kantone verteilt sind. «Wir haben immer noch Probleme und müssen zum Teil auf provisorische Unterkünfte ausweichen», sagte David Keller, Leiter des Krisenstabs Asyl im SEM, am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Bern.

Bereits in den vergangenen Wochen hatte der Bund die Bettenzahl auf 9000 erhöht. Was die Registrierung von Personen angeht, die den Schutzstatus S beantragen, hat das SEM nach eigener Aussage Fortschritte erzielt. Inzwischen gebe es keine oder nur noch kurze Warteschlangen, sagte Keller. Zur Entlastung beigetragen habe die Online-Anmeldung. Seit Anfang dieser Woche würden entsprechende Termine vergeben.

Es sei nach wie vor nötig, zusätzliches Personal zu engagieren, betonte Keller. Inzwischen würden rund hundert Angestellte des Bundes aus anderen Bereichen der Verwaltung in Bundesasylzentren eingesetzt, zudem habe man Temporär-Mitarbeitende angestellt.

28'354 Gastfamilien bieten 69'648 Betten für Flüchtlinge an

Im Moment bieten 28'354 Gastfamilien in der Schweiz 69'648 Betten für Flüchtlinge aus der Ukraine an. Innerhalb von zehn Tagen hat die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) 1300 Geflüchtete in 537 Gastfamilien platziert.

Diese Art der Platzierung sei nicht die schnellste Variante, den Geflüchteten ein Dach über dem Kopf zur Verfügung zu stellen, sagte SFH-Direktorin Miriam Behrens am Donnerstag vor den Medien in Bern. Über die Kantone gehe das schneller.

«Wir müssen aber zuerst die Strukturen aufbauen und die Prozesse klären», betonte sie. Der Personalaufbau benötige etwas Zeit. Gleiches gelte für die Vermittlungsdesks in den sechs Bundeszentren. Eine Vermittlung am Desk nehme 60 bis 90 Minuten in Anspruch.

Es müsse sichergestellt werden, dass Geflüchtete nicht in gefährliche Situationen vermittelt würden. Deshalb verlange man von den Gastfamilien etwa auch einen Strafregisterauszug, sagte Behrens. Sie riet dringend davon ab, aus Ungeduld direkt an Bahnhöfe zu gehen und Flüchtlinge abholen, sonst öffne man Tür und Tor für Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Deza-Vizechef prangert «mittelalterliche Belagerungen» an

In der Ukraine spielt sich nach Einschätzung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) eine humanitäre Tragödie ab – mit schweren Verstössen gegen das Völkerrecht.

Die Genfer Konventionen würden mit Füssen getreten, sagte Manuel Bessler, Stellvertretender Direktor der Deza und Delegierter des Bundesrates für humanitäre Hilfe am Donnerstag vor den Bundeshausmedien in Bern. Schulen, Spitäler und Wasserversorgungen würden bombardiert. Die Belagerung von Städten wie Mariupol gemahne an das Mittelalter.

Die Schweiz bemüht sich laut Bessler, Hilfsgüter möglichst nahe zu den notleidenden Menschen zu bringen – wegen der Belagerungen erreiche die Hilfe aber ausgerechnet jene nicht, die sie am nötigsten hätten. In Mariupol seien 100'000 Menschen von jeglicher Versorgung abgeschnitten.

Inzwischen seien rund 500 Tonnen Material ins Krisengebiet gebracht worden, zwei Lieferungen seien mit der Bahn aus Polen nach Kiew gegangen, so Bessler. Der Vizechef der Deza hatte Bundespräsident Ignazio Cassis auf dessen Reise nach Polen und Moldawien begleitet.

Ein weiterer Schwerpunkt sei der Aufbau von Kapazitäten in der Republik Moldau, sagte Bessler. Denn man müsse befürchten, dass die russische Armee versuchen werde, die Ukraine vom Schwarzen Meer abzuschneiden, und auch die Hafenstadt Odessa anzugreifen. In diesem Fall rechne man damit, dass weitere rund 300'000 Menschen vertrieben würden und es zu einer Fluchtbewegung Richtung Süden komme.

Kurzfristig wird Besslers Angaben zufolge die humanitäre Hilfe der Schweiz aus dem dafür vorgesehenen Budget finanziert, es stehen rund acht Millionen Franken zur Verfügung. Vorletzte Woche beantragte der Bundesrat dem Parlament zudem einen Nachtragskredit von 80 Millionen Franken.

Keller-Sutter: «Es werden noch viele kommen»

Justizministerin Karin Keller-Sutter wagt derzeit keine Prognose, wie viele Menschen wegen des russischen Angriffs in die Schweiz kommen werden. Denn man wisse nicht, wie lange der Krieg noch dauern werde. «Wir müssen uns darauf einstellen, dass noch viele kommen», sagte die Bundesrätin am Donnerstag in Basel an einer Medienkonferenz. Kurz nach Kriegsausbruch habe es bei einem Treffen der zuständigen EU-Minister die Schätzung gegeben, dass insgesamt rund 5 Millionen Menschen fliehen könnten. Nun hätten es innert eines Monats bereits 3,6 Millionen Menschen getan.

Vor dem Auftritt hatte Keller-Sutter das Bundesasylzentrum in Basel besucht. In Gesprächen mit Betroffenen habe sie gemerkt, dass sich die Geflüchteten eine möglichst schnelle Rückkehr in die Heimat wünschten, sagte Keller-Sutter. Wenn sie die Bilder der Zerstörungen in der Ukraine sehe, halte sie dies jedoch leider nicht für realistisch.

Die Geflüchteten hätten sich in Gesprächen dankbar gezeigt – und betont, sie wollten niemandem zu Last fallen, sagte Keller-Sutter weiter. Die Bundesrätin hatte das Bundesasylzentrum in Basel gemeinsam mit der Staatssekretärin Christine Schraner Burgener besucht. Dies, um sich vor Ort ein Bild der Registrierung und Unterbringung der Schutzsuchenden zu machen.

SDA/aru