Geldsorgen in OberriedenBürgerliches Bündnis will Schuldenbremse in der Verfassung verankern
Eine bürgerliche Interessengemeinschaft will in Oberrieden «disziplinierende Massnahmen» zur Bekämpfung
der Geldprobleme in der Gemeindeordnung fixieren. Der Gemeinderat hat andere Pläne.
In Oberrieden steht, wie in allen Zürcher Gemeinden, die Revision der Gemeindeordnung an. Sie muss bis Ende 2021 mit dem neuen, kantonalen Gemeindegesetz in Einklang gebracht werden. Eine bürgerliche Interessengemeinschaft der örtlichen FDP, SVP, CVP und GLP sah dies als Chance. Ihr ist die Oberriedner Finanzsituation ein Dorn im Auge. Bereits an der letztjährigen Gemeindeversammlung zum Budget fielen aus den Reihen der SVP und der FDP kritische Voten zur Finanzplanung der Gemeinde. Die Verschuldung Oberriedens beläuft sich auf rund 40 Millionen Franken.
Während der öffentlichen Vernehmlassung der neuen Gemeindeordnung von Mitte August bis Mitte Oktober forderte das Parteibündnis den Gemeinderat deshalb auf, sich eine «selbstdisziplinierende Massnahme» aufzuerlegen. Die Parteien meinten damit etwa eine Schuldenbremse oder einen Zielwert zur Selbstfinanzierung von Investitionen. Die Massnahme gelte es, in der Gemeindeordnung zu verankern. Die konkrete Form der Massnahme habe man offengelassen, sagt Benjamin Schenk, Präsident der FDP Oberrieden. Er könne sich etwa auch Modelle aus anderen Gemeinden vorstellen. In der Parlamentsgemeinde Uster etwa sei bei Investitionen ab einem bestimmten Umfang eine Zweidrittelmehrheit in der Legislative nötig.
«Absurde Situation»
Der Gemeinderat berief Mitte November ein Gespräch mit einem unabhängigen Finanzberater und den Antragstellenden ein. Zu ihnen gehörten nebst der bürgerlichen Interessengemeinschaft auch die SP Oberrieden sowie eine Privatperson, die ebenfalls die Verankerung konkreter Massnahmen in der Gemeindeordnung forderten. Die SP blieb aber vage und überliess es dem Gemeinderat, selber eine Vorgehensweise zu bestimmen.
Benjamin Schenk war an diesem Treffen dabei: «Man hat schnell gemerkt, dass der Gemeinderat gegen unseren Vorschlag war, weil er seinen Handlungsspielraum einschränkt», sagt er. Das Gespräch endete sodann nicht im Sinne der Antragsteller. Anstelle der Verankerung einer Massnahme in der neuen Gemeindeordnung sieht der Gemeinderat nämlich vor, «allfällige finanzpolitische Massnahmen zur Ausgabenbegrenzung in einem separaten Erlass zu regeln». Dies schreibt er in seinem jüngsten Ratsbericht.
Gemäss Gemeindepräsident Martin Arnold (SVP) würde es zu einer «absurden Situation» führen, wenn eine Regelung fixiert werde, bei der man «in zwei oder drei Jahren vielleicht feststellt, dass sie doch nicht so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat.» Die Folge wäre dann, dass die Gemeindeordnung wieder revidiert werden müsste, sagt Arnold. Wie ein solches Dilemma zu lösen sei, dazu hätten auch die Antragstellenden keine Vorschläge präsentieren können.
Planung nicht eingehalten
Die Befürchtung von Schenk: «Ein Erlass ist schnell wieder ausgehebelt. Beim Gemeinderat ist wohl nicht angekommen, was der Punkt unseres Antrags war.» Die durch den Finanzberater für die Gemeinde Oberrieden jeweils erstellte, mittelfristige Planung werde nämlich kaum je eingehalten, weil stets unvorhergesehene Ausgaben dazukämen, sagt Schenk. Nicht zu vergessen sei, dass mit der zweiten Ausbauetappe des Schulhauses Pünt weitere hohe Kosten auf die Gemeinde zukämen. Auf nationaler Ebene sehe man derweil, dass ein fixes Instrument wie eine Schuldenbremse gut funktioniere.
Einzelinitiative vorbehalten
Gemeindepräsident Martin Arnold sagt, er könne sich gut vorstellen, dass nach Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung Anfang 2022 dem Stimmvolk ein Erlass unterbreitet werde, der «die finanzpolitischen Rahmenbedingungen» festhält. Es sei aber auch möglich, dass dies erst nach den Erneuerungswahlen des Gemeinderats im selben Jahr der Fall sei.
«War es das schon?», fragt man sich hingegen beim bürgerlichen Bündnis. Wenn vom Gemeinderat tatsächlich kein anderes Zeichen mehr komme, werde man es sich vorbehalten, mittels Einzelinitiative das Thema wieder aufs Tapet zu bringen, sagt Schenk.
Kernpunkte der Revision
Der Gemeinderat hat die neue Gemeindeordnung derweil zur Vorprüfung an den Kanton weitergereicht. Die Kernpunkte der Revision betreffen etwa die Zusammensetzung der Schulpflege. Diese soll neu mit dem Präsidium nur noch aus fünf Mitgliedern statt wie bis anhin aus sieben bestehen. Für die Erteilung des Gemeindebürgerrechts wäre neu der Gemeinderat zuständig, nicht mehr die Gemeindeversammlung. Und bei Erneuerungs- und Ersatzwahlen an der Urne ist keine stille Wahl mehr vorgesehen.
Die Urnenabstimmung über die revidierte Gemeindeordnung ist im Juni geplant.
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