«SRF Meteo» in der KritikBucheli entschuldigt sich für zu hohe Temperaturangaben
Der SRF-Meteorologe hat am TV der Technik die Schuld für die falschen Prognosen für den Mittelmeerraum gegeben. Konkurrent Jörg Kachelmann zweifelt die Argumentation an.
SRF-Meteorologe Thomas Bucheli hat sich in einem ungewöhnlichen Schritt am Fernsehen am Mittwoch für teils falsche Temperaturprognosen entschuldigt. Die zu hohen Werte etwa für Küstenorte am Mittelmeer in den letzten Wochen würden auf technische Fehler zurückgehen.
Vorwürfe, namentlich der SVP, der öffentlich-rechtliche Sender würde bei Hitze zu hohe Temperaturen vorhersagen, um die Klimadiskussion weiter anzukurbeln, liess Bucheli in der Sendung «SRF Meteo» am Abend nicht gelten. «Diese Unterstellung weise ich vehement zurück», sagte er. Er und sein Team seien an möglichst exakten und genauen Prognosen interessiert.
«SRF Meteo» bietet in seiner App gemäss Bucheli für rund drei Millionen Orte im Ausland Wetterprognosen an. Diese würden von einem «komplizierten» Algorithmus aufgrund von Modellen automatisch berechnet. In den vergangenen Wochen habe sich nun aber bei der grossen Hitze im Mittelmeerraum gezeigt, dass gerade für Küstenregionen die Temperaturen höher berechnet wurden, als sie tatsächlich seien. «Das tut uns ausserordentlich leid. Wir entschuldigen uns in aller Form für den Fehler», sagte «SRF Meteo»-Leiter Bucheli weiter. Man arbeite «mit Hochdruck» daran, diesen zu korrigieren.
Kachelmann schiesst gegen Bucheli
Nicht überzeugt von dieser Argumentation ist der mit Bucheli seit langem konkurrenzierende Meteorologe Jörg Kachelmann. «Kein Modell produziert systematische Abweichungen nach oben. Was auch immer die Ursache ist, es muss eine ganz andere sein als die, die Bucheli verbreitet», sagte er der «Weltwoche». Seine eigenen Prognosen seien im Durchschnitt nie mehr als 0,5 Grad von den effektiven Temperaturen entfernt. Solch ein extremes «Überschiessen» sei bei seriösen Modellen nicht möglich.
Kachelmann kritisiert die Prognosen von SRF Meteo seit längerem als mangelhaft, weil das Wetterstationsnetz lückenhaft sei. Die Sendung führe die Bevölkerung in die Irre. Bucheli wiederum sieht Kachelmanns Äusserungen als bewusst polemisch. Er sei ein Selbstdarsteller.
Ausländische Prognosen mit grobmaschigem Messsystem
Der Süden Europas war in den vergangenen Wochen von einer Hitzewelle überrollt worden. Vielerorts stieg das Thermometer auf über 40 Grad. «SRF Meteo» gab in seinen automatisch berechneten Wetterprognosen auf der Website und in der App für ausländische Orte teils zu hohe Werte aus. Vor rund zwei Wochen berichtete die rechtskonservative Wochenzeitung «Weltwoche» über deutlich zu hoch angesetzte Vorhersagen und warf dem Sender Klimapolitik vor. Um bis zu 8 Grad zu hoch seien die Temperaturen teils angegeben worden, schrieb das Blatt.
Die Prognosen für die Schweiz beziehen neben den aktuellen Modelldaten vergangene Messwerte aller Schweizer Wetterstationen mit ein, erklärt Bucheli am Dienstag gegenüber CH Media. Das mache die Prognose robuster. «Die Wetterprognose für ausländische Orte basiert hingegen ausschliesslich auf den aktuellen Daten der Modelle», so Bucheli. Diese automatisierten Modelle arbeiteten mit einem relativ grobmaschigen Gittersystem.
Das Wetter werde nur für die Maschenpunkte des Gittersystems wirklich vorhergesagt, wie Bucheli in der Sendung vom Mittwochabend ausführte. Für alle Orte dazwischen würden die Prognosen mit Hilfe von Algorithmen berechnet, die dadurch leider weniger präzise seien.
Nicht betroffen von den Unzulänglichkeiten waren laut Angaben des Schweizer Fernsehens die von Hand erstellten Vorhersagen, die das Wetterteam über Radio und TV verbreitete. Auch die in der App automatisch berechneten Daten für Schweizer Orte waren offenbar nicht betroffen.
Seit längerem angeheizte Debatte
Bereits Mitte Juli hatte Weltwoche-Journalist Christoph Mörgeli kritisiert, die Hitzewarnungen von Meteo Schweiz seien hysterisch. Der Wetterdienst hatte für Ascona mit einer Maximaltemperatur von 29 Grad Celsius eine Wetterwarnung herausgegeben. Meteorologin Daniela Roth von Meteo Schweiz entgegnete in einem Interview mit dieser Redaktion, dass kurzfristige Prognosen zu 85 Prozent zutreffen würden. Es sei aber richtig, dass im Zweifelsfall lieber einmal zu viel als zu wenig gewarnt würde. Man versuche vermehrt, auf konkrete Gefahren hinzuweisen.
Die SVP übt seit Jahren Kritik an SRF, die Berichterstattung sei zu linkslastig. Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter hatte in der Sendung «SonnTalk» kritisiert, wenn man SRF Meteo in einem Wahljahr für die ganze Klimapanik missbrauche, sei das «dicke Post.» Der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult hält die Anschuldigungen für ein «Getöse im Wahljahr», wie er gegenüber CH Media sagte. Die SRG sei gesetzlich dazu verpflichtet, unabhängig zu berichten.
SDA/sme
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