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«Bruno Ganz liebte die Natur auf der Halbinsel Au»

Bruno Ganz (Mitte) bei seinem Auftritt 2015 im Schloss Au mit Julia Gerber-Rüegg und Tim Guldimann.
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Die Bühnen und Kinoleinwände sind um einen ganz grossen Schauspieler ärmer. In der Nacht auf Samstag erlag Bruno Ganz seinem Krebsleiden im Alter von 77 Jahren. Weltweit trauern Schauspielfreunde, Kulturschaffende und Filmliebhaber um den Zürcher, der - stets charakterstark - unter anderem einen Engel im «Himmel über Berlin», Adolf Hitler oder Heidis Alpöhi verkörperte. Besonders gross ist die Trauer auch in der Au. Im Wädenswiler Ortsteil hatte Ganz die letzten Jahre seines Lebens verbracht. Der Schauspieler, der in Zürich-Seebach aufwuchs, erinnerte sich nach seiner Rückkehr aus Berlin an einen Ausflug mit seinen Eltern auf die Halbinsel Au. «So entstand die fixe Idee, dass ich in die Au möchte», erzählte Ganz vor einigen Jahren in einem Interview. Ganz mochte die vielen langen Wege, die ihn bei Spaziergängen zum See führten. Wädenswil war aber auch einer der Drehorte des Kino-Grosserfolgs «Vitus», in dem Ganz den Grossvater des Pianistenwunderkinds Vitus spielt.

Der Blick in die Berge

Mehrere Jahre nach den Dreharbeiten des Films traf Ganz in Wädenswil wieder auf «Vitus». Der Darsteller des Pianistenwunderkinds, Teo Georghiu, gab im Neuguet ein Konzert. Organisator Philipp Bachofner hatte Ganz eingeladen: «Eine ganz besondere Aura umgab diesen grossartigen Schauspieler und für uns war es ein grosses Glück, diesem wunderbaren Menschen ein paar Mal begegnet sein zu dürfen.» Ganz sei ein sehr scheuer und zurückhaltender Mensch gewesen, der nicht unglücklich war, wenn er nicht erkannt wurde. «Bruno Ganz liebte die Natur auf der Halbinsel Au, sass oft auf der Bank unter der Trauerlinde beim Simongut und betrachtete die Weite des Wassers und schaute in die Berge», erinnert sich Bachofner.

«Ich empfinde es als grosse Ehre, dass er einen Teil seines Lebens in der Au verbracht hat», sagt Wädenswils Stadtpräsident Philipp Kutter (CVP). «Bruno Ganz war ein herausragender Schauspieler. Sein Tod berührt mich.» Im Namen des Wädenswiler Stadtrates spricht Kutter den Angehörigen sein Beileid aus. Ob Wädenswil den Verstorbenen besonders ehrt - etwa mit einer eigenen Strasse oder einem Weg -, lässt der Stadtpräsident offen, schliesst es aber auch nicht aus: «Dazu ist es einfach noch zu früh».

Lebhafte Erinnerungen

Seine charismatische Ausstrahlung hat viele Wädenswiler tief beeindruckt. In den sozialen Netzwerken wird etwa von bleibenden Erinnerungen an die Begegnungen mit Ganz erzählt. Sei es auf der Post oder beim Einkaufen. Stets sehr nett und anständig, sei er gewesen, erzählt Helena Bachmann. Die Nachbarin von Bruno Ganz ist tief betroffen über den plötzlichen Tod des Schauspielers, erst letzte Woche habe sie ihn noch gesehen. Voller Emotionen berichtet auch sie über die liebsten Begegnungen mit ihm: «Bruno Ganz hat meine kleine Tochter stets mit ihrem Namen begrüsst. Sie hatte immer Freude daran.»

Ganz war zwar in der Region präsent, öffentliche Auftritte waren hier aber selten. Eine Ausnahme machte Ganz 2015 im Schloss Au, als er mit den SP-Politikern Julia Gerber Rüegg und Tim Guldimann auch politisch Position bezog. «Heimat ist ein grosser Begriff», meinte Ganz damals um gleich nachzuschieben. «Patriot im Sinne von Blocher bin ich nicht». Der Schauspieler unterstützte 2015 den Wahlkampf des ehemaligen Botschafters Tim Guldimann für den Nationalrat – ohne sich aber auf die Parteilinie der SP festlegen zu lassen. Später setzte er sich auch gegen die Durchsetzungsinitiative ein - mit der Ansage «Ich lasse mir meine Schweiz nicht kaputt machen». «Das tat er aber immer aus persönlicher Haltung heraus, nie für eine Partei», sagt Guldimann. «Er war ein grundehrlicher Mensch.» Auch der in Berlin wohnhafte Alt-Nationalrat ist tief betroffen über den Tod von Bruno Ganz. Die Schweiz verliere nicht nur einen grossen Schauspieler, sondern auch einen Botschafter für Schweizer Werte. Gerade auch in Deutschland sei Ganz‘ pragmatische, ehrliche und gemächliche Art gut angekommen und hätten ihn bei manchem zum Sinnbild des Schweizers gemacht.

Die Rolle des unscheinbaren Mannes

Auch Julia Gerber-Rüegg ist noch heute beeindruckt, über die Begegnung mit Bruno Ganz 2015. Das Gespräch mit ihm sei eine grosse Ehre gewesen. «Dabei ist mir der Mensch Bruno Ganz begegnet, mit seinem spannenden Lebensweg von Zürich-Seebach bis auf die Bühnen der Welt.» Besonders beeindruckt ist Gerber Rüegg über die expressiven Rollen, welche Ganz auf der Leinwand verkörpert hat. Auch deshalb, weil sie den Schauspieler in Wädenswil stets in einer anderen Rolle erlebt hat. «Ich habe Bruno Ganz vor allem in seiner Rolle als unscheinbaren alten Mann erlebt, der mit dem Bus 122 unterwegs war.» Die meisten Passagiere hätten Ganz zwar erkannt, meint Gerber Rüegg. Aber: «Alle respektierten seinen Wunsch als einer von uns unterwegs zu sein und manchmal glaube ich auch einwenig stolz in den Blicken seiner Nachbarn erkannt zu haben.»