Olympia in Peking vor spezieller KulisseSchweizer Bronze zwischen Stahlfabrik-Kühltürmen
Die Freiburgerin Mathilde Gremaud beschenkt sich an ihrem 22. Geburtstag mit einer Medaille. Was bei der Olympiapremiere im Big Air fast mehr zu reden gibt: die Location.
Das Siegerinnenbild ist für die Ewigkeit. Mathilde Gremaud posiert zusammen mit Silbermedaillengewinnerin Tess Ledeux, sowie Olympiasiegerin Eileen Gu, die im letzten Run die beiden Konkurrentinnen noch überholen konnte. Die Chinesin mit engem Bezug zu den USA ist mit 18 Jahren bereits ein Star. Im Hintergrund sieht man die Wettkampfstätte, die erste permanent installierte Big-Air-Schanze der Welt. Rechts runden die Kühltürme einer stillgelegten Stahlanlage die Szenerie ab. Bis vor wenigen Jahren entwichen hier täglich Schadstoffe in die Atmosphäre, jetzt steht der Sport im Vordergrund. Premierencharakter hatte die Entscheidung auch aus einem anderem Grund: Big Air war bei den Ski Freestylerinnen erstmals olympisch.
Kritik war immer wieder an der verrückten Austragungsstätte aufgekommen, denn nirgends wie auf dieser Anlage im Westen der Stadt wird bei den Spielen so deutlich, dass der ursprüngliche Wintersportgedanke weit weg ist. Schnee? Mit Ausnahme der Piste Fehlanzeige. Allerdings erinnert bei den Städtewettkämpfen, die sich im Weltcup-Zirkus längst etabliert haben, auch nicht viel an ein klassisches Winterwunderland.
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Komisch sei es schon gewesen, in diesem Setting zu springen, bestätigte Gremaud, vor allem aber unvergesslich. Trotz verständlicher Anspannung hatte sie die Atmosphäre richtig aufsaugen können – es war ein Sightseeing-Trip der besonderen Art. «Der Lift, der uns nach oben brachte, war durchsichtig. Von oben hat man dann auf die Strecke und auf der anderen Seite auf die Stadt gesehen.» Neben den Erinnerungen an die Aussicht nimmt Gremaud etwas Einzigartiges mit: Wohl noch nie hat jemand von Swiss Olympic eine Olympiamedaille in einer Stahlfabrik gewonnen.
Mathilde Gremaud war schon unter positiven Vorzeichen aufgestanden. Sie feierte ihren 22. Geburtstag und machte sich schliesslich das schönste Geburtstagsgeschenk gleich selber. Ihre zweite Olympiamedaille nach Silber im Slopestyle 2018. Edelmetall sei nicht im Vordergrund gestanden, betont sie: «Ich war einfach nur glücklich, überhaupt hier zu sein. Die Trainings waren gut gelaufen, ich wollte einfach Spass haben und habe mich gut gefühlt.» Sie strahlt unter der Maske hervor. Und überzeugt durch Mehrsprachigkeit. Die ehemalige Absolventin des Sportgymnasiums Engelberg gibt fliessend in Deutsch, Schweizerdeutsch, Englisch und Französisch Auskunft.
89,25 Punkte liess sich die Freiburgerin im ersten Run notieren, was für Platz 4 reichte. Es folgten 93,25 Punkte, Zwischenrang 2. Damit war auch klar, dass sie bis zuletzt um die Medaillen würde kämpfen können. Bevor sie dann das letzte Mal anlief, hatte sie eine Medaille auf sicher. Einen Hochrisikosprung konnte sie anschliessend nicht stehen, so wurde es Bronze. «Welche Farbe die Medaille hat, ist mir eigentlich egal. Dass ich wieder eine gewonnen habe, ist einfach unglaublich», bilanziert sie.
Der Wettkampf war geprägt von Höchstschwierigkeiten, Gu sicherte sich Gold mit einem Supersprung, und Gremaud fasst die Geschehnisse so zusammen: «Bei den Frauen hat es noch nie einen Wettkampf auf so hohem Niveau gegeben.» Anerkennung für die Leistungen ihrer Konkurrentinnen schwingt in der Aussage mit, und sie ist ehrlich gemeint. Anders als beispielsweise im Tennis ist die kleine Freestyle-Gemeinde auch bei den Frauen eine verschworene Einheit. «Wir verstehen uns wirklich alle sehr gut», bestätigt Gremaud, gibt aber zu: «Heute Morgen war schon auch Anspannung spürbar.»
Olympia ist für sie viel wichtiger als die X-Games
Aufgrund ihrer konstanten Leistungen inmitten der Weltspitze über Jahre war Gremaud durchaus dem Favoritenkreis zugerechnet worden. Ohne Fragezeichen war sie aber nicht angetreten, weil der Start in den Olympiawinter mit zwei Stürzen auf den Kopf und einer Gehirnerschütterung alles andere als optimal verlaufen war. Sie liess sich in den USA in einer spezialisierten Klinik behandeln und ist erst seit Januar wieder voll leistungsfähig. An der Olympiateilnahme habe sie nie gezweifelt, sagte sie, aber die Zeit sei schon knapp geworden.
Bei der anderen Referenzveranstaltung im Freeski, den X-Games, hat sie bereits drei Goldmedaillen im Big Air auf dem Konto. Während in der Szene jener Anlass mindestens gleich hoch gewichtet wird, sind für Gremaud die Olympia-Auszeichnungen noch wichtiger. «Olympische Spiele sind eine ganz andere Dimension. Hier steht man im Fokus der ganzen Welt, bei den X-Games ist es doch viel überschaubarer.»
Am kommenden Montag erhält Gremaud ihre zweite Medaillenchance. Ebenso wie Sarah Hoefflin, deren hervorragender 6. Rang im Big Air etwas unterging, steht für sie dann in Zhangjiakou der Slopestyle-Wettkampf an. Die Erwartungen sind hoch, will das Schweizer Duo doch in der Kälte von Zhangjiakou den Doppeltriumph von 2018 verteidigen. Druck wird Gremaud nicht verspüren, sagt sie: «Ich will es weiterhin geniessen.» Mit dieser Strategie ist sie bisher gut gefahren.
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