US-Studie zu Variante B.1.1.7Britische Mutation nur länger ansteckend?
Eine US-Studie gibt Hinweise darauf, wie sich die Variante B.1.1.7 in der Schweiz verbreitet. Die Resultate könnten auch die Quarantänedauer beeinflussen.
Weshalb ist die britische Corona-Variante B.1.1.7 ansteckender als die bisherige Version und was hat das für Auswirkungen? Mit dieser Frage schlagen sich derzeit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der halben Welt herum. Nun gibt eine US-Studie der Elite-Universität Harvard eine mögliche Erklärung, weshalb die Mutation als 30 bis 60 Prozent ansteckender gilt. Demnach führt die Variante vor allem zu einer längeren Erkrankung mit gleicher Virenlast. Ein Infizierter kann so über längere Zeit mehr Menschen anstecken, wenn keine Massnahmen ergriffen werden.
Auf diese Erklärung weist zumindest die Untersuchung an 65 erkrankten Personen in der nordamerikanischen Basketballliga NBA hin. Bei 7 der 65 Mitarbeitenden und Spielern wurde die Variante B.1.1.7 nachgewiesen. Damit ist bereits vor der genaueren Analyse der Resultate klar, dass die Stichprobe zu klein und damit nicht genug aussagekräftig ist. Zudem ist die Auswahl der Erkrankten auch nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung, dies geben die Harvard-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler unumwunden zu. Der Verdacht müsse in weiteren Studien bestätigt werden.
5 Tage länger ansteckend
Interessant ist die Untersuchung trotzdem, denn wenn sie sich bestätigen würde, müssten wohl einige Parameter der Pandemiebekämpfung angepasst werden. Die Variante B.1.1.7 führt gemäss der Studie nämlich zu einer Verlängerung der Infektion um 5 Tage. Während eine Person bei der bisherigen Version nach durchschnittlich 8,2 Tagen nicht mehr ansteckend ist, dauert das bei der britischen Mutation nun 13,3 Tage. Die Krankheit braucht länger, um sich aufzubauen – 5,3 statt 2 Tage – und auch länger, um aus dem Körper zu verschwinden – 8 statt 6,2 Tage.
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Das Positive an der Stichprobe: Die Virenlast bei den Personen mit der britischen Variante war etwas tiefer als bei der bisherigen Corona-Version. Die Datenlage ist aufgrund der geringen Anzahl untersuchten Personen sehr unsicher, würden sich die Ergebnisse aber bestätigen, müsste mit der weiteren Verbreitung von B.1.1.7 wohl die Quarantänedauer verlängert werden. Ein Infizierter wäre dann nach einer 10-tägigen Isolation immer noch ansteckend.
Die Virologin Sandra Ciesek, die mit Christian Drosten den im deutschsprachigen Raum beachteten NDR-Corona-Podcast führt, hält diese Erkenntnisse für aufschlussreich, auch wenn das Preprint «noch recht vorläufig» sei. «Das heisst, dass zehn Tage für Infizierte wahrscheinlich zu kurz sind und man also eher 14 Tage isolieren muss.»
Schweiz müsste Quarantäne anpassen
Die Harvard-Studie würde auch erklären, weshalb viele Länder die britische Variante mit den bisherigen Lockdown-Massnahmen in Schach halten konnten. Ist die Virenlast nicht grösser, dann wirken die derzeitigen Massnahmen auch für B.1.1.7 genau gleich gut. Verhindern müsste man aber, dass sich Erkrankte zu schnell als nicht mehr infektiös fühlen oder asymptomatische Personen zu früh aus der Quarantäne entlassen werden.
In Grossbritannien, wo die Mutation erstmals entdeckt wurde, müssen bereits alle Personen während der 10-tägigen Quarantäne zwei Tests machen, den zweiten am achten Tag. Ist dieser positiv, was bei einer Ansteckung mit B.1.1.7 gemäss Harvard-Studie wahrscheinlich ist, wird die Quarantäne um 10 Tage verlängert. So werden weitere Infektionen auch verhindert, sollten sich die Hinweise aus dem NBA-Umfeld bestätigen.
In der Schweiz wäre die verlängerte Ansteckungsdauer der britischen Variante hingegen ein Problem. Hier dauert die Quarantäne wie in Grossbritannien 10 Tage, eine Testpflicht gilt aber nicht. Wer will, kann sich am siebten Tag testen lassen und die Quarantäne verkürzen. Ansonsten endet die Abschottung nach zehn Tagen, das gilt auch für Erkrankte, deren Symptome abgeklungen sind.
Diese wären dann mit der britischen Variante aber möglicherweise noch durchschnittlich drei weitere Tage ansteckend. Ohne Massnahmen wäre das bei asymptomatischen Personen fatal. Wenn sich die Harvard-Studie also bestätigt, müssten die Schweizer Quarantäneregeln rasch angepasst werden.
Deutschland hat bereits reagiert: Die Quarantäne ist dort nun zwingend 14 Tage lang, eine Verkürzung durch einen negativen Test am 10. Tag ist nicht mehr möglich. Wer mit einem Infizierten zusammenlebt, soll wenn möglich 20 Tage lang alle Kontakte vermeiden.
Andere Länder haben seit Pandemiebeginn sowieso strengere Regeln und setzen ankommende Passagiere für mindestens zwei Wochen unter Quarantäne, beispielsweise Australien oder Neuseeland, welche die Pandemie seit längerem im Griff haben. In asiatischen Staaten muss man teilweise bis zu drei Wochen in ein streng bewachtes, selbst bezahltes Hotelzimmer, auch für Einheimische ist eine Quarantäne zu Hause oft nicht erlaubt.
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