Wahl der WocheBrettspiel oder Kartenspiel?
Er liebt es, dass nach einer Runde «Mensch ärgere Dich nicht» die Stimmung auf Stunden im Eimer ist. Sie findet Brettspiele nur gemein und erniedrigend.
Liebe Leserinnen und Leser, in der Kolumne «Wahl der Woche» streiten sich unsere Redaktorin Simona Pfister und unser Redaktor Sven Behrisch jede Woche über die kleinen und grossen Dinge des Alltags. Letzte Woche ging es um die Frage, Socken falten oder krempeln? Diese Woche darum, welche Art von Spielen am meisten Spass macht.
Sven Behrisch: Das Brettspiel ist ein Abenteuer
Schach. Mehr braucht man zu dem Thema eigentlich nicht zu sagen. Man muss schon ein Brettspiel vor dem Kopf haben, um nicht seine Überlegenheit zu sehen. Das Brettspiel ist ein Wagnis, ein Abenteuer, und es hat reale Folgen. Nach einer Partie «Mensch ärgere Dich nicht» ist die Stimmung auf Stunden im Eimer, eine Reihe richtiger Antworten bei «Trivial Pursuit» gewähren ewigen Ruhm am Küchentisch, und ein paar ehrliche Antworten zu viel bei «Therapy», einem Testspiel emotionaler Tapferkeit, münden in abendfüllenden und – sofern man nicht selbst betroffen ist, sondern nur die Mitspieler beteiligt sind – ausserordentlich unterhaltsamen Krisen.
Das Brettspiel ist der unvergessliche Film, das Kartenspiel nur eine Sitcom. Mit Karten spielt man kein Spiel, auf das man sich mit Haut und Haaren einlässt, in dem man leidet und lacht und denkt und kämpft. Man spielt es, um danach noch eins zu spielen. Am Ende zählt man die Punkte zusammen und die Biere, die man dazu trank und von denen man jetzt Blähungen hat. So ein Kartenspiel ist halt einfach nur ein Spiel.
Simona Pfister: Ein Set, unendlich viele Spiele
An meinen Fusssohlen finden sich zig Narben von den vielen unfreundlichen Begegnungen, die ich mit Spielsteinen von Brettspielen hatte, diese bösen Dinger, die man auf Zürideutsch «Tötzli» nennt – vermutlich weil man zum «Götzli» flucht, wenn man auf sie drauftritt. Was ich sagen will: Brettspiele sind gefährlich. Sie sind ausserdem gemein und erniedrigend, zum Beispiel wenn mein Vater mich mit «Mjam, mjam»-Geräuschen auf dem «Eile mit Weile»-Feld überholt. Und wie oft musste ich als Kind beim «Leiterlispiel» weinen?
Schlimm ist auch «Monopoly», erfunden als Warnung vor dem Kapitalismus und heute als harmlose Unterhaltung verkauft. Apropos Kapitalismus: Pro Brett lässt sich nur eine Art des Spiels spielen, und daher muss man ständig neue Brettspiele kaufen, und die alten liegen herum und stechen einen in die Füsse. Da lobe ich mir doch das einfache Kartenset. Erstens ist es flach, zweitens lassen sich mit nur einem Set unendlich viele Spiele spielen, auch solche, die gar keine Spiele sind, sondern zum Beispiel ein Trick.
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