Schweiz in der Nations LeagueBloss keine unnötigen Experimente mehr
Nächste Woche beginnt für die Schweizer Fussballer der Endspurt in der Vorbereitung auf die WM in Katar – mit Themen von Roger Federer über Manuel Akanji bis Xherdan Shaqiri.
Selbst als es um die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft geht, gibt es kein Entkommen von Roger Federer. Natürlich muss auch Murat Yakin über ihn erzählen, von dem Federer, der die Mannschaft im Frühsommer bei einem Zusammenzug in Bad Ragaz besuchte und Einblicke in sein Leben gab, oder dem Federer, gegen den er einmal in der gemeinsamen Basler Heimat ein paar Tennisbälle spielte.
Die Ankündigung von Federers Rücktritt hat ihn berührt, sogar «extrem», sagt Yakin. Federer ist für ihn ein grossartiger Mensch und ein genialer Tennisspieler. Er redet vom Stolz, Federer der ganzen Welt als Schweizer präsentieren zu können. «Aber auch wenn er den Eindruck gemacht hat, dass es ewig dauert, ist auch er keine Maschine», sagt Yakin.
Dann geht es für ihn um Fussball und um die Nations-League-Spiele, die kommenden Samstag in Saragossa gegen Spanien und drei Tage darauf in St. Gallen gegen Tschechien stattfinden. Es sind die letzten beiden Spiele in diesem Wettbewerb, in dem es für die Schweiz darum geht, den Abstieg aus Liga A noch abzuwenden. Nach vier Runden hat sie erst drei Punkte auf dem Konto, dank des 1:0 gegen Portugal.
Yakin schätzt diesen Wettbewerb und die Erkenntnisse aus Spielen gegen Mannschaften, die er «sehr stark und konkurrenzfähig» nennt. Um gegen sie mithalten zu können, sagt er, müssten alle Spieler «an Bord» sein.
Keine Lust auf die Nummer 23
Einer mag ab sofort nicht mehr dabei sein. Mario Gavranovic wollte schon im Juni seinen Rücktritt geben. Yakin bat ihn damals, sich das nochmals zu überlegen. Am Donnerstag aber liess sich der 32-Jährige nicht mehr von seinem Entscheid abbringen, was offenbar nicht zuletzt mit seiner Rolle zu tun hat. Oder wie es Yakin sagt: «Er war nicht bereit, als Nummer 23 mitzuziehen.»
Seinen letzten grossen Auftritt hatte Gavranovic an der EM 2021, mit seinem Tor in letzter Minute zum 3:3 im Achtelfinal gegen Frankreich und seinem erfolgreichen Versuch im Elfmeterschiessen. Nach 41 Länderspielen mit 16 Treffern bleibt aber grundsätzlich ein Eindruck von ihm zurück: dass er auf seine Art der unvollendete Nationalspieler geblieben ist.
Was Yakin bei Gavranovic anklingen lässt, das ist ihm gerade mit Blick auf die WM im November in Katar sehr wichtig: Ein Spieler soll seine Rolle kennen und vor allem akzeptieren. Darum hat er auch Fabian Frei wieder aufgeboten, obwohl dieser Spieler derzeit beim FC Basel nicht erste Wahl ist. Yakin baut auf Freis Erfahrung und Persönlichkeit, mit der er der Mannschaft helfen könne. «Wenn er in Basel als Ersatz Erfolg bringt, wieso soll er das nicht auch im Nationalteam tun?», fragt Yakin.
24 Spieler stehen im Aufgebot für die nächsten Tage, weitestgehend sind das die Spieler, die Yakin auch mit an die WM mitnehmen wird. Cedric Itten gehört nach zehn Monaten Abwesenheit wieder dazu, weil er sich bei YB in starker Form zeigt. Ittens Form ist mit ein Grund, weshalb Yakin nicht bereit war, Gavranovic irgendwelche Garantien zu geben. Und weshalb er auch zufrieden ist mit den vier Stürmern, die er zur Verfügung hat.
Zu diesen Stürmern gehört neben Breel Embolo und Noah Okafor auch Haris Seferovic. Der Routinier tut es, obschon er im ganzen Jahr 2022 noch kein Tor für seinen Club erzielt hat, weder im Frühjahr für Benfica Lissabon noch jetzt für Galatasaray. Yakin hält trotzdem fest: «Um Haris mache ich mir keine Sorgen.» Er stützt sich dabei auf die Erkenntnisse, die er von Seferovic bei den Nations-League-Partien im Sommer gewann. Als der Stürmer damals zur Mannschaft stiess, war er nicht in optimaler körperlicher Verfassung. Dennoch war er es, der das Siegtor zum 1:0 gegen Portugal erzielte.
Der Coach will im Moment die Spieler um sich haben, die er kennt. Unnötige Experimente mag er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr eingehen. Darum will er Talente wie Fabian Rieder, Ardon Jashari und Zeki Amdouni vorerst weiter im Kreis der U-21 beobachten. Dass sie alle viel Potenzial haben, betont er. Dass Amdouni auch für Tunesien oder die Türkei und Jashari auch für Albanien spielen könnte, ist ihm bewusst. Er gibt sich trotzdem entspannt. Amdouni sollte im Juni schon zum Debüt im Nationalteam kommen, mit Jashari sucht er ein klärendes Gespräch in diesen Tagen. «Wir haben Zeit, diese jungen Spieler zu integrieren», sagt er.
Yakin freut sich über die Entwicklung von Noah Okafor in Salzburg. («Er kommt nach seinen Toren in der Champions League mit unglaublichem Selbstvertrauen zu uns.») Und ebenso über den Transfer Manuel Akanji von Dortmund zu Manchester City. («Er ist geprägt von Selbstvertrauen.»)
Lugano als Hilfe für Shaqiri?
Da ist noch die Personalie Xherdan Shaqiri, weil es zu ihm immer etwas zu sagen gibt. Inzwischen ist er bei 106 Länderspielen angelangt, seine Vorzüge sind bekannt, seine Kreativität und Unberechenbarkeit. Daran ändert auch nichts, dass er seit dem EM-Viertelfinal letztes Jahr gegen Spanien auf ein Tor wartet, auf sein 27. für die Schweiz.
Seit er im Februar von Lyon nach Chicago wechselte, hat er nur, so Yakin, «kleine Verletzungen» gehabt. Das ist deshalb der Erwähnung wert, weil er in seiner Karriere immer wieder grössere muskuläre Verletzungen hatte. Die Statistik mit sieben Toren und sechs Assists nach 27 Einsätzen in der MLS liest sich ordentlich.
Das Problem ist nun nur, dass Chicago auch mit ihm nicht auf dem Weg in die Playoff ist. Und sollte das Saisonziel verpasst werden, hat Shaqiri ab dem 9. Oktober schon Ferien. Die Abreise des Nationalteams nach Katar erfolgt aber erst fünf Wochen später. «Wichtig ist, dass er in dieser Zeit fit bleibt», sagt Yakin. Darum wird eine Lösung gesucht, wie das für Shaqiri möglich ist. Und eine Lösung ist, dass er sich bei Chicagos Partnerclub fit hält. Das ist der FC Lugano.
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