Bittere Nachricht für BierliebhaberDer Klimawandel raubt dem Bier die Seele
Einen geringeren Ertrag und weniger Bitterstoffe sagen Forschende beim Hopfen vorher. Es brauche Anpassungen beim Anbau, um die Lieferketten zu retten.

Bierliebhaber sollten sich jetzt setzen oder zumindest gut an ihrem Glas festhalten. Denn es gibt schlechte Nachrichten: Durch die Erderwärmung geht nicht nur der Hopfenertrag zurück, auch das Aroma des Hopfens leidet.
Zentral für das typisch bittere Hopfenaroma sind sogenannte Alphasäuren. Sie gelten als die «Seele des Bieres». Der Säuregehalt im Hopfen ist das primäre Qualitätsmerkmal und ein Mass für das sogenannte Bitterpotenzial. Das schlägt sich auch im Preis nieder: Je mehr Säure enthalten ist, desto höher der Preis pro Kilogramm Hopfen.
Wie ein internationales Team von Forschenden mit Schweizer Beteiligung nun in «Nature Communications» schreibt, dürfte der Hopfenertrag in Europa durch die Erderwärmung bis 2050 um vier bis 18 Prozent zurückgehen und der Anteil an Alphasäuren gar um 20 bis 31 Prozent – sofern keine Gegenmassnahmen getroffen werden. Insgesamt bedeutet das: Die Ausbeute an Alphasäuren pro Hektar könnte bis 2050 um 25 bis 40 Prozent zurückgehen.
Qualitativer Hopfen braucht spezielles Mikroklima
Nach Wasser und Tee ist Bier das weltweit am dritthäufigsten konsumierte Getränk. Gerade jetzt im Herbst fliesst es auf verschiedenen Oktoberfesten wieder in Strömen. Im Trend liegt vor allem das sogenannte Craftbier – handwerklich gebrautes Bier, das auf einer besonders hohen Qualität des Hopfens basiert.
Problematisch ist, dass hochqualitativer Hopfen nur an wenigen Orten in Europa gut gedeiht, denn er benötigt ein spezielles Mikroklima. Dieses findet sich vor allem in einigen Regionen Deutschlands, in Tschechien und in Slowenien.
Wie die Forschenden schreiben, reift Hopfen heute im Vergleich zu den zwei Jahrzehnten vor 1994 bereits um 20 Tage früher, der Gehalt an Alphasäuren nahm je nach Region um rund zehn bis 35 Prozent ab, und der Ertrag ging um 0,2 Tonnen pro Hektar und Jahr zurück – je nach Region waren das Ertragseinbussen um bis zu 19 Prozent.

Durch die Kombination dieser Daten mit Klimaprognosen ermittelten die Forschenden, wie sich Ertrag und Gehalt an Bitterstoffen in den Jahren 2021 bis 2050 wohl entwickeln werden. Die stärksten Rückgänge werden für die südlicheren Anbaugebiete erwartet, besonders in Tettnang nördlich des Bodensees und in Celje, Slowenien. «Auch die Region um Unterstammheim in der Schweiz wird betroffen sein», sagt Co-Aautor Ulf Büntgen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der University of Cambridge. Die nördlichen Anbaugebiete, etwa in Hallertau bei München und in Zatec im Nordwesten Tschechiens, sind weniger stark betroffen.
Anpassungsmassnahmen dringend nötig
«Es ist besonders die Zunahme klimatischer Extremereignisse wie Dürren und Hitzewellen, die dem Ertrag und der Qualität des Hopfens schaden und damit den Sektor belasten», sagt Büntgen. «Eine Zunahme an Fehlernten macht die Lieferketten unsicher.»
Eine mögliche Anpassungsstrategie sind laut Büntgen der Einsatz von neuen Hopfenarten, die mit den sich ändernden Klimabedingungen besser zurechtkommen, sowie der Einsatz von besseren Bewässerungssystemen. Auch neue und bessere Anbaugebiete, etwa in höheren Lagen, müssten in Betracht gezogen werden. Um eine zu frühe Hopfenblüte zu vermeiden, könnte das Pflanzenwachstum mit Wachstumshemmern gebremst werden, heisst es in der Studie.
Damit die traditionellen Anbaugebiete auch künftig noch hochqualitativen Hopfen herstellen können und die vorhandenen Lieferketten stabil bleiben, müssten sie sich jedenfalls dringend anpassen, so das Fazit der Studie.
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