Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Bericht zum Pflegepersonal
Bis 2030 fehlen der Schweiz 20’000 Pflegekräfte

Sie sind gefragt wie nie, doch die Personalsituation bei den Pflegekräften ist derzeit vielerorts angespannt.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Corona-Pandemie hat den Druck aufs Pflegepersonal erhöht. Spitäler berichten von Ermüdungserscheinungen und Abgängen bei spezialisierten Fachkräften, die kurzfristig schwer zu ersetzen seien. Allerdings liegen zu solchen Kündigungen noch keine Zahlen vor. Solche gibt es nur zur Situation vor der Pandemie. 2019 arbeiteten in Schweizer Gesundheitsinstitutionen 185’600 Pflege- und Betreuungspersonen, fast die Hälfte in Spitälern und Kliniken, über ein Drittel in Alters- und Pflegeheimen und fast 20 Prozent bei Spitex-Diensten. Dies zeigt der am Montag publizierte Nationale Versorgungsbericht 2021 des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan).

Gemäss diesen Prognosen wird der Personalbedarf bis 2030 aufgrund der demografischen Entwicklung und des Bevölkerungswachstums auf 222’000 Personen ansteigen. Der grösste Bedarf liegt beim Personal mit einem Abschluss auf Tertiärstufe, also einer Fachhochschule oder einer höheren Fachschule. Die Hälfte des heute in der Schweiz beschäftigten Personals verfügt über ein solches Diplom, wobei ein Drittel dieser Ausbildungen im Ausland absolviert wurde.

Schweiz bleibt von ausländischem Fachpersonal abhängig

Die Abhängigkeit der Schweiz von ausländischem Fachpersonal wird auch in Zukunft gross bleiben. So geht der Obsan-Bericht davon aus, dass es bis 2030 rund 43’000 Pflegefachkräfte mit Tertiärabschluss braucht. Davon sind rund 16’000 Fachleute nötig, um den zusätzlichen Bedarf zu decken. Noch grösser (27’500 Personen) ist der Bedarf an Pflegefachpersonal, um die zu erwartenden Abgänge durch Pensionierungen und Kündigungen zu ersetzen. Ausgebildet werden in der Schweiz in den nächsten zehn Jahren jedoch nur rund 29’000 Pflegefachleute mit Tertiärabschluss, woraus sich ein ungedeckter Bedarf von rund 14’500 Fachkräften ergibt.

Etwas geringer ist der zusätzliche Bedarf an Pflegepersonal mit einem eidgenössischen Berufsabschluss (Sekundarstufe II). Hier braucht die Schweiz bis 2030 rund 27’000 Pflegekräfte, je zur Hälfte als Ersatz für Abgänge und für den zusätzlichen Bedarf. Der bis 2030 verfügbare Nachwuchs wird auf 21’600 Personen geschätzt, woraus sich ein Manko von rund 5500 Pflegekräften mit eidgenössischem Berufsabschluss ergibt. Zusammen mit dem prognostizierten Manko an Pflegefachleuten fehlen den Schweizer Gesundheitsinstitutionen bis 2030 rund 20’000 ausgebildete Pflegekräfte.

Zwar sieht der Obsan-Bericht positive Entwicklungen. So habe die Zahl der Abschlüsse zwischen 2012 und 2019 auf allen Qualifikationsstufen der Pflege deutlich erhöht werden können. Auf der Tertiärstufe hätten sich in diesem Zeitraum die in der Schweiz erworbenen Diplome gar um zwei Drittel erhöht.

Die Mehrheit der Spitäler und Heime hat in einer Umfrage angegeben, dass die aktuelle Personalsituation angespannt sei.

Dennoch besteht nicht nur heute, sondern auch in Zukunft eine deutliche Lücke zwischen vorhandenem Personal und dem prognostizierten Bedarf. Die Mehrheit der Spitäler und Heime hat in einer Umfrage angegeben, dass die aktuelle Personalsituation angespannt sei. Vor allem in der Langzeitpflege und der Betreuung zu Hause könnten offene Stellen zum Teil gar nicht besetzt werden. Als Problem werden die vorzeitigen Berufsaustritte (Kündigungen) bezeichnet. Ein Teil des Pflegepersonals tritt aber nach Abschluss der Ausbildung auch gar nicht erst eine Stelle in der Branche an. Könnten diese Abgänge reduziert oder gar verhindert werden, gäbe es die prognostizierte Personallücke nicht, sagt Obsan-Projektleiterin Clémence Merçay.

Pflegeverband wirbt für Initiative

Der Schweizerische Berufsverband der Pflegefachpersonen (SBK) geht davon aus, dass die Corona-Pandemie die Attraktivität der Pflegeberufe noch vermindert hat. Die Prognosen zur Entwicklung der Ausbildungsabschlüsse und die Annahmen über die Berufsverweildauer stammten aus der Zeit vor der Pandemie. «Die Arbeitssituation vieler Berufsangehöriger hat sich seither verändert und vielerorts sogar verschlechtert», sagt SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi. Der Verband habe konkrete Hinweise, dass mehr Pflegende aus dem Beruf ausstiegen oder das Pensum reduzierten.

Der SBK sieht als einzigen Ausweg die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Diese Forderung könne nur erfüllt werden, wenn das Volk am 28. November der Pflegeinitiative zustimme. Die Initiative verlangt vom Bund, dass er den Kantonen und Spitälern Vorgaben zu besseren Arbeitsbedingungen macht, sowohl zu den Löhnen als auch zur Personaldotation in den Spitälern und Heimen. Das Parlament hat der Initiative einen Gegenvorschlag gegenüber gestellt, in dem allerdings nur die Forderung nach einer Ausbildungsoffensive erfüllt wird: Bund und Kantone stellen während acht Jahren dafür 469 Millionen Franken zur Verfügung.

Diese Ausbildungsoffensive ist eine Voraussetzung, damit die vom Obsan prognostizierten Ausbildungsabschlüsse auch tatsächlich realisiert werden. Diese Ausbildungsgelder stünden dann rasch zur Verfügung, wenn die Pflegeinitiative abgelehnt werde, sagt Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz kantonaler Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren. Bei einem Ja zur Initiative falle der Gegenvorschlag dahin und das Parlament müsse erneut über die Umsetzung der Initiative beraten. Zudem fielen Arbeitsbedingungen und die Personaldotation in die Kompetenz der Kantone und nicht des Bundes, wie dies die Initiative verlange.