Bezirksgericht BülachSie attackierte, schikanierte und bedrohte ihren Ehemann
Eine Frau soll ihren Ehemann mit dem Messer verletzt haben. Einen anderen Mann bezichtigte sie eines Sexualdelikts. Vor Gericht ging es auch um ihren Alkoholkonsum.
Eine harmonische Ehe stellt man sich anders vor. Bei diesem Paar waren offensichtlich nicht nur verbale Auseinandersetzungen an der Tagesordnung. Die heute 34-Jährige soll ihren Ehemann auch wiederholt körperlich attackiert haben. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, ihn im Mai und im Juni 2021 bei einem Streit zweimal mit dem Messer am Arm verletzt zu haben – einmal so, dass der Verletzte im Spital behandelt werden musste. Laut Anklageschrift hat sie ihm zudem Faustschläge in den Bauch versetzt, ihn an den Haaren gerissen, auf den Balkon ausgesperrt und in Knie und Oberschenkel getreten.
Auch Beleidigungen und Todesdrohungen gehörten demnach zum Repertoire der Schweizerin. Trotz eines Kontakt- und Rayonverbots bombardierte sie ihn mit elektronischen Nachrichten. Dabei schrieb sie: «Ich bringe dich um, ich kill dich und deine Eltern.» Oder: «Ich nehme jetzt alle Tabletten, jetzt bin ich dann tot.»
Mann eines Sexualdelikts bezichtigt
Im April 2022 geriet auch ein im Zürcher Unterland lebender Mann ins Visier der damals 32-Jährigen. Nach einem Sexualkontakt belästigte sie ihn mit täglich bis zu 81 Anrufen und diversen Combox-Nachrichten. Sie drohte ihm mit einer Strafanzeige oder damit, sich umzubringen, sollte er sich nicht weiterhin mit ihr treffen. Mitte Mai 2022 erstattete sie tatsächlich Anzeige. Sie unterstellte dem Mann, sie in seiner Wohnung eingeschlossen, zur Einnahme von Beruhigungsmitteln gezwungen und sich anschliessend sexuell an ihr vergangen zu haben. Gegen den Mann wurde eine Strafuntersuchung eröffnet. Diese wurde nach drei Monaten wieder eingestellt.
Die zweifache Mutter ohne Berufsausbildung sitzt seit Mitte Mai 2022 in Haft und seit Mitte September 2022 im vorzeitigen Strafvollzug. «Es geht mir im Gefängnis nicht gut, es ist schwer für mich, eingesperrt und von der Familie getrennt zu sein», sagte sie am Mittwoch zur vorsitzenden Richterin am Bezirksgericht Bülach.
Die Frau musste sich wegen einer Reihe von Delikten verantworten, darunter falsche Anschuldigung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, mehrfache Drohung, mehrfache Nötigung und Beschimpfung. Zu den konkreten Vorfällen mochte sie sich nicht äussern. Auf ihr Suchtproblem angesprochen, gab sie an, damals fast jeden Abend fünf bis sechs Biere getrunken zu haben. Seit längerer Zeit trinke sie jedoch «fast überhaupt nicht mehr». Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt ihr neben einer Alkoholsucht eine instabile Persönlichkeit, eine Lernbehinderung und mangelhafte Fähigkeiten, mit Emotionen umzugehen.
Zwischen 0,17 und 0,3 Promille
Der Staatsanwalt beantragte eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30 Franken und eine Busse von 1000 Franken. Die Frau zeige keine Einsicht und verhalte sich im Gefängnis unkooperativ. Ihre angeblichen Erinnerungslücken seien nicht glaubhaft, der Alkoholkonsum sei zum Teil eine reine Schutzbehauptung. Bei den Messerangriffen habe sie zwischen 0,17 und 0,3 Promille intus gehabt. Der Staatsanwalt forderte die Anordnung einer ambulanten Suchttherapie im Gefängnis oder eine stationäre Behandlung mit Aufschub der Gefängnisstrafe.
Die Anwältin sprach sich für eine Freiheitsstrafe von maximal 15 Monaten aus, was eine sofortige Freilassung bedeuten würde. Ihre Mandantin sei sich bewusst, grosse Fehler gemacht zu haben. Sie habe aus Verzweiflung gehandelt: «Sie lebte gemeinsam mit ihrem Mann und mit den Schwiegereltern auf einem Bauernhof. Die Trennung bedeutete den Verlust ihrer Existenz. Auch musste sie die Kinder dort zurücklassen.» Ihr Hauptproblem sei ihre Alkoholsucht, weshalb eine ambulante Therapie anzuordnen sei.
Urteil folgt am Donnerstag
Die Beschuldigte antwortete auf die Frage der Richterin, wie sie sich ihre Zukunft vorstelle: «Ich möchte meine Kinder wieder bei mir und ein normales, schönes Leben haben.» Ihre beiden Kinder im Primarschulalter hat die Frau seit mehr als eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen, hat nur einmal mit ihnen telefoniert: «Ich will ihnen die Besuche im Gefängnis nicht zumuten.» Das Gericht wird das Urteil am Donnerstag veröffentlichen.
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