Millionenbetrug gegen den BundBerner Gericht verurteilt Pleite-Reeder zu fünf Jahren Gefängnis
Hansjürg Grunder muss ins Gefängnis. Er habe sich unrechtmässig Bundeshilfe in Millionenhöhe gesichert, befindet das Wirtschaftsstrafgericht Bern.
Das Wirtschaftsstrafgericht Bern verurteilt den Hochsee-Unternehmer Hansjürg Grunder zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Grunder hat sich unrechtmässig Leistungen im Umfang von 2,7 Millionen Franken des Bundes gesichert, wie Gerichtspräsidentin Barbara Lips am Donnerstagnachmittag bei der Urteilsverkündung erklärte. Neben Leistungsbetrug sieht das Gericht auch die Tatbestände von Betrug und mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung erfüllt. Das Urteil kann noch angefochten werden.
Mithilfe von Bundesbürgschaften hatte der im Berner Oberland wohnhafte Hansjürg Grunder ab der Jahrtausendwende eine stattliche Hochseeflotte aufgebaut und mit seiner Enzian-Reederei in Zürich bewirtschaftet. Als die Schiffe 2017 notverkauft wurden, entstand dem Bund ein Schaden von rund 200 Millionen Franken. Als Bürge musste die Eidgenossenschaft den Banken, die Grunder das Geld für den Kauf der Schiffe vorgeschossen hatten, einen grossen Teil der offenen Forderungen ersetzen.
Die politische Aufarbeitung des Hochseeflotten-Skandals beschäftigte etliche Aufsichtsorgane des Parlamentes und der Verwaltung. Die Geschäftsprüfungskommission stellte 2018 fest, dass die Verwaltung schlecht gearbeitet hatte. Zum einen habe das für die Vergabe der Schiffsbürgschaften zuständige Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung nicht angemessen auf die Wirtschaftskrise in der Handelsschifffahrt ab 2008 reagiert. Zum anderen sei Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann nicht ausreichend informiert worden. Der FDP-Bundesrat selbst räumte ein, dass seine Führung und das Risikomanagement «ungenügend» gewesen sei.
Der Schaden steigt und steigt
Die Finanzdelegation des Parlaments nahm die Vorgänge bei den Hochsee-Bürgschaften ebenfalls unter die Lupe. Sie warnte 2019 eindringlich davor, dass der Bund weiter auf das Förderinstrument der Solidarbürgschaften setzt.
Seit dem zweiten Weltkrieg förderte der Bund eine Schweizer Hochseeflotte. Die Schiffe sollten im Krisenfall die Landesversorgung sicherstellen. Im Gegenzug übernahm der Bund ab 1959 ein Teil des finanziellen Risikos der Reedereien. Lange blieb dies ohne Kostenfolge für die öffentliche Hand. Die Pleite der SCL/SCT-Gruppe von Hansjürg Grunder war der erste namhafte Schadenfall. Inzwischen sind weitere hinzugekommen. Die Schäden belaufen sich derzeit auf rund 350 Millionen Franken. Bürgschaften im Umfang von rund 375 Millionen Franken sind zudem noch offen. Allerdings hat der Bundesrat bereits Ende 2016 entschieden, den Rahmenkredit für Hochsee-Bürgschaften nicht zu erneuern. Es gibt also vorerst keine neuen Bürgschaftsverpflichtungen für die Eidgenossenschaft.
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