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Fan-Kritik an Mendy-Transfer
Der FCZ-Präsident lobt den neuen Spieler und sagt: «Das war sicher unglücklich formuliert»

Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, im Interview über Gewaltprobleme unter Fans, im Gespräch mit Sicherheitschef Luca Maggi, November 2024.
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In Kürze:
  • Der FCZ-Präsident äussert sich zu den heftigen Fan-Reaktionen auf Mendy.
  • Canepa bedauert unglückliche Formulierungen, bietet jedoch keine Entschuldigung an.
  • Mendy wird gelobt: Er habe sich verändert und führe nun ein ruhiges Leben.
  • Fans sind angesichts der Inkonsequenz des FCZ bei Anti-Gewalt-Engagement skeptisch.

Der umstrittene Transfer von Benjamin Mendy ist etwas mehr als zwei Wochen alt. In dieser Zeit äusserte sich der FC Zürich in Person des Präsidenten­ehepaars Heliane und Ancillo Canepa immer wieder – aber eher dezent oder kurz angebunden. Nun spricht Ancillo Canepa in einem vom Club veröffentlichten Interview mit der ehemaligen SRF-Journalistin und Moderatorin Karin Frei ein erstes Mal ausführlich.

Im rund 17-minütigen Gespräch konfrontiert Frei den Präsidenten mit Mails von Fans oder auch mit von ihm getätigten Aussagen. So geht es etwa um die Formulierung Canepas «Bekannte Fussballer sind oft begehrte Objekte, um sie auch ohne Fehlverhalten einzuklagen», die er kurz nach der Bekanntgabe tätigte und die ihm viel Kritik einbrachte.

«Ja, das war sicher ein wenig unglücklich formuliert von mir. Aber es hat einen Hintergrund», sagt Canepa, angesprochen auf sein Zitat. Er führt aus, dass der FCZ einst einen Spieler hatte, der auch in England spielte. Dieser wurde angeklagt und freigesprochen. Die anklagende Person wurde dann selbst angeklagt und wegen Falschbeschuldigung und Falschaussagen verurteilt. Beim ehemaligen FCZ-Spieler handelt es sich wohl um Cabral.

Auseinandersetzung mit dem Charakter Mendy

Von diesem Einzelfall scheint der Präsident darauf zu schliessen, dass solche Fälle wohl öfter vorkommen. Eine Entschuldigung für diese fatale Opfer-Täter-Umkehr folgt nicht. Ein «Ich gebe zu, es kam etwas schräg rüber» muss reichen. Zur eigenen Verteidigung teilt Canepa dann auch noch mit: «Wenn wir etwas wirklich widerlich finden, dann ist es alles, was mit Vergewaltigung oder Missbrauch zusammenhängt.»

Darauf schildert Canepa die Intensität, mit welcher er und seine Frau sich mit dem Charakter Mendys auseinandergesetzt hätten. Auch Heliane Canepa, die sehr kritisch sei bei der Beurteilung von Charakteren, musste sagen: «Es ist glaubwürdig, wie er die ganze Sache darstellt. Es ist glaubwürdig, wie er uns versicherte, dass er seinen Lebensstil geändert hat.»

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Auf die Nachfrage, was der neue Spieler in diesen Gesprächen genau schilderte, sagt Canepa: «Er sagte, dass er auch Teil dieses teamorientierten Vorgehens war. Die Spieler haben Partys organisiert, und dann hatte er nicht den Mut, zu sagen: ‹Nein, ich gehe nicht.›»

Viele Klägerinnen erzählten von Partys beim Franzosen

Es ist jedoch weithin bekannt, dass auch Mendy viele Partys selbst organisiert hat und auch ausserhalb eines «teamorientierten Vorgehens» öfters an Partys anzutreffen war. Recherchen dieser Redaktion zeigen etwa, wie der Zürcher Influencer und verurteilte Sexualstraftäter Travis ausschweifende Partys organisierte. Im Jahr 2020 war Mendy ebenfalls auf einer dieser Partys dabei. Und aus den Gerichtsakten der Verhandlungen gegen Mendy ist ebenfalls von verschiedensten von ihm selbst organisierten Partys zu lesen – viele Klägerinnen erzählten, beim Franzosen zu Hause gefeiert zu haben. So folgt auch die Nachfrage der Moderatorin Frei: «Aber er hat auch Partys organisiert.»

Die Antwort Canepas: «Sicher, das sind alles Sachverhalte damaliger Zeit.» Wie diese Aussage gemeint ist, bleibt indes ungeklärt. Der FCZ-Präsident erzählt weiter davon, wie wichtig die Monate im Gefängnis für Mendy gewesen seien. Und dass der Franzose sich im Moment nicht äussern wolle, weil er das in der Zeit der Prozesse getan habe – und damals sei alles von den Medien dann nicht so rübergebracht worden, wie er es eigentlich gesagt habe.

Mendy wolle seither sein Leben neu gestalten, habe nun zwei Kinder, eine feste Beziehung und keine Lust mehr auf Partys. «Aufgrund seiner Erfahrungen, die er gemacht hat, und seines Verhaltens, das er an den Tag legte, kann er natürlich jetzt den jungen Spielern aufzeigen, was geht und was nicht geht», sagt Canepa über seinen Schützling.

Kampagne gegen Gewalt an Frauen – alles nur Show?

Das Feedback auf den Franzosen innerhalb des Teams sei sowieso sehr positiv. «Es tönt ein wenig komisch, aber die Spieler sind begeistert», sagt Canepa. Weniger begeistert ist dafür eine im Gespräch zitierte FCZ-Anhängerin. Ihre Frage an den Verein lautet:

«Noch vor wenigen Monaten wart ihr Teil der ‹16 Tage gegen Gewalt an Frauen›-Kampagne. War das nur Show? Es kommt mir sehr, sehr fest so vor und tut mir weh!»

Canepa kontert: «Nein, das ist keine Show. Ich bin mir bewusst, dass es sehr viele Frauen gibt, die schon mit sexuellen Übergriffen konfrontiert wurden, bei denen es nicht zur Anklage kam. Dass sie sensibel reagieren, kann ich zu 100 Prozent nachvollziehen.» Ebenfalls ist sich der FCZ-Präsident der Dunkelziffer von Fällen, die nie angeklagt werden, bewusst.

Wie sich die Zürcher nun konkret in dieser Thematik gesellschaftlich engagieren wollen, lässt Canepa offen, er sagt aber: «Wir werden etwas in diese Richtung machen.» Innerhalb des Vereins werde schon viel gemacht – sei es hinsichtlich des Verhaltenskodexes oder indem der Präsident einige Fälle zitieren kann, in denen Spieler nicht verpflichtet wurden, weil sie diesbezüglich Probleme hatten. «Wir haben Funktionäre fristlos entlassen, das ist noch nicht lange her, weil sie sich im sexistischen Bereich nicht korrekt verhalten haben. Da sind wir knallhart.»

«Symbol der frauenverachtenden Fussballkultur»

Zweimal ist Mendy nun im Dress des FCZ aufgelaufen. Das erste Mal in Yverdon. Ein männlicher Fan berichtet in einer Mail von seinen Beobachtungen aus diesem Spiel, Moderatorin Frei liest vor:

«Ich selber war zutiefst überrascht, wie heftig die spontanen Reaktionen vieler waren, als Mendy gegen Yverdon eingewechselt wurde. Die Pfiffe waren das eine. Laut und hörbar. Weit weniger fassbar waren aber wohl jene Gruppen junger Frauen, die sich in dem Moment gegenseitig in den Arm nahmen, um sich Mut zuzusprechen. Weniger fassbar waren die Frauen, die mit den Tränen kämpften.

Weniger fassbar jene, die das Stadion verliessen. Nicht, um ein Zeichen zu setzen, schlicht, weil man es nicht aushielt. Weniger fassbar waren jene, die nach dem Spiel Panikattacken hatten. Weniger fassbar jene, die sich jetzt fragen, ob sie noch zum FCZ können, weil etwa das Auflaufen einer Person, die derart ein Symbol der frauenverachtenden Fussballkultur geworden ist, für sie retraumatisierend ist.»

Es folgt die Frage an Canepa, ob je zur Diskussion gestanden habe, den Vertrag mit Mendy aufzulösen. Die Antwort: Die Canepas hätten die Thematik noch einmal sehr, sehr intensiv mit ihrem Spieler besprochen und seien nach dem Gespräch «überzeugt» von ihm gewesen. Auf die Äusserungen des Fans geht Canepa nicht ein.

Canepa hinterfragt die Kommunikation

Lieber geht er auf die eigene Lernfähigkeit ein: «Was ich sicher gelernt habe in letzter Zeit, ist, dass Kommunikation extrem wichtig ist. Man muss da sehr, sehr sensibel sein. Obwohl wir eigentlich immer der Ansicht waren, dass wir eine sehr offene, sehr professionelle Kommunikation gepflegt haben. Aber auch wir können lernen.»

Die Heftigkeit der Reaktionen haben Ancillo Canepa und sein Team «so nicht erwartet». Auch gegenüber dieser Redaktion äusserten sich viele Fans kritisch. Ob sie sich mit ihren Anliegen vom FCZ ernst genommen fühlen und die Antworten des Präsidenten ihnen genügen? Dieses rund viertelstündige Gespräch wird die Wogen kaum geglättet haben.