Provokation gegen die Nato Belarus und China erproben ihr Militär – direkt an der Grenze zu Polen
Das Regime in Minsk ist eng mit Russland verbunden und stärkt nun mit einer Militärübung die Beziehung zu Peking – während die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja nach Washington zur Nato reist.
Für Wladimir Putin dürfte es eine gespenstische Vorstellung sein, Swetlana Tichanowskaja dagegen träumt schon mal konkret: Die belarussische Oppositionsführerin probt die Annäherung von Belarus an die Nato. Bei der manipulierten Präsidentenwahl vor vier Jahren hat Tichanowskaja vermutlich mehr Stimmen erhalten als der herrschende Diktator Alexander Lukaschenko, jetzt reiste sie im Namen ihrer Unterstützer nach Washington zum Nato-Gipfel, um dort die Kontakte zwischen dem Westbündnis und den belarussischen Demokraten zu stärken.
Gute Beziehungen zur Nato seien «wichtig für Belarus, für unsere nationalen Interessen und zur Unterstützung der regionalen Sicherheit», sagte Tichanowskaja, die im Exil in Litauen lebt, vor ihrer Abreise Anfang Woche in die US-Hauptstadt. Es gehe bei ihren Gesprächen mit der Nato vor allem auch um «die hybriden Attacken des Lukaschenko-Regimes gegen unsere Nachbarn: Polen, Litauen, Lettland», sagte sie. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte die Belarussin nach Washington eingeladen.
Das Manöver findet direkt an der Grenze zu Polen statt
Das Problem für die Nato und für Swetlana Tichanowskaja ist allerdings, dass die belarussischen Demokraten aus ihrer Heimat flüchten mussten und der in Minsk herrschende Lukaschenko völlig andere Ansichten über die Sicherheit von Belarus hat. Er glaubt, er müsse sein Land vor der Nato und vor der Ukraine schützen. Während am Dienstag der Jubiläumsgipfel der Nato beginnen sollte, kam ein belarussisches Militärmanöver mit China bereits in Fahrt – direkt an der Grenze zum Nato-Mitglied Polen.
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Das belarussische Verteidigungsministerium postete auf seinem Telegram-Kanal Fotos, auf denen chinesische Luftlandesoldaten an weissen Fallschirmen zupfen und mit Sturmgewehren auf dem Übungsplatz «Brestskij» marschieren. Nächtliche Landemanöver, Wasserhindernisse überwinden, all das werde geübt als Teil eines chinesisch-belarussischen Antiterrortrainings. «Die Ereignisse in der Welt sind kompliziert, die Lage ist schwierig», wird der Generalmajor Wadim Denisenko zitiert.
In einem anderen Post des Ministeriums heisst es, dass die Nato an der belarussischen Grenze wachse, was zu «erhöhten Spannungen in der Region» führe. So sieht es die belarussische Regierung, die gleich zu Beginn des russischen Feldzugs in der Ukraine ihr Gebiet Russland für seine tödlichen Angriffswellen zur Verfügung gestellt hat.
Die EU hat ihre Sanktionen gegen Belarus verschärft
Mit dem Militärmanöver, das bis zum 19. Juli geplant ist, will Belarus sein Verhältnis zu China weiter stärken. Beide Staaten sehen einander bereits als strategische Partner. Erst in der vergangenen Woche wurde Belarus neues Mitglied der Shanghaier Sicherheitsorganisation SCO, der neben China und Russland auch einige zentralasiatische Staaten sowie der Iran, Pakistan und Indien angehören.
Belarus ist auf autoritär geführte Partnerländer wie China mehr denn je angewiesen. Früher hatte das Lukaschenko-Regime immer wieder Phasen, in denen es sich an die Europäische Union annäherte und Brüssel dann seine Sanktionen lockerte. Damit ist es vorbei.
Zum einen, weil Minsk seit 2020 mit brutalen Repressionen gegen die kritische Zivilbevölkerung vorging. Zum anderen, weil es seit zwei Jahren Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Die EU ist für Belarus längst kein Partner mehr, Brüssel verschärft vielmehr nach und nach seine Sanktionen. Am 1. Juli traten neue EU-Strafen gegen Belarus in Kraft, die jetzt unter anderem den Handel mit Gold, Diamanten, Rohöl und Technologien zur Verflüssigung von Naturgas verbieten. Die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja spricht sich seit langem sogar für deutlich schärfere Sanktionen gegen ihr Heimatland aus.
Es wird also wirtschaftlich enger für Belarus, das ohnehin inzwischen militärisch, politisch und finanziell fest an Russland gekettet ist. Lukaschenko hat Putins Version vom angeblich bedrohlichen Westen gefällig übernommen. Der belarussische Diktator, der seit 30 Jahren in Minsk herrscht, hatte sich jahrelang eher auf die Seite der Ukraine gestellt, um als Vermittler diplomatisches Gewicht zu behalten. Jetzt wirft er Kiew immer wieder vor, es wolle Belarus provozieren und womöglich sogar angreifen.
Belarus hat seine Truppen an der südlichen Grenze zur Ukraine verstärkt und sogar von Putin die Erlaubnis erhalten, taktische Atomwaffen zu stationieren. Fraglich ist allerdings, wie viel sicherheitspolitische Freiheit der Kreml Belarus überhaupt lässt. Insofern könnte sich das Land mithilfe Chinas vielleicht etwas mehr Luft verschaffen wollen.
Aber China hat auch ein grosses Interesse an Belarus. Der Handelsumfang hält sich zwar in Grenzen, doch das osteuropäische Land ist für Peking als strategisches Transitland interessant, auf der grossen Warenroute nach Westeuropa.
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