Bezirksgericht BülachEin Tag kein Wasser für die Tiere - Busse für den Halter
Das Veterinäramt wirft einem Landwirt vor, seine Schafe nicht mit genügend Wasser versorgt zu haben. Zudem soll er nicht erkannt haben, wie krank ein Lamm war. Der Mann wehrt sich gegen den Strafbefehl und bekommt teilweise recht.
Er wisse nicht mehr, ob sein Hobby überhaupt noch Sinn und Freude mache, sagte der Landwirt der Richterin. Seit 18 Jahren hält der Mann aus dem Bezirk Bülach Schafe. 100 Tiere gehören ihm, weitere vertraut man ihm zum Hüten an. Bereits einige Male ist der heute 46-Jährige wegen der Schafhaltung mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Einmal gab es eine Busse, weil sich ein Rehbock in seinem Weidezaun verfangen hatte, ein anderes Mal musste er wegen mehrfach mangelhafter Tierhaltung zahlen. Ausserdem liegt dem Gericht ein Rapport der Zürcher Kantonspolizei wegen mangelhafter Haltung vor.
Im Visier der Tierschützer
Als Tierhalter sieht sich der Mann im Fokus der Öffentlichkeit. «Immer wieder rufen Passanten die Polizei an und beschweren sich, weil die Tiere angeblich kein Wasser haben oder weil ein Lamm nicht aufstehen kann.» Die Polizei müsse dann halt ausrücken, nicht selten auch vergeblich. «Polizisten haben schon selber Wasser aufgefüllt, obwohl noch genug da war, nur damit sie nicht wieder vorbeikommen müssen», erzählte der Mann. Mitte Dezember 2018 war es jedoch das Veterinäramt des Kantons Zürich, das gegen Abend zu einer unangemeldeten Kontrolle auf der Weide in einer Flughafengemeinde erschien. Was die Mitarbeitenden dort antrafen, führte zu einer Anzeige und zu einem Strafbefehl. Gegen diesen erhob der Mann Einsprache. So musste er am Donnerstagmorgen am Bezirksgericht Bülach erklären, weshalb das Amt seine 200 Tiere bei der Kontrolle ohne Wasserzugang vorfand. Ausserdem fiel dem Veterinäramt ein Lamm in bemitleidenswertem Zustand auf. Das junge Tier stand mit gekrümmten Rücken an Ort und Stelle, war kaum mehr gehfähig, zitterte, hatte starken Nasen- und Augenausfluss sowie eine hohe Herzfrequenz. Nach Ansicht des Veterinäramts hätte dies dem erfahrenen Schafhalter nicht entgehen dürfen.
«Ich hätte es tragen müssen»
«Das Tier ist mir bis zur Kontrolle nie aufgefallen», beschied der Mann der Richterin. Sonst hätte er es sofort zu seinem Besitzer gebracht. «Ich habe ja kein Interesse, die Tiere zu plagen.» Er kontrolliere seine Herde täglich, sei oft über Stunden auf der Weide neben den Tieren beschäftigt. Es sei aber schlicht unmöglich, jedes Schaf einzeln zu begutachten. «Wäre das Tier bereits am Vortag derart krank gewesen, hätte es wohl nicht quer durchs Dorf auf die neue Weide laufen können. Ich hätte es tragen müssen.» Und ja, als das Veterinäramt kontrolliert habe, sei das Lamm tatsächlich in einem schlechten Zustand gewesen. Er habe es deshalb sofort dem Besitzer gebracht. Dieser habe eine Listeriose vermutet und das Tier erschossen. «Ich kann nicht verstehen, weshalb man nie untersucht hat, was dem Lamm genau fehlte.»
24 Stunden ohne Wasser
Der Umzug auf die neue Weide sei auch der Grund, weshalb die Tiere ohne Wasser gewesen seien. «Ich wollte nicht mit dem Auto samt Wassertank über den feuchten Boden fahren.» Wie lange die Tiere ohne Wasser gewesen seien, wollte die Richterin wissen. «Daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wohl aber seit dem Vorabend.» Klar hätte er ihnen 20 Liter bringen können. «Aber das wäre nur eine Alibi-Übung gewesen, damit die Leute zufrieden sind.» Ob er nicht auch mehr hätte bringen können, wollte die Richterin wissen. «Ja, eigentlich schon.»
Er pflege seine Tiere nach bestem Wissen und Gewissen, und spätestens am Abend hätten sie Wasser gehabt. Aber da stand bereits das Veterinäramt auf der Weide, was ihm letztlich den Strafbefehl des Statthalteramts eintrug, unter anderem wegen Verstössen gegen das Tierschutzgesetz, gegen die Tierschutzverordnung und gegen die Verordnung über die Haltung von Nutz- und Haustieren. Das Statthalteramt bestrafte den Unterländer mit einer Busse von 600 Franken und Gebühren von 430 Franken.
Für eine Verurteilung fehlt der Befund
«Ich weiss nicht, wie ich das bezahlen soll», erklärte der Mann der Richterin. Mit einer 50-Prozent-Stelle als Landwirt und der nebenamtlichen Hauswartung verdient er rund 3500 Franken netto. «Ich kann schon die 1700 Franken Alimente für meine zwei jüngeren Kinder nicht aufbringen.» Mit der Schafhaltung verdiene er nichts. Sie sei ein Hobby. «Vielleicht muss ich ja nun ins Gefängnis, weil ich die Busse nicht bezahlen kann.»
Das Gericht reduzierte die Busse auf 400 Franken. Es sprach den Mann zwar schuldig, weil er es versäumt hatte, seinen Tieren zweimal täglich den Zugang zu Wasser zu gewährleisten. Bezüglich des kranken Lamms kam es aber zu einem Freispruch. «Man müsste den medizinischen Befund kennen, um beurteilen zu können, ob es dem Tier am Vortag noch gut ging», so die Richterin. Weil man nicht wisse, was dem Schaf fehlte, gelte «im Zweifel für den Angeklagten». Neben den Gebühren von 430 Franken muss der Mann nun zusätzlich die Hälfte der Gerichtskosten, also rund 400 Franken, bezahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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