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Aus «Bequemlichkeit und Überforderung»
Beamter fälschte neun Jahre lang Subventionsdatenbank

Der verurteilte Ex-Beamte arbeitete für das Bundesamt für Verkehr, hier der Hauptsitz in Ittigen.
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Fast zwanzig Jahre lang arbeitete ein heute 66-Jähriger als Spezialist für das Bundesamt für Verkehr. Zwanzig Jahre lang hatte er die gleichen Aufgaben: Er sollte überwachen, ob Auflagen für Subventionen eingehalten werden. Der Beamte machte das Gegenteil. Er manipulierte fast vierzigmal eine Datenbank, sodass private Firmen über eine Million Franken Finanzhilfen ungerechtfertigt behalten konnten.

Neun Jahre lang tat er dies, ohne dass sein Arbeitgeber etwas bemerkte. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2019. Dann schaute das Bundesamt für Verkehr (BAV) – durchgeschüttelt von den Postauto- und BLS-Subventionsaffären – genauer hin. Kürzlich wurde der Mann von der Bundesanwaltschaft per Strafbefehl wegen Urkundenfälschung im Amt und ungetreuer Geschäftsbesorgung verurteilt. Der Entscheid ist rechtskräftig, der ehemalige BAV-Mitarbeiter hat ihn akzeptiert.

Bei seinen Manipulationen ging es um Finanzhilfen an Industriebetriebe. Diese erhalten Subventionen, wenn sie Anschlussgleise bauen, damit Güterwagen vom SBB-Netz direkt auf ihr Firmengelände fahren können. Damit will der Bund umweltverträgliche Transporte fördern. Werden aber innert fünf Jahren weniger als die vereinbarten Gütermengen über die privaten Schienen gefahren, verlangt der Bund einen Teil des Geldes zurück. So weit mindestens der Plan. Der verurteilte BAV-Mitarbeiter korrigierte jahrelang einfach nachträglich die Soll-Menge nach unten, sodass sie der tatsächlichen Gütermenge entsprach, die über die Gleise transportiert worden war. So vermied er, ein Verfahren auf Rückzahlung einleiten zu müssen.

«Bequemlichkeit, Unvermögen und Überforderung»

Manchmal ging es nur um 496 Franken, manchmal um rund 400’000 Franken. So läpperten sich in den neun Jahren 1,1 Millionen Franken zusammen. Einen Teil kann der Bund noch zurückfordern. Hängen bleibt ein Schaden von 799’820 Franken für den Steuerzahler.

Die Umstände des Falls sind ungewöhnlich. Gemäss den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft geht es nicht um Korruption. Der BAV-Beamte habe weder sich selbst bereichern noch die Industriebetriebe begünstigen wollen. In der Einvernahme habe der heutige Rentner «glaubhaft ein Zusammenspiel zwischen Bequemlichkeit, Unvermögen und Überforderung» als Gründe dafür angeführt, weshalb er die aus seiner Sicht komplexen und langwierigen Verfahren nicht einleitete. Am Telefon wollte er gegenüber dieser Zeitung keine Stellung nehmen.

Ex-Beamter muss einen Teil des Schadens zurückzahlen

Fragen gefallen lassen muss sich sein Arbeitgeber. Wie ist es möglich, dass ein einzelner Mitarbeiter jahrelang trickst und 800’000 Franken Schaden verursacht, ohne dass es das Bundesamt merkt? Ein BAV-Sprecher sagt auf Anfrage, die rechtlichen Grundlagen für diese Art Finanzhilfe seien komplex und «die früheren Abläufe aus heutiger Sicht fehleranfällig». Man habe Massnahmen getroffen, unter anderem die «rigorose Durchsetzung der Grundsätze zur Funktionstrennung und des Vieraugenprinzips».

Der Rentner muss gemäss Strafbefehl einen Teil des Schadens zurückzahlen – das BAV will auf Anfrage nicht sagen, wie viel. Strafrechtlich kam der Verurteilte mit einem blauen Auge davon. Die Bundesanwaltschaft rechnete ihm positiv an, dass er sofort ein vollumfängliches Geständnis ablegte und «aufrichtige Reue» zeigte. Zudem könnte der tatsächliche Schaden tiefer sein, da das Bundesamt möglicherweise wegen Härtefallbestimmungen nicht alle Beträge zurückgefordert hätte. Dem Rentner wurden eine Busse von 3600 Franken und die Verfahrenskosten in Höhe von 1500 Franken auferlegt. Eine bedingte Geldstrafe über 180 Tagessätze oder total 21’600 Franken muss er nur bezahlen, wenn er innert zwei Jahren erneut straffällig wird.