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Messerangriff auf Autor
Salman Rushdie kann wieder sprechen

Salman Rushdie wird nach der Attacke mit einem Helikopter ins Spital gebracht.
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Nach der Messerattacke auf Schriftsteller Salman Rushdie im US-Bundesstaat New York bangt die westliche Welt weiter um den schwer verletzten Autor. Nun gibt es aber erste Anzeichen, dass der 75-Jährige sich auf dem Weg der Besserung befindet. Der in einer Klinik in Erie in Pennsylvania untergebrachte Rushdie begann am Samstag nach Angaben seines Agenten Andrew Wylie gegenüber der «New York Times» wieder zu sprechen.

Die Tat geschah nun bei einer Vorlesung Rushdies in der sogenannten Chautauqua Institution, einem Erziehungs- und Kulturzentrum in einem ländlichen Gebiet des Bundesstaates. Die Veranstaltung habe im Rahmen einer Serie unter dem Titel «Mehr als Schutz» («More than Shelter») stattgefunden, bei der über die USA als Zufluchtsort für Schriftsteller im Exil und über die Verfolgung von Künstlern diskutiert werden sollte.

Nach Angaben der Polizei stürmte ein junger Mann die Bühne der von Hunderten Menschen besuchten Veranstaltung gegen 11 Uhr örtlicher Zeit und stach mehrmals auf Rushdie ein. «Mehrere Mitarbeiter der Veranstaltung und Zuschauer stürzten auf den Verdächtigen und brachten ihn zu Boden», sagte ein Sprecher. Ein Polizist habe den 24-Jährigen daraufhin festgenommen.

Salman Rushdie wird nach dem Angriff auf der Bühne hinter der Leinwand betreut. 

Unterdessen wurde Rushdie von einem Arzt aus dem Publikum behandelt, bis Rettungskräfte eintrafen und der Autor schliesslich per Helikopter in eine Klinik gebracht wurde. Rushdie wies schwere Verletzungen in Hals und Bauch auf. Er wurde mehrere Stunden lang notoperiert und an ein Beatmungsgerät angeschlossen.

Rushdie könnte ein Auge verlieren, wie sein Agent erklärte. «Die Nachrichten sind nicht gut», sagte Andrew Wylie der «New York Times». Die Nerven in Rushdies Arm seien durchtrennt, seine Leber durch einen Stich geschädigt worden. Am Samstag begann der Schriftsteller nach Angaben seines Agenten aber wieder zu sprechen.

Gegen den Mann, der den Schriftsteller auf offener Bühne angegriffen hat, wird wegen versuchtem Mord zweiten Grades und Körperverletzung zweiten Grades ermittelt. Das teilte am Samstag die State Police des Bundesstaats New York mit. Der 24 Jahre alte mutmassliche Täter sitzt laut Polizeiangaben in Untersuchungshaft, ohne dass derzeit eine Möglichkeit zur Freilassung gegen Kaution besteht. Zu einem Tatmotiv gab es weiter keine Angaben.

Mord zweiten Grades ist ein eigenständiger Tatbestand im US-Rechtssystem zum Tod eines Menschen. Er kann im Bundesstaat New York mit jahrelangen Haftstrafen belegt werden

Rushdie war vor mehr als 30 Jahren per Fatwa zum Tode verurteilt worden. Wegen seines Werks «Die satanischen Verse» («Satanic Verses») aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini das religiöse Rechtsdokument veröffentlicht, das zur Tötung des Autors aufforderte.

Khomeini warf Rushdie vor, in seinem Roman den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. Der Fatwa folgte damals eine dramatische Flucht Rushdies und zeitweise jahrelanges Verstecken, um dem Todesurteil zu entkommen. Seit mehr als 20 Jahren lebt er nun in New York.

Salman Rushdie in London an einer Signierstunde für sein Buch «Home».

Vor wenigen Tagen noch hatte Rushdie dem Magazin «Stern» gesagt, dass er sich in den USA sicher fühle. «Das ist lange her», sagte Rushdie im Interview Ende Juli auf die Frage, ob er noch immer um sein Leben bange. «Für einige Jahre war es ernst», sagte Rushdie weiter. «Aber seit ich in Amerika lebe, hatte ich keine Probleme mehr.» Der Autor habe dabei aber auch vor dem politischen Klima und möglicher Gewalt in den USA gewarnt: Das Schlimme sei, «dass Morddrohungen alltäglich geworden sind».

Fatwa war laut Verlag nicht mehr von Bedeutung für Rushdie

Auch nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Alias benannten Autobiografie «Joseph Anton» aus dem Jahr 2012.

Geboren wurde Rushdie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King’s College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch «Mitternachtskinder» («Midnight’s Children»), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Er erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire anhand der Lebensgeschichte von Protagonisten, die genau zur Stunde der Unabhängigkeit geboren werden und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind.

Anschlag lässt Interesse an seinen Werken in die Höhe schnellen

Rushdie veröffentlichte mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Sein Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben.

Der Messerangriff auf Rushdie hat das Interesse an seinen Büchern deutlich wachsen lassen. Vor allem bei seinem Roman «Die Satanischen Verse» schnellten die Verkaufszahlen am Samstag nach oben. Drei Ausgaben des Romans standen am Nachmittag an der Spitze der Verkaufsrangliste von Amazon, gefolgt von Rushdies erstem Bestseller, «Mitternachtskinder».

Auch die Buchhandlungen meldeten ein reges Interesse an den Büchern des Autors. Auf Twitter riefen Nutzer dazu auf, als Zeichen der Solidarität Rushdies Bücher zu kaufen.

Nach dem Angriff versammeln sich Menschen in Chautaugua zu einer Mahnwache für Rushdie. (12. August 2022)

SDA/AFP/oli/sep