Reaktionen auf den BlitzsturmAussenpolitiker fordern Schweizer Engagement in Syrien – und hoffen auf Rückkehr der Flüchtlinge
Nach dem Umsturz in Syrien stellt sich die Frage: Kehrt die diplomatische Schweiz nach Syrien zurück? Und was passiert mit den Tausenden Geflüchteten hierzulande?
- In Syrien haben islamistische Rebellen mit einer Offensive die Herrschaft von Bashar al-Assad beendet.
- Die Schweiz hat seit 2012 keine diplomatische Vertretung in Syrien mehr.
- Nun fordern Aussenpolitikerinnen und -politiker, dass die Schweiz zurückkehre und eine aktive Rolle einnehme.
Die Gewaltherrschaft Bashar al-Assads in Syrien ist seit Sonntagmorgen Geschichte. Während dieser Zeit haben Millionen Syrerinnen und Syrer das Land verlassen – unter anderem in die Schweiz.
Syrien ist eines der wichtigsten Herkunftsländer von Asylsuchenden hierzulande. Vergangenes Jahr haben rund 1400 Syrerinnen und Syrer ein Asylgesuch eingereicht. Rund 28’000 syrische Staatsangehörige leben in der Schweiz.
Islamwissenschaftler Reinhard Schulze sagte daher im Interview mit dieser Redaktion, die Schweiz stehe in der «politischen Verantwortung», die neue Regierung aktiv zu unterstützen. Ähnliches fordern nun auch Schweizer Aussenpolitiker.
Schweiz zog sich vor 12 Jahren zurück
SP-Nationalrat Fabian Molina sagt: «Die Schweiz war bezüglich Syrien sehr lange passiv. Jetzt ist der Moment, wo die Schweiz wieder eine aktive Rolle spielen sollte.» Als 2011 unter Assad der Bürgerkrieg ausbrach, zog sich die Eidgenossenschaft aus Syrien zurück und schloss 2012 die Botschaft in Damaskus. Seither ist die Schweizerische Botschaft in der libanesischen Hauptstadt Beirut für Syrien zuständig.
Zwar eröffnete die dem Aussendepartement EDA angegliederte Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) vor wenigen Jahren in Damaskus ein humanitäres Büro. Dieses fungiert jedoch nicht als diplomatische Vertretung. Molina fordert, dass der Bund nun zumindest mit einem Kooperationsbüro nach Syrien zurückkehre. «Nur so können wir einen Beitrag leisten, damit sich die Lage in Syrien stabilisiert und eine Demokratisierung einsetzt.»
Auch in der SVP erhofft man sich nun Stabilität in Syrien. Nationalrat Franz Grüter erwartet vom Bund, mit der neuen Führung in Syrien Kontakt aufzunehmen. Aber primär, «damit die Geflüchteten in der Schweiz nach Hause zurückkehren können». Ein Ziel, das auch die Rebellen verfolgen. Schon am Sonntagmorgen riefen sie Geflüchtete aus Syrien weltweit dazu auf, zurückzukehren. Sie erwarte nun «ein freies Syrien».
Grüter sagt, nachdem sich das Assad-Regime zurückgezogen und seine Truppen beinahe kampflos aufgegeben hätten, kehre nun wohl wieder Ruhe ein. «Die Rückkehrer müssen sich nicht mehr davor fürchten, bedroht zu werden.»
Wohin mit den Millionen Geflüchteten?
Mitte-Aussenpolitikerin Elisabeth Schneider-Schneider findet: «Die Schweiz sollte nun alles daransetzen, dass die Flüchtlinge nach Syrien zurückkönnen.» Sie mahnt jedoch, dass das nicht von heute auf morgen möglich sein werde. «Die grosse Herausforderung wird nun sein: Wo können sich die Millionen Vertriebenen in Syrien nun ansiedeln?» Darum müssten sich die Rebellen in einer neuen Regierung prioritär kümmern.
Damit verbunden hofft Schneider-Schneiter, dass die Rebellen die vielen unterschiedlichen Volksgruppierungen innerhalb Syriens einbinden – und von diesen anerkennt werden. Dass das den islamistischen Rebellen bei allen Gruppierungen gelingen wird, hält Schneider-Schneiter für unplausibel. «Ich gehe davon aus, dass etwa die christlichen Minderheiten systematisch verdrängt werden.»
Fabian Molina weist zudem auf die vielen von Assad unterdrückten syrischen Kurdinnen und Kurden hin, von denen auch viele in die Schweiz geflüchtet sind. In Nord- und Ostsyrien lebten sie weitgehend autonom. Die Übernahme durch die islamistischen Rebellen verheisst für diese Region, Rojava genannt, nichts Gutes. «Für die kurdischen Geflüchteten wird eine Rückkehr stark davon abhängen, ob sich die Situation auch für sie stabilisiert.»
Beim Bund warnen die involvierten Ämter derweil vor voreiligen Forderungen. Zuerst müsse sich zeigen, welche Mächte sich in Syrien durchsetzen. Das könnte Wochen bis Monate dauern, sagte das Staatssekretariat für Migration SEM gegenüber Medien. Ob die Schweiz aktiv auf die Rebellen zugeht, bleibt abzuwarten. Vorerst gibt sich das EDA auf Anfrage passiv: «Die Schweiz ist bereit, ihre Guten Dienste zur Verfügung zu stellen, sofern die betreffenden Parteien darum ersuchen.»
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