AusblickVolkswagen will mehr Autos fürs Volk
In Wolfsburg will man die Zeichen der Zeit erkannt haben – und Fehler der letzten Jahre bei den jetzt anstehenden neuen Modellen und Modellüberarbeitungen ausbügeln.

Im Volkswagen-Konzern und speziell bei der Volumenmarke VW rüstet man sich, um verlorenes Terrain auf verschiedenen Märkten wieder zurückzuerobern. Besonders wichtig sind dabei China, wo der Konzern immer noch vier von zehn Fahrzeugen verkauft, und natürlich Westeuropa mit dem Heimatmarkt Deutschland an der Spitze.
Den Marken kommen dabei wie eh und je unterschiedliche Aufgaben zu, wobei es aber vor allem bei den spanischen Ablegern zu Verschiebungen kommt. Cupra, als mediterran-sportliche Marke sehr erfolgreich, wird Seat bald ersetzen: VW-CEO Thomas Schäfer hat das nun in einem Interview mit der britischen Zeitung «Autocar» bestätigt. Die Marke Seat dürfte ab 2030 nur noch als Anbieter von Micro-Mobilität und Mobilitätsdienstleister dienen.
Besonders spannend wird es in den nächsten Jahren im Bereich der Elektromobilität. Der Konzern wird ab 2025 endlich günstige E-Fahrzeuge auf den Markt bringen, zunächst den mit Frontmotor und Frontantrieb versehenen ID.2 für unter 25’000 Euro, später wahrscheinlich auch einen ID.1, dessen Zielmarke bei 20’000 Euro liegt (Schweizer Preise noch nicht bekannt). Beide Bruttopreise sind für einen Konzern mit bekannt hohen Kosten nicht einfach zu erreichen. Ein ID.2 würde im Vergleich zum derzeit günstigsten ID.3 immerhin einen Sprung nach unten in Höhe von etwa 13’000 Franken bedeuten.
Es wird zudem eine leicht «SUV-sierte» Variante geben, die ID.2 X heissen wird. Von diesem Modell soll es auch einen Skoda geben, Cupra wiederum wird eine Version des normalen ID.2 unter dem Namen Raval bringen. Marktstart für den kleinen ID.1, den Nachfolger des E-Up, könnte dann 2026 sein.
Anderes Innenraumkonzept
Bis dahin hat VW noch anderes zu tun: 2025 kommen der überarbeitete ID.4 und im Anschluss die Coupé-Version ID.5 auf den Markt. Dabei gehen die Wolfsburger deutlich über ein normales Facelift hinaus. Beim Exterieur bleibt kein Blechteil unangetastet, und auch das Interieur wird komplett neu sein, erhält zum Beispiel ein quer durch das Cockpit reichendes Display.
Diese Überarbeitungen sind ein Hinweis darauf, dass Volkswagen mit einigen Fehlern der jüngeren Vergangenheit aufräumen will. «Gerade beim Design mit der Abkehr von der horizontalen Ausrichtung und bei der teilweise umständlichen Bedienung hatten wir den Markenkern verlassen», so der VW-Sprecher. «Dies wird nun korrigiert.»

Korrigiert werden könnten im Laufe der nächsten Jahre auch die Modellbezeichnungen. Wenn die Verbrenner Anfang der 30er-Jahre endgültig abtreten, wären etablierte Namen wie Golf, Tiguan oder Polo auch für die E-Autos theoretisch wieder verfügbar. E-Golf statt ID.3: Im Konzern finden das manche wohl nicht undenkbar. Das auf der IAA gezeigte ID.GTI Concept zeigte ja schon, dass VW nicht davor zurückschreckt, ein bislang für die sportliche Verbrennerwelt reserviertes Kürzel in das E-Zeitalter zu übertragen. Das müsste erst recht für über Jahrzehnte eingeführte und erfolgreiche Modellnamen gelten.
Trinity kommt 18 Monate später
Verschoben hat man bei Volkswagen dagegen das Trinity-Projekt, das zunächst für 2026/2027 angekündigt war und eine komplett neue E-Plattform einführen soll. Verzögerungen mit der Software-Architektur haben im Konzern zu einem Umdenken geführt. Zunächst wird nun der modulare Elektro-Baukasten (MEB) auf den neuesten Stand gebracht. Erst danach, etwa 18 Monate später als zunächst geplant, also 2027/2028, ziehen die neuen Modelle auf Trinity um. Erstes Fahrzeug von VW wird ein Crossover der Mittelklasse sein, das vielleicht den Namen ID.6 erhält.

Es wäre Vorreiter einer neuen Generation von E-Autos aus dem Konzern mit 800-Volt-Technik, Leistungen von bis zu 1000 PS (etwa für Porsche) sowie bereit für autonomes Fahren auf Level 4. Die Plattform soll dann künftig von allen Marken und Modellen des Konzerns genutzt werden. Die auf der Trinity-Plattform verwendeten flacheren Akkus erlauben zum Beispiel auch flachere Fahrzeuge, was VW etwa die Produktion eines E-Golf GTI mit entsprechend sportlichen Proportionen erlauben würde. Ein solches Fahrzeug mit einer Länge von etwa 4,25 Metern würde auch endlich das Versprechen einlösen, dass ein E-Fahrzeug auf kompakter Länge den Platz eines Passats bietet.
Die letzten Verbrenner
Apropos Passat: Auch in der VW-Verbrenner-Welt tut sich in den nächsten Jahren noch einiges. Der neue Passat, nur noch als Kombi erhältlich, auf fast 5 Meter gewachsen und gemeinsam mit dem Skoda Superb Combi in Bratislava gebaut, wird bis etwa 2033 produziert werden. Auch vom SUV-Bestseller Tiguan gibt es noch mal eine neue, die dritte Generation, die ebenfalls auf dem neuen modularen Querbaukasten MQB evo aufbaut. Vom Golf gibt es nächstes Jahr ein umfangreiches Facelift, der Kompaktwagen erhält einen grösseren Bildschirm, weichere Kunststoffe sowie alle Antriebe aus dem Tiguan/Passat. Das häufig kritisierte Bedienkonzept wird modernisiert.
Letztes komplett neues Verbrenner-Modell wird 2025 der T-Roc sein. Danach kommt es bei den Fahrzeugen aus der Alten Welt nur noch zu Überarbeitungen und Modernisierungen. Einen neuen MQB wird es nicht mehr geben. Für einige Modelle kommt allerdings auch schon früher das Aus, nicht zuletzt, weil sich die anstehende Abgasnorm-Änderung auf Euro 7 nicht lohnt. So wäre dann Ende 2026 Schluss für den grossen Touareg, und auch der Arteon fällt dann aus der Modellpalette.

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