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Umstrittenes Südstaaten-Denkmal
Aus General Lee wird ein Pflug

Der stolze Südstaaten-General muss weg: Am 10. Juli 2021 wurde die Statue von Robert E. Lee von ihrem Platz in Charlottesville entfernt. Die Bronze wird zu einem neuen Kunstprojekt verarbeitet.
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Eines der bekanntesten Denkmäler der amerikanischen Südstaaten verschwindet: die Statue von Robert E. Lee mitten in Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia. Was mit einem harmlosen Schulprojekt begann, liess die Stadt zum erschreckenden Beispiel dafür werden, wie stark rechtsextreme Bewegungen in den USA sind. Als Klassenarbeit hatte die Schülerin Zyahna Bryant 2016 eine Petition gestartet, mit der sie die Entfernung der Bronzeskulptur des Südstaaten-Generals verlangte. Die Petition erhielt schnell viel Unterstützung.

Lee ist eines der Symbole der rassistischen Vergangenheit der Südstaaten: Er führte die Konföderierten Truppen, die im amerikanischen Sezessionskrieg für den Erhalt der Sklaverei kämpften.

Auslöser des tödlichen Neonazi-Umzugs

Abbilder von Lee sind im Süden zwar noch mehrere zu finden. Jenes an zentraler Lage in Charlottesville besass jedoch besondere Bedeutung: Es wurde zum nationalen Symbol im Kulturkampf zwischen konservativen Südstaatlern und dem Rest der USA, nachdem sich die Stadt für seine Entfernung ausgesprochen hatte.

2017 strömten Tausende Neonazis nach Charlottesville , um unter dem Slogan «Unite the Right» dagegen zu demonstrieren. Der Fackelzug versank in Gewalt, eine junge Frau kam ums Leben, als ein Rechtsextremer sein Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten lenkte. Vor wenigen Tagen wurden die Organisatoren des Marsches deswegen zu Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe verurteilt.

Die Demontage Lees konnten die Rassisten verzögern, aber nicht verhindern. Im Juli wurde die mehr als eine halbe Tonne schwere Skulptur in einer bildstarken Aktion abgebaut und eingelagert. Gleich erging es einem weiteren Bronzebildnis, das Thomas Jonathan «Stonewall» Jackson, den zweitbekanntesten General der Südstaaten, zeigte.

«Was einst unseren öffentlichen Raum vergiftet hat, verwandeln wir in etwas Schönes.»

Andrea Douglas, Jefferson School African American Heritage Center

Nun hat der Stadtrat von Charlottesville entschieden, die Lee-Statue einem örtlichen Museum zu schenken, dem Jefferson School African American Heritage Center. Rund ein Dutzend Bewerber hatten sich für das Monument interessiert, bis zu 50’000 Dollar wollten sie zahlen. Die meisten planten, die Statue in ihre Sammlung von Südstaaten-Denkmälern aufzunehmen.

Das Museum, das nun den Zuschlag erhalten hat, wird die Statue hingegen einschmelzen, unter dem biblischen Motto «Schwerter zu Pflugscharen» – aus zerstörerischen Waffen wird ein Werkzeug, das nährt, das Fruchtbarkeit und Leben fördert. «Was einst unseren öffentlichen Raum vergiftet hat, verwandeln wir in etwas Schönes, das unsere Werte besser spiegelt», sagt Museumsdirektorin Andrea Douglas in einem Video, mit dem das Museum nun Geld sucht.

Klar ist bisher nur, dass eine Giesserei Lee einschmelzen und als Bronzebarren in eine Ecke stapeln wird. Was genau später daraus werden soll, wollen das Museum und eine Reihe von Partnerorganisationen mit der Bevölkerung erst erarbeiten. «Unsere Gemeinschaft wird weissem Rassismus mit Kreativität begegnen und die Hässlichkeit der Vergangenheit mit Schönheit heilen», heisst es in dem Video. 1,1 Millionen Dollar soll das Projekt kosten, rund die Hälfte davon ist gesichert, für den Rest läuft ein Spendenaufruf im Internet.

Zum 100. Jahrestag der Errichtung der Statue soll eine Jury 2024 einen Künstler oder eine Künstlerin damit beauftragen, ein neues Werk anzufertigen. Eingeweiht werden soll es 2027, am 10. Jahrestag des Sommers des Hasses von 2017. Der Zeitplan ist ambitioniert, zumal alles unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet: Die Initianten wollen nicht riskieren, dass der Streit um die Statue noch einmal zu Gewalt führt.

100 Monumente abgebaut im vergangenen Jahr

Die Lee-Statuen werden von einigen Südstaatlern als ihr kulturelles Erbe verteidigt. Das Monument von Charlottesville wurde wie so viele aber erst Jahre nach dem Sezessionskrieg erstellt, nämlich 1924. Das Geschenk von Paul Goodloe McIntire, einem weissen Aktienhändler, ist ein typisches Beispiel dafür, wie Weisse in jenen Jahren des Ku Klux Klan und rassistischer Gesetze den öffentlichen Raum monopolisierten.

Einst ein stolzes Südstaaten-Monument im Zentrum von Virginias Hauptstadt Richmond, dann Schauplatz von Demonstrationen – und jetzt wird nach der riesigen Reiterstatue von General Robert E. Lee auch noch der Steinsockel demontiert.

Wie mit den Denkmälern umzugehen sei, diskutieren die USA hitzig. Der Trend ist klar: 2020 wurden nahezu 100 konföderierte Monumente in den USA abgebaut. Erst im September musste die grösste Lee-Statue im Süden, in Virginias Hauptstadt Richmond, von ihrem Sockel runter. Sie war zum Brennpunkt der Demonstrationen nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd geworden. Nun steht das 12-Tonnen-Stück in einem Lager, Zukunft unbestimmt.

Die Initianten des Projekts in Charlottesville hoffen, dass sie mit ihrer Kunstaktion weitere Ortschaften inspirieren, ihre Südstaaten-Monumente ebenfalls zu entfernen und umzuwidmen.

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