Wladimir Putin und die US-WahlenWarum Donald Trump nicht mehr Russlands Mann ist
Erneut soll sich Moskau an der Seite Donald Trumps in den US-Wahlkampf eingemischt haben. Dabei ist die Begeisterung für den Mann im Weissen Haus längst verflogen.
Der russische Präsident Wladimir Putin habe Donald Trump gerade zum Gesandten für den Distrikt Nordamerika ernannt, scherzten die Russen nach der Wahl vor vier Jahren. Von einem grossen Deal zwischen den beiden Männern war die Rede, der allein den zwei Grossmächten dienen sollte und dem sich dann Freund und Feind unterordnen müssten. Doch der «Gesandte für den Distrikt Nordamerika» ist die letzten vier Jahre weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben: Die Beziehungen zwischen Russland und den USA sind heute so schlecht wie nie.
In der Bevölkerung ist die Trump-Begeisterung längst verflogen: Nur gerade 16 Prozent der Russen sind noch der Meinung, dass ein neuer US-Präsident Donald Trump zu ihrem Vorteil wäre, 9 Prozent wünschen sich eine Wahl seines Herausforderers Joe Biden. Bezeichnend ist aber, dass 65 Prozent überzeugt sind, dass die Beziehungen mittlerweile so vergiftet sind, dass es überhaupt keine Rolle mehr spielt, wer gewählt wird.
Trump wollte mit Russland ein gutes Auskommen suchen
Auch Präsident Wladimir Putin dürfte ernüchtert sein. Trump hatte vor der Wahl vor vier Jahren verkündet, er wolle sich aus der Rolle des Weltpolizisten zurückziehen, die Soldaten heimholen und sich um die eigenen Angelegenheiten kümmern. Gegenüber Russland predigte er Pragmatismus: keine Einmischung in «innere Angelegenheiten», keine Förderung liberaler Werte oder gar bunter Revolutionen und keine Interventionen im russischen Einflussbereich auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.
Das alles war ganz nach dem Geschmack Putins, den Trumps Vorgänger Barack Obama zum Führer einer zweitklassigen Regionalmacht degradiert hatte. Putin hoffte deshalb, mit dem eher hemdsärmeligen Trump schnell einen guten Draht zu finden und eine Männerfreundschaft aufbauen zu können. Der US-Präsident hatte schliesslich versprochen, mit Russland ein gutes Auskommen suchen.
Geworden ist daraus wenig bis nichts. Beim einzigen Gipfeltreffen zwischen den beiden Männern 2018 in Helsinki kam es zwar zu einem längeren Treffen unter vier Augen, doch offenbar haben sich die zwei weit weniger gut verstanden als gedacht. Zu einem zweiten Gipfeltreffen kam es jedenfalls nicht. Übrig geblieben ist von den grossen Freundschaftsplänen nur das Etikett des «Russenfreundes», das an Trump hängen geblieben ist: Als «Putins Hündchen» hat ihn Joe Biden unlängst bezeichnet.
«Es gibt nichts, wofür Russland Trump danken könnte.»
In der Sache hat Trump eine harte Linie gegen Moskau gefahren. Die USA haben scharfe Sanktionen gegen Russland verhängt und zuletzt den Bau der Pipeline Nordstream 2, die Gas von Russland direkt nach Europa bringen soll, ins Visier genommen. Die Fertigstellung von Putins Prestigeprojekt ist derzeit faktisch blockiert. Dabei geht es keineswegs nur um hehre Ziele, sonder auch um viel Eigennutz: Die USA wollen bei der Energiesicherung nämlich Russland ausstechen und amerikanisches Flüssiggas nach Europa bringen.
«Es gibt nichts, wofür Russland Trump danken könnte», fasst es der russische Politologe Dmitri Trenin zusammen. Die Beziehungen seien heute so schlecht wie in den 80er-Jahren mit der Sowjetunion.
Deshalb steht die russische Elite auch keineswegs geschlossen hinter Trump. Es sind vor allem Militärs und Sicherheitsdienste, die noch immer hoffen, dass Trump einen grossen Deal mit Russland schliessen würde, sobald er freie Hand habe. Oder sie geben sich damit zufrieden, dass der US-Präsident die Weltordnung aus den Angeln hebt und damit Russland mehr Spielraum in der Innen- wie in der Aussenpolitik verschafft.
Doch es gibt auch jene, die in Trump mehr Probleme als Vorteile sehen. Vor allem in diplomatischen Kreisen verfolgt man besorgt, wie Trump die internationale Gemeinschaft und internationale Organisationen hintertreibt. Die Folgen der wachsenden Gesetzlosigkeit könnten auch Russland treffen, fürchtet diese Fraktion. Sie setzen eher auf Biden, der die Risse in der Weltgemeinschaft wieder kitten dürfte.
Putin beklagt «scharfe antirussische Rhetorik»
Wo genau Putin steht, ist unklar. Sicherlich entspricht der impulsive Trump ihm mehr als Biden, der mehrmals unverblümt erklärt hat, der russische Präsident sollte nicht mehr zur Wahl antreten. Biden habe eine «scharfe antirussische Rhetorik», klagt Putin etwa, aber immerhin nehme er Russland ernst. Er lobte Biden auch für seinen erklärten Willen, das Atom-Abrüstungsabkommen START zu retten. Trump will das Abkommen trotz Gesprächen in letzter Minute offenbar auslaufen lassen. Zuvor hatte er bereits den INF-Vertrag über das Verbot von Mittelstreckenraketen in Europa gekündigt, was die Möglichkeit eines neuen, unkontrollierten Wettrüstens eröffnet hat.
Abgesehen von der Abrüstung, dürfte Biden Russland jedoch innen- wie aussenpolitisch noch härter angehen – nur schon um dem amerikanischen Volk zu beweisen, dass er nicht «Putins Hündchen» ist.
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