Eine besondere US-BotschafterinAuch wegen ihres Vaters ist sie in Berlin
Amy Gutmanns jüdischer Vater floh 1934 vor den Nationalsozialisten. Die Vereinigten Staaten nun ausgerechnet in Deutschland zu vertreten, ist für sie kein Job, sondern eine Mission.
Als Joe Biden, der enge Freund, sie 2021 anrief, um zu fragen, ob sie amerikanische Botschafterin in Berlin werden könne, sei das Gespräch «sehr emotional» gewesen, erinnerte sich Amy Gutmann später. Der Präsident habe die Geschichte ihres Vaters natürlich gekannt. Und ihre Antwort habe von vornherein festgestanden: Wenn der Präsident um etwas bitte, lehne man nicht ab.
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Ihr Amt in Deutschland übernahm die heute 73-Jährige, wenige Tage bevor Russland die Ukraine überfiel. Seither hat sie alle Hände voll damit zu tun, die deutsch-amerikanische Allianz zur Unterstützung Kiews zu bestärken. Anders als ihr von Donald Trump berufener Vorgänger Richard Grenell, der es in Rekordzeit hinbekam, die deutschen Eliten vor den Kopf zu stossen, lobt Gutmann Deutschland fast im Überfluss. Besonders angetan ist sie vom Umstand, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Biden, beides eher vorsichtige Politiker, sich stets überaus eng abstimmen.
Nichts hätte ihren Vater stolzer gemacht, pflegt Gutmann zu erzählen, als zu wissen, dass seine Tochter die Vereinigten Staaten von Amerika nun ausgerechnet in Deutschland vertritt: einem Land, dem es nach den ungeheuren Verbrechen der Nationalsozialisten gelungen ist, wieder eine demokratische und vereinte Nation zu werden.
Flucht nach Mumbai, dann nach New York
Kurt Gutmann, ihr Vater, wurde in Feuchtwangen geboren, in der Nähe von Nürnberg, als jüngstes von fünf Kindern der jüdisch-orthodoxen Eltern Abraham und Amalia. Als Adolf Hitler an die Macht kam, entschied sich der 23-Jährige zur Flucht. Da ihm die USA die Einreise verwehrten, ging er erst nach Indien und baute in Mumbai eine Metallfabrik auf. Nach und nach holte er seine gesamte Familie nach und brachte diese in Sicherheit.
Bei einem Aufenthalt in New York verliebte er sich 1948 in die junge Brooklyner Jüdin Beatrice, heiratete sie und siedelte in die USA über. Er starb, als seine Tochter Amy erst 16 war. Nur dank eines Stipendiums konnte die hochbegabte junge Frau an der Eliteuniversität Harvard studieren. Später wurde sie Professorin für politische Theorie in Princeton, schrieb 17 Bücher und wurde zu einer der mächtigsten und erfolgreichsten Universitätsmanagerinnen der Welt.
Sie verwaltete ein Milliardenbudget
Bevor sie als Quereinsteigerin – und als erste Frau – Botschafterin in Berlin wurde, führte Gutmann fast zwei Jahrzehnte lang die University of Pennsylvania, eine der renommiertesten Universitäten der Welt. Sie verwaltete ein Budget von jährlich 11 Milliarden Dollar und sammelte in ihrer Ära Spenden im Umfang von 10 Milliarden. Über Stipendien auch ärmeren jungen Menschen ein Studium zu ermöglichen, war ihr ein besonderes Anliegen.
Die fränkische Heimatstadt ihre Vaters, Feuchtwangen, lud die Botschafterin bald zu einem Besuch ein. Der Besuch sei eines der berührendsten Ereignisse ihres ganzen Lebens gewesen, sagte Gutmann kürzlich dem Berliner «Tagesspiegel». Sie habe unglaublich viel Neues erfahren. Der Bürgermeister habe ihr nicht nur das Geburtshaus ihres Vaters gezeigt, sondern auch Stapel von Dokumenten über die Geschichte ihrer jüdischen Familie. Als Gutmann die Zeugnisse ihres damals 11-jährigen Vaters überreicht bekam, sei sie erst mal erschrocken: Sie habe nicht gewusst, dass in Deutschland die 1 und die 2 die besten Noten seien.
«Wir dürfen die Demokratie niemals, niemals für selbstverständlich halten.»
Aus dem Krieg in der Ukraine zieht Gutmann eine Lehre, die ihr Vater ihr bereits beigebracht hatte und die sie heute als eine Art Erbe betrachtet: «Wir dürfen die Demokratie niemals, niemals für selbstverständlich halten», erklärte sie der «Zeit». «Wir müssen sie verteidigen, wir müssen für sie kämpfen, wir müssen dafür sorgen, dass sie überlebt, nicht nur für uns, sondern für unsere Kinder und Enkel und künftige Generationen.»
In einem ihrer jüngsten Tweets als Botschafterin zeigt sich Gutmann mit ihrem Mann, einem angesehenen Politikwissenschaftler, im Kreis ihrer Tochter und Enkelkinder.
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