Das Schweizer HürdenphänomenAuch das neue Versprechen trägt den Namen Kambundji
Sie ist die dritte Schweizer Hürdensprinterin mit Weltklasse-Ambitionen innert Kürze: Folgt Ditaji Kambundji (19) ihrer älteren Schwester?
Als die Zeiten des 60-Meter-Hürden-Rennens aufleuchten, entfährt Noemi Zbären ein Schrei der Erleichterung und Freude: 7,99 Sekunden. Zbären und Ditaji Kambundji haben sich am Sonntag eines der faszinierendsten Duelle der nationalen Hallen-Meisterschaften in Magglingen geliefert. Die Emmentalerin Zbären scheint jetzt und mit 27 Jahren stärker denn je zurück zu sein – unter acht Sekunden ist sie Indoor noch nie gesprintet. Und hat dabei nicht einmal gewonnen: Kambundji steigert sich auf 7,97 Sekunden, nur zwei Hundertstel fehlen der 19-Jährigen noch zum Schweizer Rekord von Julie Baumann (1992).
Es ist ein Duell der Gegensätze: die spritzige Kambundji gegen die ihre Schnelligkeit langsam aufbauende Zbären. Bei 60 Metern dann liegen sie jeweils gleichauf. Wie die Rennen über 100 Meter ausgehen … Und so hat die Schweizer Leichtathletik, bleiben beide gesund, plötzlich ein zweites Sprintduo neben Ajla Del Ponte und Mujinga Kambundji, das sich auf internationaler Ebene pushen kann.
Ditaji Kambundji – zwischen Schule und Training
Noch hat Ditaji Kambundji aber das Sportgymnasium nicht abgeschlossen, im Sommer erst wird sie den zweiten Teil der Matur ablegen. Das zwinge ihn, mit den Trainings zu jonglieren, sagt Trainer Adi Rothenbühler. Ansprüche haben beide hohe, doch die Vorstellungen sind nicht ganz die gleichen. «Während ich Schritt für Schritt vorwärtsgehen will, möchte sie all in gehen, sich möglichst in jedem Bereich gleichzeitig verbessern.» Doch der Coach weiss genau: Bei einem Talent, wie sie es ist, «muss man aufpassen, dass man im Training nichts kaputtmacht».
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Die 19-Jährige, die an den internationalen Meetings meist mit ihrer zehn Jahre älteren Schwester unterwegs ist wie jüngst in Birmingham, ist im letzten Halbjahr zwischen den Hürden schneller geworden – nicht aber darüber. An dieser Phase müssten sie in diesem Jahr arbeiten, sagt Rothenbühler. «Bei der Überquerung verliert sie noch zu viel Zeit im Vergleich zu den Besten.» Doch bezüglich Entwicklung gibt er sich entspannt: «Sie hat noch viel Zeit.» So stark Ditaji Kambundji heute bereits läuft – sie ist vor allem ein Versprechen für die Zukunft.
Und dann ist da noch ein fast unheimlicher Zufall. Denn Kambundji setzt eine bemerkenswerte Serie fort: Rund alle fünf Jahre bringt die Schweizer Leichtathletik – genauer: die Berner Leichtathletik – eine Hürdensprinterin hervor, die sich in kürzester Zeit Richtung Weltklasse orientiert und entwickelt. Für ein so kleines Land wie die Schweiz ist das ein Phänomen.
Als sich die Emmentalerin Lisa Urech 2009 als 20-Jährige für die WM qualifiziert, ist sie das Gesicht der Schweizer Leichtathletik. Ausser Viktor Röthlin gibt es zu dieser Zeit niemanden, der sich auf dem Niveau Urechs bewegt. Und schon bald absolviert die zierliche Hürdensprinterin einen Teil ihres Trainings in Stuttgart beim Spezialisten Sven Rees – auch weil sie ebenbürtige Konkurrentinnen sucht. Als ihr 2011 in La Chaux-de-Fonds in 12,62 Sekunden über 100 Meter der Schweizer Rekord gelingt, ist das ein Coup: Sie ist die Nummer 4 der Welt.
Langnauerin löst Langnauerin ab
Urech ist eine Filigrantechnikerin, aber äusserst verletzungsanfällig. Immer wieder plagen sie die Hüften, sie verpasst Olympia 2012, muss sich mehrmals operieren lassen, kehrt jedoch 2014 zur Heim-EM noch einmal zurück – ein letztes Mal. Und tritt da schon nicht mehr als Schweizer Meisterin an. Denn mit Noemi Zbären, die mit 20 schon 12,92 läuft, hat sich bereits die nächste talentierte Hürdensprinterin aufgedrängt – ebenfalls aus Langnau im Emmental.
Zbären ist äusserlich die Antithese von Urech, gross und robust, und sie besitzt mit ihrer Ruhe und mentalen Stärke weitere Vorteile. 2015 wird ihr bisher erfolgreichstes Jahr, in herausragenden 12,71 nähert sie sich in Tallinn (EST) bis auf neun Hundertstel dem nationalen Rekord Urechs und wird U-23-Europameisterin. Ein paar Wochen später liefert sie als Jüngste der Schweizer Delegation an der WM in Peking mit Platz 6 die beste Leistung.
Doch ihre nächsten Jahre verdeutlichen, wie hoch die Belastung im Hürdensprint ist. Auch Zbären kämpft immer wieder mit grösseren und kleineren Blessuren, verliert zwischendurch die Motivation und damit den Fokus. Und 2020 auch den Meistertitel an das nächste grosse Versprechen: die erst 18-jährige Kambundji. Am Sonntag aber, da glaubte man im Freudenschrei auch ein wenig Kampfansage gehört zu haben. Profitieren davon würden beide.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.