Durchbruch mit neuem InstrumentAstronomen gelingt detaillierter Blick auf Geburtsort erdähnlicher Planeten
Wissenschaftler erforschen noch immer, wie sich Planeten aus den Scheiben aus Staub und Gas bilden. Mit einer neuen Infrarotkamera konnten nun erstmals Daten vom Inneren dieser Scheiben aufgenommen werden.
Astronomen ist mit einem neuen Beobachtungsinstrument ein detallierter Blick auf einen Geburtsort erdähnlicher Planeten gelungen. Die Forscher entdeckten Hinweise auf einen Wirbel am inneren Rand einer planetenbildenden Scheibe um einen jungen Stern, wie das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg am Donnerstag mitteilte. In solchen Wirbeln könnten kleine Teilchen zusammenströmen und wachsen, um die Bausteine für spätere Planeten zu produzieren.
Für ihre Beobachtungen im Zuge einer internationalen Kooperation setzten MPIA-Wissenschaftler das neue Instrument «Matisse» ein, zu dessen Bau das MPIA wesentlich beigetragen hatte. Dabei handelt es sich um eine Infrarotkamera für das Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile.
«Matisse» (Multi AperTure mid-Infrared SpectroScopic Experiment) kombiniert das von bis zu vier einzelnen VLTI-Teleskopen gesammelte Licht und nimmt spektroskopische und bildgebende Beobachtungen vor. Damit simuliert die Anlage die Abbildungsleistung eines Teleskops mit einem Durchmesser von bis zu 200 Metern – wodurch die detailliertesten Bilder erzeugt werden können, die es je im mittleren Infrarotbereich gab.
Grenzen, die bisherige Instrumente
Astronomen spürten bislang mehr als 4000 Planeten auf, die um ferne Sterne kreisen. Allerdings erforschen Wissenschaftler immer noch, wie sich diese Planeten aus den Scheiben aus Staub und Gas bilden, die ihre Muttersterne umgeben. Zwar nahmen leistungsfähige Instrumente in den vergangenen Jahren Nahaufnahmen solcher Planetenscheiben auf. Bei der Untersuchung der inneren Regionen dieser Scheiben stossen sie jedoch an ihre Grenzen.
In diesen inneren Regionen entstehen die erdähnlichen Planeten aus Gesteinsbrocken, die mit der Zeit aus winzigen Staubkörnern wachsen. Mit «Matisse» gelang es nun, diese Grenzen zu überwinden: Die aktuellen Beobachtungen liefern Hinweise auf einen Wirbel, der in einen Ring aus heissem Staub am inneren Rand der sogenannten protoplanetaren Scheibe des jungen Sterns HD 163296 eingebettet ist.
Der mögliche Wirbel zeigte sich nach MPIA-Angaben als heisser Fleck, der eine Asymmetrie am inneren Rand der Scheibe erzeugt. Unter Einbeziehung veröffentlichter Daten schlossen die Wissenschaftler, dass er den Stern etwa innerhalb eines Monats umkreist. Seine Bahn befindet sich in einem Abstand zum Zentralstern, der mit der Umlaufbahn des sonnennächsten Planeten Merkur um unser Zentralgestirn vergleichbar ist.
«Die höhere Staubdichte bewirkt ein schnelleres Wachstum der Staubkörner als irgendwo sonst in der Scheibe», erläuterte Roy van Boekel, der die Protoplanetary Disk Science Group leitet und das «Matisse»-Projekt am MPIA managt. «Das könnte diese Wirbel zu effizienten Fabriken für die Herstellung der Bausteine zukünftiger Planeten machen.»
Einige der neu gebildeten Felsbrocken kollidieren unter hohen Geschwindigkeiten, wodurch das Material zu winzigen Körnern zermahlen wird. Diese können höhere Temperaturen erreichen als grössere Steinchen – was der wahrscheinliche Ursprung des in den Daten gefundenen heissen Flecks ist. Über dieses Ergebnis ihrer Forschungen berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift «Astronomy & Astrophysics».
«Wir haben ‹Matisse› bewusst dafür entworfen, die inneren Zonen von planetenbildenden Scheiben zu erforschen, die bisher mit den verfügbaren astronomischen Instrumenten nicht zugänglich waren», erklärte Thomas Henning, Direktor am MPIA und einer der leitenden Wissenschaftler des «Matisse»-Programms. Er sei «stolz und begeistert, dass die Entdeckung eines potenziellen Wirbels in der Scheibe von HD 163296 zeigt, dass wir die Prozesse untersuchen können, die erdähnliche Planeten in geringen Abständen vom Mutterstern erzeugen».
AFP
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