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Asylsuchende statt Soldaten
Platzmangel für Rekruten: Die Armee braucht die Asylcontainer dringend

Rekruten rücken im Januar 2022 in die Kaserne Thun zur Winter-Rekrutenschule ein. Das Areal käme als Standort für Wohncontainer infrage.
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Der Bau von Wohncontainern für Asylsuchende steht auf der Kippe. In der ersten Beratungsrunde hat sich der Ständerat dagegen ausgesprochen, der Nationalrat dafür. Am Dienstag ist nun wieder der Ständerat am Zug. Zur Debatte steht ein Kredit von 133 Millionen Franken. Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider will damit temporäre Unterkünfte für Flüchtlinge errichten, auf Arealen der Armee.

Die Container sind aus Sicht des Bundes auch deshalb nötig, weil die Armee einen Teil der zur Verfügung gestellten Kasernen wieder für eigene Zwecke benötigt. Die Armee befürchtet nun, dass sie ohne Container im Herbst ihre Kasernen wieder zur Verfügung stellen muss. In der Nationalratsdebatte sagte GLP-Nationalrat Roland Fischer: «Wenn Sie den Antrag des Bundesrates ablehnen, dann besteht das Risiko, dass der Asylprozess und unter Umständen auch Ausbildungslehrgänge der Armee nicht mehr ordnungsgemäss durchgeführt werden können.» Das sei offensichtlich, sagt Fischer auf Nachfrage. «Die Kasernen sind die einzigen Unterkünfte, die der Bund zur Verfügung hat.»

Das Verteidigungsdepartement (VBS) hat seine Sichtweise in einem Papier zuhanden der Finanzkommission des Ständerats dargelegt. Laut mehreren Quellen warnt es darin vor gravierenden Konsequenzen: Müsse die Armee im Herbst gleich viele Plätze wie heute zur Verfügung stellen, müssten Rekrutenschulen ausgesetzt werden. Das VBS wollte sich am Sonntag nicht dazu äussern. 

Zivilschutzanlagen sind keine Alternativen

Die Konferenzen der kantonalen Sozial- sowie der Justiz- und Polizeidirektoren (SODK und KKJPD) versuchen derweil, im letzten Moment noch Ständeratsmitglieder umzustimmen. «Es kann doch niemand wollen, dass die Schweiz im Herbst in den Krisenmodus gerät», sagt Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der SODK. Das würde bedeuten, dass hektisch Unterkünfte eröffnet werden müssten, damit niemand am Bahnhof schlafen müsse. Darunter litten vor allem die vulnerablen Flüchtlinge, zum Beispiel Minderjährige. Die Container-Pläne beinhalteten auch ein Betreuungskonzept. Bei hektisch eröffneten Unterkünften dagegen wäre eine gute Betreuung schwierig zu organisieren.

Die Glarner SVP-Regierungsrätin und SODK-Vizepräsidentin Marianne Lienhard befürchtet vor allem, dass der Bund in einer Krisensituation den Kantonen wieder vorzeitig Asylsuchende zuweisen würde. «Das stellt die Kantone vor grosse Probleme», sagt Lienhard. In einem Brief zuhanden des Parlaments schreiben die SODK und die KKJPD, damit werde das Asylgesetz mit den beschleunigten Verfahren unterminiert. Die Zivilschutzanlagen sind aus Sicht der Kantone keine Alternative zu den Containern, weil die Kantone sie bei Höchstzahlen selbst benötigen. Und die Kasernen benötige die Armee, sagt Lienhard. 

Die Direktorinnen und Direktoren der kantonalen Konferenzen ersuchen das Parlament deshalb «dringend», dem Kredit zuzustimmen. Eine finanzielle Beteiligung hatten sie abgelehnt, weil der Bund laut Gesetz für die ersten 140 Tage der Unterbringung zuständig ist – und weil sie in den vergangenen Monaten ebenfalls Zusatzplätze geschaffen haben. 

Überrumpelte Ratsmitglieder

Ob die Warnungen und Appelle den einen oder anderen Kantonsvertreter im Parlament umzustimmen vermögen, wird sich am Dienstag zeigen. In der ersten Runde war die Ablehnung mit 29 zu 13 Stimmen deutlich. Einige Ratsmitglieder stimmten aber vor allem deshalb Nein, weil sie sich überrumpelt fühlten. Der Bundesrat hatte den Kredit erst kurz vorher beantragt, für Abklärungen fehlte die Zeit.

Ständerätin Adèle Thorens (Grüne) könnte sich vorstellen, dass die skeptischen Ständeräte inzwischen mit ihren Kantonsregierungen Kontakt hatten – und dass ein Teil von ihnen in den nächsten Beratungsrunden zustimmen wird. «Am Ende ist es unsere Aufgabe als Ständeratsmitglieder, die Interessen unserer Kantone zu vertreten.»

Es gibt allerdings auch Ständeräte, die Nein stimmen, weil in ihrem Kanton ein Containerstandort geplant ist. Oder weil die Information der Gemeindebehörden nicht optimal verlief. Gegenwärtig fasst der Bund den Bau von Wohncontainern auf Armee-Arealen in Thun BE, Bière VD, Turtmann VS und Bure JU ins Auge. Von elf Standorten, die das Staatssekretariat für Migration (SEM) evaluierte, kommen diese infrage. Weitere mögliche Standorte klärt der Bund noch ab – sofern das Parlament in den nächsten zwei Wochen die Pläne nicht stoppt.