iPhone selbst reparierenApple verkauft künftig auch Einzelteile und Werkzeug
Technisch versierte Nutzerinnen und Nutzer können künftig Apple-Geräte selbst reparieren. Der Techkonzern stellt Material und Anleitungen bereit. Ein geschickter Schachzug.
Apple gerät immer wieder in die Kritik, wenn es um die Reparatur von Smartphones und anderen Geräten geht. Erst neulich wieder musste der Konzern eine Entscheidung zurücknehmen, bei iPhones die Gesichtserkennung zu deaktivieren, wenn in einem nicht autorisierten Shop der Bildschirm ausgewechselt wird (hier nachzulesen).
Tatsächlich gerät das Unternehmen bei der Debatte um das Recht auf Reparierbarkeit von Geräten immer wieder zwischen Stuhl und Bank und spielt auch nicht immer eine rühmliche Rolle. Doch: Die Debatte ist komplex und nicht ganz so schwarz und weiss, wie man auf den ersten Blick meint.
Komfort versus Reparierbarkeit
Auf der einen Seite stehen die Befürworter von leicht zu reparierenden Geräten: Technikfans und immer häufiger auch Regulierungsbehörden. Auf der anderen finden sich Sicherheitsprofis, die nicht wollen, dass man leicht sicherheitsrelevante Bauteile austauschen kann, und Bequemlichkeitsfans, die dünne, leichte und elegante Geräte wünschen und sich nicht mit Bauteilen und Reparaturen herumschlagen wollen.
In dieser seit Jahren schwelenden Debatte lanciert Apple nun ein neues Programm: Künftig wird Apple nicht mehr nur fertige Geräte verkaufen, sondern auch Einzelteile und Werkzeuge. Das Programm heisst «Self-Service-Reparatur» und startet Anfang 2022 in den USA. Im Verlauf des Jahres sollen weitere Länder folgen.
Als erste Geräte kommen das iPhone 12 und das iPhone 13 (in allen Sub-Varianten) in das Programm. So soll es möglich werden, Bildschirm, Akku und Kamera selbst zu reparieren. Vorausgesetzt, man traut sich das auch wirklich zu. Apple macht keinen Hehl daraus, dass sich das Programm nur an versierte Technikfans richtet.
Alle anderen sind gut beraten, weiter in die Apple-Shops oder zu autorisierten Händlern zu gehen. Traut man sich so eine Operation aber zu, bekommt man künftig von Apple alle Anleitungen, Bauteile und Werkzeuge. Schickt man das defekte Bauteil zum Recycling an Apple zurück, wird einem sogar ein Teil des Kaufpreises erstattet. Ja, gratis sind die Ersatzteile nicht. Was sie kosten, wird sich zeigen, wenn das Reparaturprogramm nächstes Jahr startet.
Über 200 Einzelteile und Werkzeuge soll der neue Reparaturshop in einem ersten Schritt anbieten. Als nächstes Produkt nach den neusten iPhones sollen auch Mac-Computer in das Programm aufgenommen werden.
Es ist bemerkenswert, wie es Apple mit diesem Programm gelingt, eine eigene Schwäche in eine Einnahmequelle umzumünzen.
Spannend wird dann auch, zu sehen, wie es Apple regelt, dass sich übermütige Kundinnen und Kunden nicht übereifrig Teile bestellen und ihr nicht billiges Gerät bei der Reparatur beschädigen. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass es, bevor man die Teile bestellen kann, den einen oder anderen Haftungsausschluss und Warnhinweis wegzuklicken gilt, falls das Studium der Anleitung nicht schon abschreckend genug war.
Insgesamt ist es einmal mehr bemerkenswert, wie es Apple mit diesem Programm gelingt, eine eigene Schwäche in eine Einnahmequelle umzumünzen. Allein das Vorhandensein eines solchen Reparaturprogramms dürfte zahlreichen Kritikern merklich Wind aus den Segeln nehmen und gleichzeitig die Konkurrenz unter Zugzwang setzen.
Gespannt sein darf man auch, wie es mit dem Programm weitergeht. Nicht selten sind solche Ankündigungen bei Apple nur ein Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Jahren folgt. Richtig spannend und erfreulich wäre es, wenn es Apple künftig noch einfacher machen würde, die eigenen Geräte zu reparieren, am Leben zu erhalten oder gar zu erweitern – freilich ohne dabei Abstriche bei Komfort und Sicherheit in Kauf zu nehmen. Enttäuschend wäre es, wenn sich das Programm nur als Feigenblatt in der Debatte um Reparierbarkeit herausstellt.
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