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Polemik um Ex-Premier de Villepin
War das schon offener Antisemitismus?

Former Prime Minister Dominique de Villepin poses during a photo session in Paris on May 31, 2018. (Photo by JOEL SAGET / AFP)
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Es gibt in Frankreich nur wenige Stimmen, die so einprägsam sind, so vertraut auch, wie die tiefe, immer betont salbungsvoll intonierte Stimme des ehemaligen Premierministers Dominique de Villepin. Man erkennt sie auf Anhieb, am Radio etwa: Eine Sekunde reicht. Sie ist sein Markenzeichen, sie hat etwas Staatstragendes.

De Villepin ist jetzt 70 Jahre alt, mit der Alltagspolitik hat er schon lange geschlossen. Er führt eine Kunstgalerie in Paris und berät Firmen und ausländische Regierungen. Oft reist er dafür auch nach Katar, wo er ein gern gesehener Gast ist. Und das ist nun, da seine Stimme wieder überall zu hören ist, ein heikler Punkt.

De Villepin hat bereits kurz nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober die Gesamtlage etwas anders gedeutet als die grosse Mehrheit der französischen Politik. Gaza, sagte er schon Stunden nach dem Terror, sei «ein Gefängnis unter freiem Himmel». Natürlich rechtfertigte er den Angriff nicht. Doch ein bisschen historischen und politischen Kontext wollte er schon viel früher als andere antönen, als der Schrecken über die Tat noch ganz frisch war.

De Villepin beklagt «Gewalt des Einheitsdenkens»

Nun ist er einen Schritt weitergegangen, und in Frankreich fragt man sich, ob es vielleicht sein könne, dass Dominique de Villepin sich nur ungeschickt ausgedrückt habe. Oder ob er womöglich bewusst ein antisemitisches Klischee bedient hat. In der Sendung «Quotidien» auf dem kleinen Fernsehsender TMC ging es darum, dass in den USA zwei Stars, Susan Sarandon und Bella Hadid, für ihre Meinung zum Krieg in Nahost scharf kritisiert worden waren.

De Villepin beklagte darauf die «Gewalt des Einheitsdenkens» und sagte: «Man sieht hier, wie stark die Finanzmächte über die Medien, die Kunst und die Musik herrschen.» Selbst diese Stars könnten nicht mehr sagen, was sie denken, weil sie sonst sofort ihre Verträge verlieren würden. «Leider sehen wir das auch in Frankreich.»

Plötzlich steht er wieder im Zentrum der Öffentlichkeit – kontroverser denn je.

Ein Fauxpas? Der Chef der Republikaner, Éric Ciotti, gab sich «schockiert». «Man erkennt hier alte Verschwörungsgeschichten, sie erinnern uns an dunkle Zeiten», sagte Ciotti. Auch der Präsident des jüdischen Dachverbands Crif, Yonathan Arfi, fand, de Villepin habe mit seiner Aussage «unbewusst oder bewusst» die Komplottthese befeuert, wonach internationale jüdische Finanzmächte regierten, als bewegten sie die Medien wie Marionetten.

Es handle sich um einen «Salon-Antisemitismus» und um «leidenschaftlichen Anti-Amerikanismus», schrieb Arfi auf X, dem früheren Twitter. Da und dort hiess es auch, es sei kein Wunder, dass de Villepin so rede, er stehe ja auf der Lohnliste Katars.

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Lob bekam der konservative Politiker nur von ganz links aussen, von der Partei La France Insoumise. Deren Chef, Jean-Luc Mélenchon, weigert sich seit Beginn des Kriegs, Hamas eine Terrororganisation und deren Angriff auf Israel «terroristisch» zu nennen.

De Villepin wehrt sich gegen den Vorwurf des Antisemitismus. Auf dem Nachrichtensender LCI, der ihn zu den Reaktionen befragte, sagte er: «Alle Wege führen nach Rom, doch nicht alle Wege der Kritik führen zum Antisemitismus. Man kann den messianischen Zionismus eines Teils der israelischen Regierung kritisieren, ohne ein Antisemit zu sein. Man kann sich auch für Gerechtigkeit für das palästinensische Volk einsetzen, ohne ein Antisemit zu sein.»

De Villepins berühmtes Nein zum Irakkrieg

De Villepin steht plötzlich wieder mitten in der Öffentlichkeit, kontroverser denn je. In den sozialen Medien werden seine Aussagen rege geteilt und kommentiert.

Bis vor kurzem war es noch so gewesen, dass er überall, wo er auftrat, aus der Vergangenheit erzählen sollte – und immer von jenem ganz besonderen Moment in seiner Karriere, am 14. Februar 2003 in New York, wo er, damals als Aussenminister, der Welt und dem UNO-Sicherheitsrat das Nein Frankreichs zum Krieg im Irak erklärte. Mit tiefer, salbungsvoller Stimme. Die Franzosen waren sehr stolz.