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Ex-Chef des Hauseigentümerverbands
Ansgar Gmür ist jetzt der Lobbyist Gottes

Begnadeter Redner: Ansgar Gmür bei seiner 1.-August-Ansprache 2015 in Amden SG, wo er aufgewachsen ist.
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Die Kirchen sitzen auf einem milliardenschweren Immobilienschatz von rund 7000 denkmalgeschützten Kirchen und Kapellen sowie fast 70’000 Profan­bauten wie Pfarrhäusern oder Wohnblöcken. Aber sie bewirtschaften ihn nicht professionell und verschwenden damit Millionen. 

Das ist die Schlussfolgerung aus einer Masterarbeit mit dem Titel «Kirchliche Immobilien: Ein Beitrag zur Mobilisierung der Kirche» an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. Es ist nicht irgendwer, der den Kirchen Missmanagement vorwirft: Ansgar Gmür war von 2000 bis 2018 Direktor des Hauseigentümerverbands Schweiz (HEV).

Gmür, der dieses Jahr 69 wird, hat nach seiner Pensionierung Theologie studiert und arbeitet heute als reformierter Aushilfspfarrer. In seiner Masterarbeit verbindet er seine zwei Missionen: den Schutz des Grundeigentums und den Glauben an Gott.

Bauchredner mit Botschaft

Wie viele Spätberufene ist er besonders motiviert unterwegs. Und er hat, was manchem Pfarrer abgeht: Überzeugungskraft, rednerisches Talent, Witz. Wie schon seine Auftritte als HEV-Direktor haben seine Predigten einen hohen Unterhaltungswert.

Seine letzte Kolumne für das «HEV-Magazin» beendete er mit Pfarrerwitzen. Mit dem Spruch «Lieber ein Haus im Grünen als einen linken Grünen im Haus» punktete er bei einem Auftritt bei Besuchern der Freien Evangelischen Gemeinde Wilchingen. Er ist mehr Conferencier als Prediger. Statt von der Kanzel zu predigen, wolle er lieber mit einem Mikrofon «durch die Gänge tigern», um nahe bei den Leuten zu sein statt abgehoben, erzählte er der NZZ.

Er wolle nicht der beste, aber der lustigste Pfarrer sein. 

So wie früher, als er für die Sache der Hauseigentümer unterwegs war, als Bauchredner auftrat und Blondinenwitze erzählte. Der berühmte konservative TV-Prediger Billy Graham – das «Maschinengewehr Gottes» genannt – ist eines seiner Vorbilder. «Nicht der beste, aber der lustigste» Pfarrer wolle er sein, erzählte er dem «Migros-Magazin».

Ansgar Gmür ist auf einem Bergbauernhof in Amden SG aufgewachsen. Er lernte Chemielaborant, machte auf dem zweiten Bildungsweg die Matura und studierte Wirtschaft und Recht. Aus der katholischen Kirche war er als junger Erwachsener ausgetreten, er kehrte aber in den 80er-Jahren zum Glauben zurück.

Er verhalf dem Hauseigentümerverband zu Einfluss

Den HEV baute er zu einer der schlagkräftigsten Lobbyorganisationen des Landes aus. Die Mitgliederzahl stieg in seiner Amtszeit um ein Drittel auf heute 340’000. 2003 bekämpfte der HEV erfolgreich die Volksinitiative «Ja zu fairen Mieten».

Doch die Erfolgsbilanz ist durchzogen. 2012 scheiterte der HEV in Volksabstimmungen gleich mit zwei eigenen Initiativen. Die mehrfachen Versuche zur Abschaffung des verhassten Eigenmietwerts blieben erfolglos, auch weil der HEV auf Extrempositionen beharrte, die nicht mehrheitsfähig waren.

Gmür griff nicht nur den Mieterverband, sondern auch bürgerliche Parteien und Politiker an, wenn diese nicht auf Linie waren. Und er schreckte nicht davor zurück, Druck auf Medien auszuüben, wenn ihm die Berichterstattung nicht gefiel. 2012 entzog der HEV der NZZ den Druckauftrag für die Verbandszeitung, nachdem sie kritisch über eine seiner Initiativen berichtet hatte.

Gerne legte er sich mit den Banken an. Dass er 2002 mit der HEV-Hypothek das Bankenmonopol sprengen konnte, darauf ist er stolz. Als leidenschaftlicher Spieler spielt er gerne «Monopoly», allerdings nach eigenen Regeln: Bankschulden sind erlaubt, und gespielt wird, bis die Bank in Konkurs geht.

In seiner Masterarbeit hält er sich nicht so sehr an die strengen wissenschaftlichen Gepflogenheiten, sondern bringt seine persönliche Meinung deutlich zum Ausdruck. Die Kirchen sollten sich nicht nur besser um die Umnutzung ihrer Immobilien kümmern, schreibt er, sondern auch darum, «wie man die Kirchen mit Gläubigen wieder füllen kann».

Nun stellt sich der Lobbyist Ansgar Gmür selbst in den Dienst dieser Sache.